mister-ede.de » Gesetze https://www.mister-ede.de Information, Diskussion, Meinung Fri, 01 Dec 2023 14:44:02 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.4.2 Schorschi, der Horrorfilm und warum man die Freiheitsrechte von jüngeren Menschen nicht einschränken darf – eine Glosse https://www.mister-ede.de/4-fun/glosse-schorschi-horrorfilm/8979 https://www.mister-ede.de/4-fun/glosse-schorschi-horrorfilm/8979#comments Thu, 09 Apr 2020 15:08:41 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8979 Weiterlesen ]]> Es begab sich eines Morgens, als Georg – von seinen Freunden liebevoll Schorschi genannt – an seinem Küchentisch durch seine Zeitung blätterte. Viel Neues war dieser Tage in der Welt wohl nicht passiert. Und eigentlich wollte Schorschi seine Morgenlektüre auch schon wieder weglegen, als er plötzlich zusammenzuckte und seinen Augen nicht mehr zu trauen glaubte. „Kein Einlass unter 18-Jahren!“, stand da in großen Lettern auf Seite 12 der heutigen Ausgabe der WILD-Zeitung. Was sollte das sein? Wie konnte es soweit kommen? Die Kinder dürfen nicht mehr ins Kino? Und das nur, weil der neueste Horrorstreifen „Der greise Kai“ abends über die Leinwand flimmern wird? Dafür sollen also jetzt die Freiheitsrechte von jüngeren Menschen eingeschränkt und der Zutritt zum Kino untersagt werden? So etwas gab es ja noch nie, eine Ungeheuerlichkeit! Schorschi war aufgebracht. Es brodelte in ihm. Klar, er verstand natürlich, dass junge Menschen durch einen solchen Film gefährdet würden. „Aber wer brauchte denn bitte so etwas Nutzloses wie einen Horrorfilm?“, fluchte Schorschi vor sich hin. Und sogleich kam ihm da auch eine Idee. Er war ja Mitglied in einer dieser großen Partei mit einem Kinderanteil von 80%. Und so ging er zu seiner CSDPU und forderte: „Freiheit, Freiheit für die Kinder!“ Und alle stimmten ein: „Man darf die Freiheitsrechte von jüngeren Menschen nicht einschränken. Verbieten wir Horrorfilme, dann gibt es keinen Grund mehr, Kinder nicht ins Kino zu lassen!“

Bis tief in die Nacht hinein feierten die Mitglieder der CSDPU ihren Schorschi als Helden und Freiheitskämpfer und gleich am nächsten Tag änderten sie die notwendigen Gesetze und Vorschriften. Und wenn sie sich sonst nirgendwo zu Tode erschrocken haben, dann sitzen sie noch immer in irgendeinem Kinosaal und lachen darüber, dass im ganzen Lande keine Horrorfilme gezeigt werden dürfen.


Text als PDF: Schorschi, der Horrorfilm und warum man die Freiheitsrechte von jüngeren Menschen nicht einschränken darf – eine Glosse

Hintergrund: DPA-Artikel via Süddeutsche vom 6.4. zur Diskussion über unterschiedliche Corona-Regelungen für verschiedene Bevölkerungsgruppen (Link zum Artikel auf www.sueddeutsche.de)


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Das Wählerunser (Gebet für Parteien zum Wahltag) (www.mister-ede.de – 14.06.2016)

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https://www.mister-ede.de/4-fun/glosse-schorschi-horrorfilm/8979/feed 0
Bundestagswahlrecht: Vom Verfassungsgericht bis zum Riesen-Parlament https://www.mister-ede.de/politik/bundestagswahlrecht-bverfg/8714 https://www.mister-ede.de/politik/bundestagswahlrecht-bverfg/8714#comments Fri, 10 Aug 2018 19:48:23 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8714 Weiterlesen ]]> Es ist schon eine peinliche Situation: Alle Parteien wissen, dass die Wahlrechtsreform von 2013, durch die es zu einer massiven Aufblähung des Bundestages kommen kann, ein echter Griff ins Klo war. Und trotzdem ist eine Lösung des Problems bis heute nicht in Sicht. Aber dafür gibt es Gründe:

Noch immer beharren viele Parlamentarier auf einer zum Teil mutwilligen Fehlinterpretation des Bundesverfassungsgerichts. Dieses hatte am 25.7.2012 zwar geurteilt, dass das bis dahin geltende Bundestagswahlrecht verfassungswidrig sei [1]. Doch liest man sich das Urteil des Zweiten Senats durch, wird einem schnell klar, dass den Verfassungsrichtern die vorhandenen Zielkonflikte (Wahlrechts-Trilemma) sehr bewusst waren. Sie sehen und benennen diese und lassen dem Gesetzgeber deshalb auch einen angemessenen Spielraum, um bei der Gestaltung des Wahlrechts zwischen den verschiedenen Zielen abwägen zu können.
Die Richter geben den Klägern zwar insoweit Recht, als die Gleichheit der Wahl ein hohes Gut ist und deshalb eine korrekte Abbildung des Zweitstimmenergebnisses notwendig sei. Allerdings schränken sie diesen Grundsatz mit Hinblick auf die Zielkonflikte auch ein: Zum einen darf es, wenn es sich nicht vermeiden lässt, bis zu einem gewissen Maße Abweichungen von der korrekten Abbildung des Zweitstimmenergebnisses geben. Wenn damit andere wichtige Ziele verfolgt werden und die Maßnahmen wirksam sind, können solche Einschränkungen also zulässig sein. Zum anderen muss das Wahlgesetz die Einhaltung dieses Grundsatzes auch nur für solche Wahlergebnisse sicherstellen, die objektiv auch eine gewisse Eintrittswahrscheinlichkeit haben. Wenn es also bei einem Ausnahme-Wahlergebnis zu einer nicht ganz korrekten Abbildung des Zweitstimmenergebnisses käme, kann das durchaus vertretbar sein.

Damit haben die Verfassungsrichter ein sehr bedachtes Urteil gefällt. Und letztlich wäre es auch verwunderlich gewesen, wenn das Bundesverfassungsgericht auf der einen Seite eine 5%-Hürde tolerieren würde, durch die 2013 deutlich über 10% der Zweitstimmen gar keinen Einfluss auf die Sitzverteilung im Bundestag hatten, aber dann auf der anderen Seite für die restlichen 90% eine haargenaue Abbildung des Zweitstimmenergebnisses ohne irgendwelche Ausnahmen einfordern würde.
Gleichwohl, auf politischer Ebene hat sich bei zahlreichen Parlamentariern eine andere Lesart des Urteils etabliert. Die korrekte Abbildung des Zweitstimmenergebnisses hat für diese Abgeordneten nun höchste Priorität und folgerichtig sind andere Bestandteile des Wahlrechts, z.B. die garantierten Sitze für die Direktkandidaten, oder eben auch das Ziel einer Größenbeschränkung des Bundestages nachrangig. Und tatsächlich hat sich diese Haltung bei der Neugestaltung des Wahlrechts am Ende auch durchgesetzt. Das kurz vor der Bundestagswahl 2013 verabschiedete Wahlgesetz ist jetzt so gestaltet, dass das Zweitstimmenergebnis stets korrekt abgebildet wird, allerdings zum Preis, dass aktuell eben 709 statt 598 Abgeordnete im Parlament sitzen – und bei kommenden Wahlen könnten es auch noch deutlich mehr werden.

Entsprechend gibt es seit der Bundestagswahl 2013 Bestrebungen, das Wahlgesetz einer neuerlichen Reform zu unterziehen. So forderte beispielsweise der damalige Bundestagspräsident Norbert Lammert die Fraktionen bereits in der ersten Sitzung des letzten Bundestages auf, eine Lösung zu erarbeiten [2]. Doch seitdem ist es trotz zahlreicher Anläufe noch immer nicht gelungen, die Parlamentarier zu einem vernünftigen Kompromiss zu bringen. Und daran wird sich vermutlich auch nichts ändern, solange größere Teile des Parlaments weiter auf ihrer Fehlinterpretation des Verfassungsgerichtsurteils beharren und die korrekte Abbildung des Zweitstimmenergebnisses unter keinen Umständen aufgeben wollen. Es bleibt daher abzuwarten, ob der erneute Versuch, dieses Mal von Wolfgang Schäuble initiiert [3], endlich zu einem brauchbaren Ergebnis führt.


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Wie ein neues Bundestagswahlrecht aussehen könnte (www.mister-ede.de – 21.04.2016)


[1] Urteil des Zweiten Senats des BVerfG zum Bundestagswahlrecht vom 25.7.2012 (Link zum Urteil auf www.bundesverfassungsgericht.de)

[2] Bericht des Bundestages zur konstituierenden Sitzung 2013 (Link zum Bericht auf www.bundestag.de)

[3] Artikel des Tagesspiegel vom 25.07.2018 zur geforderten Wahlrechtsreform (Link zum Artikel auf www.tagesspiegel.de)

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Rechenbeispiel zur Eigenkapitalanforderung für Banken nach Basel III https://www.mister-ede.de/wirtschaft/rechenbeispiel-zu-basel-iii/3008 https://www.mister-ede.de/wirtschaft/rechenbeispiel-zu-basel-iii/3008#comments Sat, 30 Aug 2014 17:35:58 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=3008 Weiterlesen ]]> Das Regelwerk Basel III ergänzt oder ersetzt die bisherigen Regelwerke Basel I und II zur Regulierung von Banken. Ein Kernbestandteil der Vorschriften aus Basel III sind Eigenkapitalanforderungen, also die Pflicht für Banken, einen Mindestbetrag an Eigenkapital vorzuhalten.

Die Eigenkapitalanforderung an eine Bank wird nach Basel III grundsätzlich auf zwei unterschiedliche Weisen berechnet. Neben einer risikounabhängigen Verschuldungsquote wird aus den unterschiedlichen Finanzpositionen (Kredite, Schuldverschreibung, sonstige Forderungen,…) eine risikoadjustierte Quote für das Eigenkapital berechnet. Zusätzlich zu den Bilanzpositionen fließen bei der Berechnung beider Quoten auch außerbilanzielle Positionen einer Bank mit ein.
Zurzeit ist nur die risikoadjustierte Quote maßgeblich für die Berechnung der Eigenkapitalanforderung, allerdings nach einer Übergangsphase sollen in ein paar Jahren beide Quoten gleichermaßen gelten. Eine Bank wird damit künftig beide Eigenkapitalanforderungen zu erfüllen haben.

Risikounabhängige Quote [1]:

Alle bilanziellen und außerbilanziellen Finanzpositionen einer Bank werden mit ihrem Wert erfasst. Die berechnete Gesamtsumme aus bilanziellen und außerbilanziellen Positionen muss eine Bank künftig mit 3% Eigenkapital hinterlegen.

Beispiel:

Die Beispiel-Bank hat eine Bilanzsumme von 100 Euro. Hierfür muss die Beispiel-Bank mindestens Eigenmittel von 3 Euro vorhalten. Die Beispiel-Bank hat 7 Euro Eigenkapital und erfüllt diese Quote damit (siehe Abbildung 1).

Risikoabhängige Quote [2]:

Die risikoabhängige Quote berechnet sich hingegen deutlich komplizierter, denn die verschiedenen Risiken, z.B. Ausfall- oder Währungsrisiken, werden einzeln betrachtet und die Berechnung ist mehrstufig. Daneben gibt es bei der risikoabhängigen Quote zwei unterschiedliche Ansätze bei der Bewertung des Risikos. Zum einen gibt es individuelle Ansätze der Banken (IRB-Ansatz), die von der Aufsichtsbehörde für jede Bank einzeln zu genehmigen sind, und zum anderen den Standardansatz, der im Folgenden beschrieben wird.

Berechnung der risikoabhängigen Quote:

In der ersten Stufe wird geprüft, ob eine Bank in einem Bereich über die Maßen hohe Risiken hat. Beträge die gewisse Grenzen überschreiten, werden direkt vom Eigenkapital abgezogen.

Beispiel:

Die Beispiel-Bank hat Eigenmittel von 7 Euro und Fremdmittel von 93 Euro. Sie finanziert davon fünf Kredite zu 22, 21, 20, 19 und 18 Euro (siehe Abbildung 1). Gibt es eine Obergrenze von 20 Euro bei der Kreditvergabe, müsste die Beispiel-Bank bei zwei Krediten einen Abzug machen, nämlich bei Kredit 1 von 22 Euro auf 20 Euro und bei Kredit 2 von 21 Euro auf 20 Euro. Die Differenz, also einmal 2 Euro und einmal 1 Euro, wird vom Eigenkapital abgezogen, so dass die Beispiel-Bank rechnerisch noch 4 Euro Eigenmittel hat. Umgekehrt wird dieser Betrag auch bei den Risikopositionen abgezogen, statt 100 Euro sind rechnerisch bei der Beispiel-Bank jetzt noch Kredite für 97 Euro vorhanden, nämlich Kredite für 20, 20, 20, 19 und 18 Euro (siehe Abbildung 2).

In der zweiten Stufe werden dann die verschieden Risikopositionen anhand des jeweiligen Risikos gewichtet. Zur Ermittlung des Kreditrisikos werden beispielsweise die Forderungswerte einer Bank je nach Art der Forderung bzw. je nach Gläubiger in Forderungsklassen eingeteilt [3]. Die Forderungsklassen und die Risikobewertung der einzelnen Forderung bestimmt dann, welches Risikogewicht dieser Forderung zugeordnet wird. Beispielsweise wird einem Kredit an einen Euro-Staat ein Risikogewicht von 0%, einem Kredit an ein sehr gut bewertetes Unternehmen ein Risikogewicht von 20% oder einem Verbraucherkredit ein Risikogewicht von 75% zugeordnet. Durch anschließende Multiplikation des Forderungswertes mit dem Risikogewicht der jeweiligen Forderung wird dann der risikogewichtete Positionsbetrag berechnet.

Beispiel:

Die Beispiel-Bank muss also zunächst das Risikogewicht für die fünf vorhandenen Kredite ermitteln. Kredit 1 ist ein Verbraucherkredit. Ihm wird ein Risikogewicht von 75% zugeordnet. Durch Multiplikation des Forderungswertes, der nach den Abzügen aus der ersten Stufe noch 20 Euro beträgt, mit dem Risikogewicht von 75% berechnet sich ein risikogewichteter Positionsbetrag von 15 Euro. Kredit 2 ist ein Unternehmenskredit an ein eher schlecht bewertetes Unternehmen. Das Risikogewicht liegt daher bei 100%. Multipliziert man wieder den um die Abzüge aus der ersten Stufe reduzierten Forderungswert von 20 Euro mit dem Risikogewicht, dann ergibt sich ein risikogewichteter Forderungswert von 20 Euro. Kredit 3 ist ein Unternehmenskredit an ein sehr gut bewertetes Unternehmen. Das Risikogewicht hierfür liegt bei 20% und multipliziert mit dem Forderungswert von 20 Euro ergibt sich ein risikogewichteter Positionsbetrag von 4 Euro. Kredit 4 und Kredit 5 sind Kredite an Euro-Staaten und erhalten daher ein Risikogewicht von 0%. Entsprechend ist der risikogewichtete Positionsbetrag von Kredit 4 und 5 genau 0 Euro (siehe Abbildung 3).

In der dritten Stufe werden die unterschiedlichen risikogewichteten Positionswerte aufaddiert. Kommen neben dem Kreditrisiko weitere Risikopositionen z.B. aus Währungsrisiken hinzu, werden diese zusätzlich aufaddiert, genauso wie rechnerische Risiken aus dem Handel mit Derivaten oder Risiken aus außerbilanziellen Positionen. Die auf diese Weise berechnete Gesamtsumme muss dann von einer Bank mit 8% Eigenkapital hinterlegt werden, wovon 6% Kernkapital bzw. 4,5% hartes Kernkapital sein müssen [4].

Beispiel:

Die Beispiel-Bank hat risikogewichtete Positionsbeträge von 15 Euro für Kredit 1, 20 Euro für Kredit 2 und 4 Euro für Kredit 3 zu verbuchen, insgesamt also 39 Euro (siehe Abbildung 3). Hierfür muss die Beispiel-Bank 8% Eigenkapital hinterlegen, also 3,12 Euro. Nach den Abzügen aus der ersten Stufe der Berechnung der risikoabhängigen Quote hat die Beispiel-Bank 4 Euro Eigenkapital und damit ausreichend Eigenmittel um die regulatorischen Anforderungen zu erfüllen (siehe Abbildung 2).


Weitere Artikel zum Thema Basel III auf www.mister-ede.de


PDF zur EU-Verordnung 575/2013 auf eur-lex.europa.eu

[1] Art. 499 EU-Verordnung Nr. 575/2013 (CRR)

[2] Art. 92 III und Art. 122 I EU-Verordnung Nr. 575/2013 (CRR)

[3] Art. 114 ff. EU-Verordnung Nr. 575/2013 (CRR)

[4] Art. 92 I EU-Verordnung Nr. 575/2013 (CRR)

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https://www.mister-ede.de/wirtschaft/rechenbeispiel-zu-basel-iii/3008/feed 1
Fehlanreize durch eine doppelte Risikobewertung bei der Basel-Regulierung https://www.mister-ede.de/wirtschaft/fehlanreize-basel-regulierung/2947 https://www.mister-ede.de/wirtschaft/fehlanreize-basel-regulierung/2947#comments Mon, 11 Aug 2014 17:15:43 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=2947 Weiterlesen ]]> Die Regelwerke Basel I, Basel II und Basel III dienen der Regulierung von Banken. Neben einer risikounabhängigen Eigenkapitalquote von 3%, die Banken künftig für alle Anlagen hinterlegen müssen, wird weiterhin eine risikoabhängige Eigenkapitalquote vorhanden sein. Umso mehr Risiken, z.B. Ausfall- oder Währungsrisiken, die von einer Bank gehaltenen Anlagen enthalten, desto höher ist die geforderte Eigenkapitalquote.

Grundsätzlich ist diese Risikobewertung zu begrüßen, allerdings findet bei der Bewertung von Ausfallrisiken durch die Basel-Regulierung eine doppelte Berücksichtigung struktureller Risiken statt. Hierdurch kommt es zu einer Verzerrung bei der Bewertung des tatsächlichen Risikos von Anlagen und in der Folge zu Fehlanreizen.

Ratings:

Mithilfe von Ratings wird die Bonität einer Institution, z.B. eines Landes oder eines Unternehmens, bewertet. Je besser ein Rating desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass z.B. ein Land seine Kredite zurückzahlt. Nachdem aber das strukturelle Risiko eines Kreditausfalls bei Unternehmen größer ist als bei Staaten, haben auch hochrentable Unternehmen im Vergleich zu Staaten nur eine durchschnittliche Bonitätsbewertung. Zum Beispiel erreichen zurzeit bei der Ratingagentur Moody’s der Autobauer Volkswagen oder der Chemiekonzern Bayer die gleiche Bonitätsnote wie die Länder Mexico oder Peru.

Forderungsklassen:

Die Basel-Vorschriften unterteilen die Anlagen einer Bank aufgrund ihrer Struktur in verschiedene Forderungsklassen [1]. Neben einer Forderungsklasse für Forderungen gegenüber Staaten gibt es zum Beispiel eine Klasse für Forderungen gegenüber Unternehmen oder eine für Forderungen gegenüber anderen Bankinstituten. Entsprechend dem strukturellen Risiko der einzelnen Klassen knüpfen an die Forderungsklassen unterschiedliche Eigenkapitalanforderungen für die Banken an. Nachdem Unternehmen regelmäßig einem höheren Ausfallrisiko unterliegen als Staaten, müssen Banken z.B. für einen in Euro gerechneten Kredit an ein Nicht-Euro-Land weniger Eigenkapital hinterlegen als bei einem Kredit an ein Unternehmen mit gleichem Rating [2].

Doppelbewertung:

Auf der einen Seite wird so das strukturelle Risiko bei den Ratings berücksichtigt, auf der anderen Seite fließt dasselbe strukturelle Risiko auch in die Ausgestaltung der Forderungsklassen mit ein. In der Folge muss daher eine Bank für einen Kredit an Volkswagen mehr Eigenkapital hinterlegen als für einen Kredit an den mexikanischen Staat.

Mittelstand besonders betroffen:

Besonders deutlich wird das Problem der Doppelbewertung, wenn man sich mittelständischen Unternehmen anschaut. Sind Unternehmen nur auf einen Markt ausgerichtet oder gar von einem einzelnen Abnehmer abhängig, erhöht sich ihre Anfälligkeit für Kreditausfälle. Die Insolvenz eines Großkunden oder technische Neuerungen können ein solches Unternehmen wesentlich schneller und überraschender in der Existenz bedrohen, als dies bei einem breit aufgestellten Großkonzern der Fall ist. Dies schlägt sich in den Ratings nieder, weshalb gerade kleinere oder mittlere Unternehmen (KMU) häufig nur ein schlechtes Rating erhalten. Viele kleinere Unternehmen verzichten daher sogar ganz auf eine Bewertung und sparen sich die Gebühren der Rating-Agenturen. Allerdings sowohl ein schlechteres als auch ein nicht vorhandenes Rating führen durch die Basel-Vorschriften dazu, dass Banken noch weiteres Eigenkapital bei einer Kreditvergabe an ein solches Unternehmen hinterlegen müssen. Zwar können unter bestimmten Umständen die Eigenkapitalanforderungen bei Krediten an KMU wieder um knapp ¼  gesenkt werden [3], allerdings auch nach einer Reduktion der Eigenkapitalanforderung verbleibt häufig eine erhebliche Differenz gegenüber anderen Anlagen z.B. im Bankensektor oder bei Staaten.

Großbanken profitieren:

Neben Nicht-Euro-Staaten, die durch die doppelte Risikobewertung besser gestellt sind, profitieren auch Großbanken, die als Bankinstitute einer eigenen Forderungsklasse zugeordnet sind. So müssen auch bei Krediten im Interbanken-Bereich weniger Eigenkapitalmittel hinterlegt werden als bei Krediten an Unternehmen mit gleichem Rating. Allerdings erreichen gerade auch die Großbanken aufgrund ihrer systemrelevanten Struktur, ähnlich wie Staaten, sowieso schon bessere Ratings im Gegensatz zu anderen Unternehmen. So hat z.B. die Deutsche Bank, die zurzeit in einer schwierigen Phase ist, dasselbe Rating wie der Vorzeigekonzern Volkswagen.

Euro-Staaten profitieren massiv:

Am stärksten profitieren durch die Basel-Vorschriften weiterhin die Euro-Staaten. Dies liegt aber nicht an der doppelten Risikobewertung, sondern an einer komplett fehlenden Risikobewertung. Obwohl es in der Eurozone in der Vergangenheit Schuldenschnitte gab und zurzeit ein neuerlicher Schuldenschnitt für Griechenland diskutiert wird, müssen Banken für Kredite an Euro-Staaten kein Eigenkapital hinterlegen. Für ein Bankinstitut wird es durch diese auf null gesenkte Eigenkapitalanforderung allerdings deutlich attraktiver, Kredite an EU-Staaten zu vergeben als zum Beispiel an kleinere oder mittlere Unternehmen.

Auswirkungen:

Durch die doppelte Risikobewertung entstehen Fehlanreize, weil Banken bei einer Kreditvergabe an Institutionen mit gleicher Bonität eine unterschiedliche Eigenkapitalanforderung zu erfüllen haben. Einen Kredit an Volkswagen oder Bayer muss eine Bank mit 4% Eigenkapital absichern, während ein Kredit bei gleichem Rating an die Deutsche Bank oder an Mexico lediglich mit 1,6% Eigenkapital zu hinterlegen ist. Vor allem Kredite an kleinere und mittlere Unternehmen können so für Banken unattraktiv werden, weil aufgrund eines unterdurchschnittlichen oder fehlenden Ratings weiteres Eigenkapital hinterlegt werden muss.

Eine weitere Folge ist die Entwicklung von Finanzprodukten, die genau diese Schwachstelle nutzen, um die Eigenkapitalanforderungen zu senken. Gelingt es zum Beispiel, Kredite an Unternehmen mit mäßigem Rating so zu bündeln und neu zu verpacken, dass sie als gedeckte Schuldverschreibungen mit gutem Rating enden, sozusagen Subprime-Unternehmenskredite, lässt sich die Eigenkapitalhinterlegung z.B. von 8% auf 0,8% reduzieren.


Ähnliche Artikel:
Gastbeitrag von Fleer: Basel III – Die Eigenkapitalregulierung (www.mister-ede.de – 03.03.2014)


PDF zur EU-Verordnung 575/2013 auf eur-lex.europa.eu

[1] Art. 112 EU-Verordnung Nr. 575/2013 (CRR)

[2] Art. 114 II und Art. 122 I EU-Verordnung Nr. 575/2013 (CRR)

[3] Art. 501 EU-Verordnung Nr. 575/2013 (CRR)

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https://www.mister-ede.de/wirtschaft/fehlanreize-basel-regulierung/2947/feed 0
Fragen zur Abwägung persönlicher Freiheiten mit dem Öffentlichen Interesse https://www.mister-ede.de/gesellschaft/abwaegungsfrage-freiheit/2728 https://www.mister-ede.de/gesellschaft/abwaegungsfrage-freiheit/2728#comments Wed, 09 Jul 2014 16:36:58 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=2728 Weiterlesen ]]> Nach den Artikeln von Maximilian Steinbeis und Anna von Notz, im Zusammenhang mit dem Urteil des EGMR zum Verschleierungsverbot in Frankreich und der Frage in wie weit Beschränkungen der persönlichen Freiheiten im öffentlichen Raum zulässig sind [1] [2], drängen sich aus meiner Sicht zwei Fragen auf.

Die erste Frage die sich stellt, bezieht sich auf vergleichbare Verbote. Wie ist das, wenn jemand nackt durch die Gegend läuft, von mir aus unter Berufung auf irgendeine Naturreligion, wenn der nächste bewaffnet durch die Gegend läuft, der Dritte eine Nazi-Flagge mit sich herumschleppt und daneben eine Burka-Trägerin steht? Welche Verhaltensweisen kann oder sollte oder muss ein Staat dann nach Meinung der Autoren untersagen und wie würde sich ein solches Verbot dann begründen lassen?

Die zweite Frage die sich aufdrängt, bezieht sich auf den Ort, an dem diese Abwägung getroffen wird. Sollten tatsächlich Gerichte diese Abwägung selbst vornehmen und den Spielraum des Gesetzgebers damit einschränken oder sollten Gerichte den Spielraum des Gesetzgebers, der vom Wähler gewählt wurde und wieder abgewählt werden kann, respektieren und nur bei einem offensichtlichen Missverhältnis bei der Abwägung des Gesetzgebers einschreiten?

Die beiden Autoren sind natürlich herzlich eingeladen die Fragen zu beantworten. Allerdings auch alle anderen sind aufgefordert mal zu überlegen, wie man das Problem kollidierender Grundrechte löst, was die Aufgabe von Gerichten ist und was Demokratie mit dem Ganzen tun hat.

Bewertung des EGMR-Urteils zum französischen Verschleierungsverbot (www.mister-ede.de – 07.07.2014)


[1] Beitrag von Maximilian Steinbeis im Verfassungsblog vom 07.07.2014 (Link zum Beitrag auf www.verfassungsblog.de)

[2] Beitrag von Anna von Notz im Verfassungsblog vom 08.07.2014 (Link zum Beitrag auf www.verfassungsblog.de)

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https://www.mister-ede.de/gesellschaft/abwaegungsfrage-freiheit/2728/feed 0
Bewertung des EGMR-Urteils zum französischen Verschleierungsverbot https://www.mister-ede.de/politik/urteil-verschleierungsverbot/2699 https://www.mister-ede.de/politik/urteil-verschleierungsverbot/2699#comments Mon, 07 Jul 2014 06:23:23 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=2699 Weiterlesen ]]> Am 1. Juli hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geurteilt, dass das in Frankreich bestehende Verschleierungsverbot mit europäischem Recht vereinbar ist und keinen unrechtmäßigen Eingriff in die Grundrechte darstellt [1].
Bei meiner Bewertung des Urteils komme ich allerdings zu einer etwas anderen Einschätzung als Maximilian Steinbeis, der sich mit dem Urteil im Verfassungsblog auseinandergesetzt hat [2]. Obwohl ich eine ähnliche Auffassung zu dem zugrundeliegenden Gesetz habe wie er, halte ich das Urteil für absolut richtig.

Aus meiner Sicht ist schon die Überschrift von Steinbeis‘ Artikel nicht ganz passend gewählt und führt daher in die falsche Richtung, denn eigentlich geht es bei diesem Gesetz am Ende nicht um ein Burka-Verbot, sondern allgemein um die Verhüllung im öffentlichen Raum. Durch das französische Gesetz ist weder das Tragen der Burka im nicht-öffentlichen Raum verboten, noch darf man sich im öffentlichen Raum anderweitig verhüllen. Steinbeis stellt das in seinem Text zwar auch dar, kommt dann aber zum Schluss, „man macht sicher keinen Fehler, wenn man vermutet, dass es faktisch hier nur um eine ganz konkrete Bevölkerungsgruppe geht“. Dem stimme ich zwar zu, allerdings kann daraus aus meiner Sicht noch nicht auf eine Diskriminierung geschlossen werden. Das Rauchverbot trifft nur Raucher, die Anschnallpflicht nur Autofahrer und dennoch handelt es sich bei beidem um zulässige Eingriffe in Freiheiten und nicht um eine verbotene Diskriminierung.
Darüber hinaus halte ich Steinbeis‘ Einlassung auch in einem gewissen Maße für unkonventionell, da es juristisch sowieso irrelevant ist, wie viele andere Gruppen neben Burka-Trägerinnen noch von dem Verschleierungsverbot betroffen sind. Es wäre grotesk, wenn dies eine Rolle spielen würde, denn das hieße ja, das Verbot wäre rechtmäßig, solange nur eine andere Gruppe, z.B. eine Vereinigung verschleierter Landfrauen, von dem Verschleierungsverbot stärker betroffen wäre.

Das Gericht hat entsprechend weder zu berücksichtigen, welche Intentionen im Vorlauf des Gesetzes eine Rolle gespielt haben, noch zu beachten, welche weiteren Hintergedanken es womöglich gibt, sondern lediglich darüber zu entscheiden, ob die am Ende erlassene Regelung mit den europäischen Gesetzen vereinbar ist. Ein noch so gut gemeintes Gesetz kann z.B. verfassungswidrig sein, während ein noch so schlecht gemeintes Gesetz das eben nicht sein muss.
Die einzige Frage, die das Gericht deshalb zu prüfen hat, ist, ob dieses Verhüllungsverbot, so es denn Burkas betrifft, in das Grundrecht der Freiheit der Religionsausübung in unzulässiger Weise eingreift.
Dabei steht außer Zweifel, dass ein Staat Regelungen zum Verhalten in der Öffentlichkeit treffen darf, ob das nun das Verbot ist, sich zu verhüllen, Alkohol zu konsumieren oder nackt über den Marktplatz zu rennen. Fraglich ist dann allerdings immer, ob mit solchen Verboten irgendein Grundrecht eingeschränkt wird, ob nun die Versammlungsfreiheit oder eben in diesem Fall die Freiheit der Religionsausübung, und ob diese Einschränkung im konkreten Fall vertretbar ist. Der Eingriff in die freie Religionsausübung ist bei diesem Gesetz natürlich zweifellos gegeben, da das Tragen einer Burka in der Öffentlichkeit eben nicht mehr erlaubt ist. Es stellt sich daher lediglich die Frage, ob dieser Eingriff verhältnismäßig ist und damit zu rechtfertigen.

Das Gericht muss aus diesem Grund zum Beispiel prüfen, ob sich das politische Ziel, in diesem Fall also in der Öffentlichkeit das Gesicht zu zeigen, durch ein milderes Mittel erreichen lässt. Allerdings dürfte es hier schwierig sein, ein milderes Mittel als das Verbot der Verschleierung zu finden.
Daneben muss das Gericht auch prüfen, ob das Gesetzesziel legitim und wichtig genug ist, um die Einschränkung zu rechtfertigen, und ob sich das angestrebte Ziel überhaupt mit dem Gesetz erreichen lässt. Letzteres ist zu bejahen, denn durch das Verbot der Verschleierung wird natürlich das Ziel des offenen Gesichtes erreicht und zu ersterem kann man nun verschieden Auffassungen haben. Dies allerdings bedeutet vor allem, dass der Gesetzgeber, in diesem Fall der französische, einen weiten Spielraum bei seiner Einschätzung hat. Aus diesem Grund muss das Gericht die Abwägung des französischen Gesetzgebers respektieren, solange nicht ein offensichtliches Missverhältnis bei der Abwägung vorliegt.
Ich bin daher auch nicht der Meinung von Steinbeis, dass das Gericht hier den Grundrechtsschutz aufweicht, sondern teile die Auffassung des Gerichts, das sagt [3]: „The national authorities have direct democratic legitimation and are, as the Court has held on many occasions, in principle better placed than an international court to evaluate local needs and conditions.“ Für den einen mag eine solche Zurückhaltung des Gerichts wirken, als seien die Ergebnisse beliebig, aus meiner Sicht ist eine solche Zurückhaltung aber einfach Ausdruck der Gewaltenteilung.

Um es ganz klar zu sagen, ich hätte als französischer Gesetzgeber anders abgewogen und ich befürworte das Gesetz nicht, allerdings möchte ich eben auch keinesfalls, dass künftig die Gerichte politische Entscheidungen treffen und nicht mehr die demokratisch legitimierten Volksvertreter, die man im Zweifel auch abwählen kann. Der deutsche Gesetzgeber soll bitte weiterhin im öffentlichen Interesse verbieten können, nackt, bewaffnet oder mit einer Nazi-Fahne durch die Stadt zu ziehen und der französische soll die Möglichkeit haben die Verschleierung zu untersagen.
Und wenn man mit der Abwägung dann nicht einverstanden ist, muss man politischen Druck aufbauen, damit die verantwortlichen Politiker abgewählt werden, und nicht von den Gerichten erwarten, dass diese zum Ersatzgesetzgeber mutieren.

Aus meiner Sicht hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte daher eine gute Arbeit gemacht. Allerdings hoffe ich, dass sich irgendwann eine politische Mehrheit in Frankreich findet, die dieses Gesetz einfach wieder abschafft.

Ergänzung vom 12.09.2016: Europäisches Recht ist hier nicht EU-Recht, sondern die Europäische Menschenrechtskonvention des Europarats, dem 47 europäische Länder angehören und dessen Gericht der EGMR ist.

[1] Artikel auf sueddeutsche.de vom 01.07.2014 zum Urteil des EGMR (Link zum Artikel auf www.sueddeutsche.de)

[2] Beitrag von Maximilian Steinbeis vom 01.07.2014 auf Verfassungsblog.de (Link zum Artikel auf www.verfassungsblog.de)

[3] Urteil des EGMR (Link zum Urteil auf echr.coe.int)

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https://www.mister-ede.de/politik/urteil-verschleierungsverbot/2699/feed 0
Legales Outsourcing und illegale Scheinselbständigkeit https://www.mister-ede.de/politik/outsourcing-legal-illegal/2008 https://www.mister-ede.de/politik/outsourcing-legal-illegal/2008#comments Sun, 02 Jun 2013 15:45:59 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=2008 Weiterlesen ]]> Aus verschiedenen Gründen kann es für Unternehmen interessant sein, einzelnen Tätigkeiten nicht durch eigene Angestellte sondern durch externe Leistungserbringer durchführen zu lassen. Häufigkeit oder Menge der benötigten Arbeitsleistung können hier eine Rolle spielen, aber auch Spezialisierung, Flexibilität oder die niedrigere Kapitalbindung sind Gründe für das Outsourcing, also die Auslagerung von Unternehmenstätigkeiten.

Wird eine Arbeitsleistung nur selten benötigt, macht es wenig Sinn hierfür eigene Mitarbeiter einzustellen. Der Bäcker wird in aller Regel seinen Ofen nicht selbst reparieren, und der Fliesenleger nicht sein Werkzeug selbst herstellen. So können sich Bäcker und Fliesenleger auf ihre Hauptarbeit konzentrieren. Auch bei größeren Unternehmen macht eine solche Spezialisierung Sinn.

Statt die fertigen Waren mit einem eigenen Fuhrpark und eigenen Fahrern ausliefern zu lassen, kann ein Unternehmen auch eine externe Spedition beauftragen. Zum einen sind Speditionen auf den Transport spezialisiert, zum anderen kann sich das Unternehmen auf sein eigenes Spezialgebiet, z.B. Getränkeherstellung, konzentrieren. Bei größeren Unternehmen spielt aber neben dieser Spezialisierung und organisatorischen Konzentration auf das Kerngeschäft auch die Flexibilität und die Kapitalbindung eine Rolle.
So kann die Auslieferung mit einer Spedition flexibler gestaltet werden, wenn z.B. die zu transportierenden Mengen schwanken. Bei Bedarf werden dann einfach mehr oder weniger Aufträge vergeben. Diese Flexibilität ist mit eigenen Fahrern und Fahrzeugen nicht so leicht zu erreichen. Entweder müssen ständig Fahrzeuge ge- oder verkauft werden, Mitarbeiter eingestellt oder entlassen werden, oder das Unternehmen muss mit Über- oder Unterkapazitäten leben.
Auch die Kapitalbindung ist niedriger, wenn externe Anbieter einzelne Aufgaben übernehmen. Ein Unternehmen muss weder in eine Fahrzeughalle, noch in die Fahrzeuge investieren, wenn es auf eine externe Spedition zurückgreift. Somit stehen die finanziellen Mittel z.B. für neue Produktionsanlagen zur Verfügung.

Neben Spezialisierung, Flexibilität und niedrigerer Kapitalbindung, spielt zunehmend aber auch die Absenkung der Lohnkosten eine Rolle. Das Unternehmen ist nicht mehr direkt Arbeitgeber, sondern der externe Leistungserbringer ist in dieser Rolle. Damit gilt für die Angestellten nicht mehr der Tarif des Unternehmens, und Arbeitnehmervertretung oder Mitbestimmung bleiben außen vor. Auch wenn dies gesellschaftlich natürlich nicht wünschenswert ist, verboten ist eine solche Gestaltung nicht. Die Auslagerung von Reinigungspersonal ist ein gutes Beispiel, bei dem in aller Regel weder die Kapitalbindung noch die Flexibilität im Vordergrund steht.

Illegal hingegen ist es, nur so zu tun als ob es sich um einen eigenständigen externen Anbieter handelt, tatsächlich aber der externe Anbieter vollständig vom Unternehmen abhängig ist, also scheinselbständig. Aber genau diese Abgrenzung zwischen echter Selbständigkeit und Scheinselbständigkeit ist oft schwer.
So kann ein Spediteur mit eigenem LKW durchaus selbständig tätig sein. Übernimmt er allerdings nur Aufträge für ein einzelnes Unternehmen, dann kann dies ein Zeichen für Scheinselbstständigkeit sein. Ein weiteres Zeichen wäre es, wenn das Unternehmen zusätzlich auch die Bereitstellung der Fahrzeuge übernimmt und ein noch deutlicheres Zeichen, wenn es diese Konstruktion mehrfach verwendet, also offensichtlich als Initiator in Erscheinung tritt.
Allerdings gibt es auch gute Gründe, warum ein Selbstständiger nur für ein einzelnes Unternehmen arbeitet. So kann es vorkommen, dass in der Gründungsphase nur wenige Kunden vorhanden sind, oder zu einem späteren Zeitpunkt ein Teil der Kunden wegfällt. Vielleicht zahlt ein Auftraggeber auch entsprechend gut, so dass es wirtschaftlicher ist, mit den vorhandenen Kapazitäten nur diesen zu bedienen.

Aber nicht nur bei einzelnen Beschäftigten, sondern auch bei der verstärkten Gestaltung des Outsourcings mit eigenen Tochterunternehmen oder anderen eng verzahnten Unternehmen ist die Abgrenzung schwierig. Wird Reinigungs- oder Verkaufspersonal über eine Leiharbeitsfirma angestellt, so ist dies nicht verboten. Illegal ist es nur dann, wenn diese Leiharbeitsfirma gar nicht wirklich am Markt tätig ist, sondern nur geschaffen wurde um z.B. Tarifverträge zu umgehen.

Man kann daher neben legalem Outsourcing, bei dem die Spezialisierung im Vordergrund steht, und legalem aber unerwünschtem Outsourcing, bei dem die Spezialisierung einzig auf Lohndumping beruht, die Scheinselbstständigkeit als illegales und unerwünschtes Outsourcing betrachten.
Außer den Vorteilen des Outsourcings und den Problemen der Abgrenzung, kann es aber auch Nachteile für auslagernde Unternehmen geben. So kann es zu einem Verlust von Knowhow oder Fähigkeiten im Unternehmen kommen oder die Vernetzung zwischen verschiedenen Funktionsbereichen im Unternehmen beeinträchtigt werden. Zusätzlich muss natürlich auch der Gewinn des externen Leistungserbringers mitfinanziert werden.

Insgesamt ist es weder angebracht Outsourcing zu verteufeln noch die Nachteile und Probleme auszublenden. Während aber Unternehmen innerhalb eines vorgegeben Rahmens für sich die Vor- und Nachteile abwägen müssen, ist es die Aufgabe des Gesetzgebers diesen Rahmen zu gestalten. Durch Branchen-Mindestlöhne oder möglicherweise veränderte Steuergestaltungen kann z.B. der Anreiz zu legalem aber gesellschaftlich unerwünschten Outsourcing minimiert werden. Daneben kann auch die Grenze von legalem Outsourcing zu illegaler Scheinselbstständigkeit z.B. durch Vermutungsregelungen verändert werden.

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Glossar: Der Werkvertrag https://www.mister-ede.de/politik/der-werkvertrag/2002 https://www.mister-ede.de/politik/der-werkvertrag/2002#comments Sun, 02 Jun 2013 15:45:25 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=2002 Weiterlesen ]]> Der Werkvertrag ist ein Vertragstyp, der in §631 ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) seit der Einführung des BGB im Jahr 1900 geregelt ist [1]. Beim Werkvertrag handelt es sich genauso wie beim Kauf- Miet- oder Dienstvertrag um einen gegenseitigen Vertrag, in dem Leistung und Gegenleistung beschrieben ist. Hierbei versucht der Werkvertrag das „Bestellen eines Werkes“  juristisch durch Rechte und Pflichten für die Vertragsparteien zu beschreiben, so wie der Kaufvertrag den „Kauf einer Sache“ beschreibt.

Kauf-, Miet-, Dienst- und Werkverträge eint dabei, dass es auf der einen Seite einen Leistungserbringer und auf der anderen Seite einen Leistungsnehmer gibt. Der Leistungsnehmer ist im Kaufvertrag der Käufer, beim Mietvertrag der Mieter, beim Dienst- und Werkvertrag der Auftraggeber. Der Leistungserbringer ist im Kaufvertrag der Verkäufer, im Mietvertrag der Vermieter, und bei Dienst- und Werkvertrag der Auftragnehmer, z.B. ein Handwerker oder ein Babysitter. Durch den entsprechenden Vertrag wird der Leistungserbringer zum erbringen der vertraglich vereinbarten Leistung verpflichtet und im Gegenzug der Leistungsnehmer zur Gegenleistung, also z.B. zum entrichten des Kaufpreise oder der Miete.
Allerdings unterscheiden sich die Verträge in der Form der Leistung, die zu erbringen ist. Nach einem Kauf will der Käufer Eigentümer einer Sache sein, die vorher einem anderen gehörte. Bei der Miete will der Mieter z.B. eine Wohnung, ein Auto oder ein Werkzeug nutzen, ohne Eigentümer zu werden. Im Mietvertrag geht es also um die Überlassung einer Sache auf Zeit. Bei einem Dienstvertrag besteht die Leistung in einem Dienst, bzw. umgangssprachlich in Arbeitszeit. So stehen beim Babysitten oder bei der Betreuung von Personen in aller Regel die geleisteten Arbeitsstunden im Vordergrund.

Auch der Werkvertrag beinhaltet eine eigene Form von Leistung, die zu erbringen ist. So bestimmt §631 Absatz 2 BGB „Gegenstand des Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein“ [2]. Ein solches Werk kann z.B. die Reparatur eines Autos, die Installation von elektrischen Leitungen, oder die schicke neue Modefrisur sein. Werkverträge sind damit genauso wenig aus dem Alltag wegzudenken, wie eben Kauf- oder Mietverträge, denn durch diese differenzierte Ausgestaltung einzelner Vertragstypen ist es nämlich möglich an die verschiedenen Verträge unterschiedliche Bedingungen zu knüpfen. So regelt z.B. §634 BGB speziell für den Werkvertrag wie mit Mängeln umzugehen ist. Der Kündigungsschutz im Mietrecht oder die Gewährleistung bei Kaufverträgen sind ähnliche Beispiele für solche spezielle Regelungen bei anderen Vertragstypen.

Jedoch ist die Abgrenzung zwischen den einzelnen Vertragstypen nicht immer leicht, und gerade die Abgrenzung zwischen Werk- und Dienstvertrag ist schwierig. Wird ein Gärtner gerufen, der den Garten im Frühjahr auf Vordermann bringen soll, so ist dies ein Werkvertrag, da er für einen sauberen Garten, also einen Erfolg sorgen soll. Vereinbart man mit dem Gärtner hingegen, dass er jede Woche für zwei Stunden den Garten pflegt, handelt es sich viel eher um einen Dienstvertrag, da der Gärtner einen wöchentlichen Dienst verrichtet.
Eine weitere Abgrenzungsproblematik kann sich bei Werkverträgen aber auch deshalb ergeben, weil ein Teil der Leistung aus „Arbeit“ besteht. Hierdurch entsteht eine Ähnlichkeit zu Arbeitsverträgen, an die sich aber besondere Folgen wie Kündigungsschutz, Tarifbindungen und weiteres anschließen. Neben dem Werkvertrag ist auch der Dienstvertrag von diesem Problem betroffen, da hier die Arbeitsleistung einen noch wesentlicheren Teil der Leistung darstellt. Sowohl das legale Outsourcing als auch illegale Scheinselbstständigkeit zur Umgehung von Arbeitsverträgen ist daher oftmals mit Werk- oder Dienstverträgen verbunden.


Ähnliche Artikel:
Die Begrenzung des Lohndumpings und der Aushöhlung der Tarifstruktur (www.mister-ede.de – 08.01.2013)

Legales Outsourcing und illegale Scheinselbständigkeit (www.mister-ede.de – 02.06.2013)

Weitere Beiträge zum Thema Werkvertrag auf www.mister-ede.de


[1] Peters, F. in:  Staudinger (Eckpfeiler des BGB), Berlin 2005, S. 676 f.

[2] Gesetzestext abrufbar bei Gesetze-im-Internet (Link zu §631 BGB auf www.gesetze-im-internet)

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Neues Leistungsschutzrecht kommt: Bloggyismus unterliegt Demokratie https://www.mister-ede.de/politik/bloggyismus-unterliegt-bei-lsr/1979 https://www.mister-ede.de/politik/bloggyismus-unterliegt-bei-lsr/1979#comments Sun, 24 Mar 2013 19:22:21 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=1979 Weiterlesen ]]> Nachdem ich hier eine eigene Internetseite betreibe, habe ich mich natürlich auch mit dem neuen Leistungsschutzrecht für Verleger befasst. Ich persönlich weiß nicht, wieso ich mit dem neuen Leistungsschutzrecht als nicht-kommerzieller Blogger kollidieren sollte. Es besteht weiterhin das Recht zu zitieren oder Textauszüge im Zusammenhang mit eigenen Arbeiten zu verwenden. Ich hatte deshalb weder Anlass aus persönlichen Erwägungen die Neuregelung zu befürworten oder abzulehnen.

Dennoch freut es mich, dass nun das Leistungsschutzrecht, obwohl ich das nicht erwartet habe, verabschiedet wurde. Aus meiner Sicht war das ein Sieg der Demokratie über den Lobbyismus. Sie wundern sich vielleicht. Aber ja sage ich Ihnen, denn es war nur eine kleine aber laute Minderheit, die glaubte es sei rechtens fremdes Eigentum zum eigenen Nutzen zu verwenden. Und genau dieser Bloggyismus von einer kleinen Gruppe ist das, was gemeinhin als Lobbyismus bezeichnet wird. Nun ist Lobbyismus nicht per se etwas schlechtes, allerdings müssen am Ende immer demokratisch legitimierten Volksvertreter abwägen und dann die Entscheidung zum Wohle der Allgemeinheit treffen. Viel zu oft habe ich hierbei das Gefühl, dass derjenige, der am lautesten schreit, das bekommt was er fordert. Und daher bin ich froh, dass sich vorgestern die demokratischen Vertreter nicht vom Bloggyismus eines Teils der Netzgemeinde beeindrucken ließen.

Meines Erachtens hat bei dieser Diskussion auch schlicht die populistische Kampagne gegen das Leistungsschutzrecht abgeschreckt. Und so hat das „Herumkreischen“, wie Herr Lobo diese „Strategie“ bezeichnet [1], den Bloggyisten gegen das Leistungsschutzrecht wohl mehr geschadet als genutzt. Wenn von selbsthochgeredeten Schützern der Netzgemeinde und Verteidigern der Netzfreiheit der Untergang der Medienvielfalt prophezeit wird, dann lässt dies auch einfach jede Bodenhaftung vermissen.

Ohne diesen selbstherrlichen Größenwahn, der dementsprechend nur die Maximalforderung „Stop LSR“ zuließ, wäre vielleicht ein Kompromiss möglich gewesen. Denn klar ist auch, dass der Gesetzgeber für den Schutz des Eigentums sorgen muss und lediglich Schranken, wie z.B. beim Zitieren, einbauen kann. Wenn aber eine Seite grundsätzlich die Abschaffung von Eigentum im Netz anstrebt, ist eine einvernehmliche Lösung mit den Verlagen auf der anderen Seite schlicht unmöglich.

Wobei ich hier sowieso den Eindruck habe, dass in der individualisierten Netzwelt Kompromisse nicht mehr wirklich angestrebt werden. Zu bequem ist das Nebeneinander der Ideen im Vergleich zur Kompromisssuche und die sachliche Betrachtung des Themas zu wenig Öffentlichkeitstauglich. Die unendlichen Diskussionen ohne Ergebnis bei der Piratenpartei sind auf dieselbe fehlende Kompromissfähigkeit und damit mangelnde Politikfähigkeit zurückzuführen.

Nun wird sich zeigen, ob in der Zukunft das von den Netz-Bloggyisten aufgestellte Schreckensszenario tatsächlich eintritt. Sofern sich aber keine wirklichen Probleme zeigen, wird die Netz-Bloggy einen ähnlichen Imageschaden davontragen wie die AKW-Lobby, die bei einer Abschaltung der AKW Blackouts und das Zusammenbrechen der Stromversorgung beschworen hat.

Vielleicht lernen die Netz-Bloggyisten dadurch zumindest, dass Inhalt und Sachlichkeit nicht durch Geschrei ersetzt werden kann, und eine Gesellschaft ohne Kompromisse nicht existieren kann, weil am Ende eben ein Nebeneinander von Lösungen nicht möglich ist. Auch deshalb bin ich froh, dass sich der Bloggyismus gegen das Leistungsschutzrecht nicht durchgesetzt hat.


[1] Artikel von Sascha Lobo vom 22.03.2013 zur Verabschiedung des neuen Leistungsschutzrechts (Link zum Artikel auf saschalobo.com)

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März 1945 – Welch ein Zeitpunkt für eine Sozialreform https://www.mister-ede.de/politik/sozialreform-marz-1945/1703 https://www.mister-ede.de/politik/sozialreform-marz-1945/1703#comments Thu, 27 Dec 2012 07:25:15 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=1703 Weiterlesen ]]> Auf der Suche nach Informationen über die Entwicklung der geringfügigen Beschäftigung, bin ich auf eine Gesetzesänderung in der Reichsversicherungsordnung gestoßen, die mich ziemlich erstaunt hat. In einem Aufsatz, den ich auf der Seite der Uni Köln fand, war folgender Satz zu lesen: „Dementsprechend normierte der durch Gesetz vom 17.3.1945 neu gefasste § 168 RVO die Versicherungsfreiheit in der Kranken- und (entsprechend) in der Rentenversicherung (§ 1228 RVO) für solche Beschäftigungen“ [1].

17.3.1945 ?

Die RVO ist die Reichsversicherungsordnung, aber der Zeitpunkt der Gesetzesänderung erschien mir so unwirklich, dass ich an anderer Stelle nach einer Bestätigung dafür suchte. Auf der Internetseite der österreichischen Nationalbibliothek bin ich dann fündig geworden und konnte mir das Reichsgesetzblatt von 1945 anschauen. Ich war tatsächlich baff, dass im Frühjahr 1945 mit ziemlicher Akribie die „erste Verordnung zur Vereinfachung des Leistungs- und Beitragsrechts in der Sozialversicherung“ formuliert wurde [2]. Während andere Verordnungen dieser Zeit mit teilweise nur einem Satz auskamen, wurde hier anscheinend ein kompletter Gesetzestext ausgearbeitet.

Insgesamt neun Seiten, so viel hatte keine andere Verordnung des Jahres zu bieten und auch inhaltlich wurde viel verändert. Geregelt wurde nicht nur die Abgabenbefreiung bei Geringverdienern, sondern auch die Zuzahlung zu Medikamenten oder die Mitversicherung der Familienmitglieder bei der Krankenversicherung [3]. Was die Verfasser in dieser Zeit zu so einem Gesetz bewegte erschließt sich mir bislang nicht. Etwas amüsant ist dabei aber die Formulierung „bis zum Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Zweite Weltkrieg endet“ an einer Stelle der Verordnung [4]. Dass Deutschland diesen Zeitpunkt schon wenige Monate später erreichen würde, haben die Verfasser wohl nicht erwartet. Ebenfalls amüsant ist, dass „die Krankenscheingebühr […] aus Gründen der Vereinfachung nicht mehr erhoben [wird]“ [5]. Die Parallelen zur Diskussion um die Abschaffung der Praxisgebühr könnten klarer nicht sein.

In der Welt mögen Herrscher stürzen, Systeme kollabieren oder eine Diktatur verschwinden, an den Alltagsthemen scheint dies nicht viel zu ändern.  Und so wurde eben noch im März 1945 eine Sozialreform durchgeführt.


Ähnliche Artikel:
20 Jahre und nichts Neues (www.mister-ede.de – 29.04.2012)


[1] Genenger, A., Umersbach T.: „Geringfügige Beschäftigung“  (Link zum Text auf www.jura.uni-koeln.de)

[2] RGBl I 1945, S.41 (Übersicht des RGBl 1945 von der österreichischen Nationalbibliothek – alex.onb.ac.at)

[3] Ebenda S. 46

[4] Ebenda S. 50

[5] Ebenda S. 46

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