mister-ede.de » Banken http://www.mister-ede.de Information, Diskussion, Meinung Fri, 01 Dec 2023 14:44:02 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.4.2 StandPUNKT: Scheitern der Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank ist begrüßenswert! http://www.mister-ede.de/wirtschaft/fusion-db-commerzbank/8800 http://www.mister-ede.de/wirtschaft/fusion-db-commerzbank/8800#comments Sun, 05 May 2019 17:33:14 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=8800 Weiterlesen ]]> Bei Deutscher Bank und Commerzbank handelt es sich um die beiden letzten verbliebenen börsennotierten deutschen Großbanken mit mehr oder weniger flächendeckendem Vertriebsnetz. Wettbewerbstheoretisch ist ein Duopol einem Monopol unbedingt vorzuziehen. In Kombination mit den Genossenschaftsbanken und Sparkassen ergibt sich so in Deutschland ein einigermaßen aktiver Wettbewerb im normalen Kundengeschäft. Diesen Wettbewerb zu erhalten muss Priorität haben, da ausländische Institute oder kleinere Privatbanken lediglich an einzelnen Standorten vertreten sind und ansonsten die Alternative nur bei Online- bzw. Direktbanken liegt.
Da Sparkassen kommunal oder frei organisiert sind, erscheint es auch weitgehend unproblematisch, wenn der Bund, also eine andere staatliche Ebene, Teileigentümer der Commerzbank bleibt. Dies ist dem Verschwinden der Commerzbank aus dem Verbrauchergeschäft durch Fusion mit der Deutschen Bank auf jeden Fall vorzuziehen.


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Finanztipp „Deutsche Bank“ http://www.mister-ede.de/wirtschaft/finanztipp-deutsche-bank/5551 http://www.mister-ede.de/wirtschaft/finanztipp-deutsche-bank/5551#comments Tue, 11 Oct 2016 17:38:52 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=5551 Weiterlesen ]]> Der heutige MisterEde-Finanztipp zur Deutschen Bank:

Die GIF wurde mit imgflip.com erstellt und natürlich ist das Satire (vielleicht auch nur Comedy) und stellt weder eine Kauf- noch Verkaufsempfehlung dar.


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Der Euro und seine falsche Einstufung als Landeswährung (The Euro and the wrong classification as a domestic currency) http://www.mister-ede.de/politik/euro-keine-landeswaehrung/5273 http://www.mister-ede.de/politik/euro-keine-landeswaehrung/5273#comments Fri, 26 Aug 2016 11:12:34 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=5273 Weiterlesen ]]> Dieser Beitrag stellt dar, was der Euro bzw. eine Landeswährung (domestic currency) ist und warum der Euro finanzökonomisch keine Landeswährung von beispielsweise Deutschland sein kann.

Der Euro:

Der Euro ist das offizielle Zahlungsmittel der Euroländer. Er wird von der Europäischen Zentralbank ausgegeben, die eine Institution des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) ist, also der Gesamtheit der Zentralbanken der Euroländer.

Der Begriff „Landeswährung“:

Als Landeswährung wird zum einen das Zahlungsmittels eines Landes (engl. „local currency“) bzw. das offizielles Zahlungsmittel (engl. „offical currency“) verstanden und zum anderen die Währung der Zentralbank des jeweiligen Landes (engl. „domestic currency“). Der Begriff „Landewährung“ hat somit unterschiedliche Bedeutungen, für die es im Englischen auch verschiedene bzw. präzisere Begriffe gibt.

Der Euro als Landeswährung:

Unstreitig ist der Euro unsere local und official currency und in dieser Bedeutung ist seine Bezeichnung als Landeswährung auch unproblematisch. Hingegen ist die Einordnung des Euro als domestic currency von beispielsweise Deutschland, Frankreich oder Italien zumindest finanzökonomisch falsch. Es geht hier also nicht darum, dass der Euro in Deutschland als Landeswährung bezeichnet wird oder der deutschen Sprache die Wörter fehlen, sondern um die Tatsache, dass der Euro fälschlicherweise als domestic currency eingestuft wird, was z.B. zu Lücken bei der Bankenregulierung führt.

Der Begriff „domestic currency“:

Die domestic currency ist die Währung der Zentralbank des jeweiligen Landes und damit im Normalfall auch die official currency dieses Landes. Ob sie darüber hinaus auch in anderen Ländern als local currency genutzt wird oder in diesem Land parallel noch andere local currencies existieren, ist für die domestic currency unerheblich. Das Gegenstück zur domestic currency (Landeswährung) ist in Statistiken und in der Finanzökonomie die foreign currency (Fremdwährung), wobei die jeweilige Betrachtung als Fremd- oder Landeswährung natürlich subjektiv ist. Für die USA ist der Dollar die Landeswährung und der Rubel die Fremdwährung, für Russland ist es genau andersherum.
Der Grund für die Aufteilung zwischen domestic und foreign currency liegt in den unterschiedlichen Risiken, wie z.B. dem Risiko eines sich zu Ungunsten ändernden Wechselkurses, das es so natürlich nur bei einer Fremdwährung gibt. Ein US-amerikanisches Unternehmen, das nur in Dollar (der dortigen „domestic currency“) Geschäfte macht, hat diese Fremdwährungsrisiken nicht, genauso wie ein in Deutschland ansässiges Unternehmen, das nur in Euro handelt. Bis zu den Wechselkursrisiken hat der Euro damit die Eigenschaften einer „domestic currency“, allerdings enden hier die Parallelen.

Warum der Euro keine domestic currency ist:

Als Währung der Zentralbank des jeweiligen Landes ist die domestic currency eine besondere Währung. Die Zentralbank kann sie beeinflussen und mit geldpolitischen Maßnahmen, z.B. durch eine Änderung des Leitzinses, auf die wirtschaftliche Situation im jeweiligen Land reagieren. Beim Euro ist aber genau diese Einflussmöglichkeit für ein einzelnes Euroland bzw. seine Zentralbank im EZB-System so nicht mehr gegeben. Im Gegensatz zu einer echten domestic currency ist es sogar möglich, Euro aus einem Land in großem Stil abzuziehen, ohne dabei über den Wechselkurs stabilisierende Effekte auszulösen. Während also bei einer Krise in Japan dort liegende Yen nicht ohne einen den Wechselkurs drückenden Umtausch in einem anderen Land investiert werden können, ist dies bei Euroländern möglich. Im Falle Japans würde der Letzte, der Yen z.B. in Euro umtauschen will, kaum noch Euro für seine Yen bekommen. Hingegen kann aus dem griechischen oder italienischen Finanzwesen problemlos sämtliches Kapital z.B. Richtung Deutschland oder den Niederlanden abgezogen werden, ohne einen solchen Wechselkurseffekt zu erzeugen. Auch der letzte Euro, der aus Griechenland geholt wird, hat den Wert eines in Deutschland verwendeten Euros. Wenn aber, anders als bei einer echten domestic currency, dem Finanzwesen eines Eurolandes ohne dämpfende Wirkung das Vertrauen entzogen werden kann, so ist der Euro folgerichtig keine domestic currency.
Deutlich wird dies auch in fiskalischer Hinsicht, also beim Blick auf die Staatsfinanzen. Üblicherweise geht das nominale Kreditausfallrisiko bei Staatsanleihen, die in einer echten „domestic currency“ eines Landes ausgegeben wurden, gegen null, weil im Zweifelsfall einfach Scheine mit beliebig hohen Nominalwerten gedruckt werden können. Hingegen hat ein Euroland nicht diese Möglichkeit, einfach die Geldpresse anzuwerfen, wie man auch am Beispiel des griechischen Zahlungsausfalls gesehen hat.
Ein weiterer Unterschied zwischen einer domestic currency und dem Euro ist hinsichtlich der Zinsen für Staatsanleihen zu erkennen. Nachdem in Ländern mit einer echten domestic currency die Zinssätze für die Staatschulden über die Zentralbank einigermaßen gesteuert werden können, kann dort die Staatsverschuldung, zumindest im Inland, relativ weit ausgedehnt werden. Am Ende ist es für den Staatshaushalt unerheblich, ob der Staat bei einem Zinssatz von 5% pro Jahr mit 50% des BIP oder bei einem Zinssatz von 0,5% pro Jahr mit 500% des BIP verschuldet ist, weil in beiden Fällen Zinsen in Höhe von 2,5% des BIP fällig werden. Einem Euroland fehlt hingegen dieser Einfluss auf den Zins, so dass durch die Euroeinführung für diese Länder und ihre Finanzsysteme nun Zinsänderungsrisiken hinzugekommen sind, die es bei den vorherigen echten domestic currencies so natürlich nicht gab.

Die Folgen der falschen Einordnung:

Die fälschliche Einordnung des Euro als „domestic currency“ hat diverse Folgen. Bei der Bewertung der Staatsverschuldung bzw. der Bonität von Staaten werden die Ausfallrisiken und die Gefahren, die im Auseinanderlaufen der Schuldenquoten in der Eurozone liegen, erheblich unterschätzt. Dies spiegelt sich beispielsweise in der Finanzmarktregulierung wieder, die die auf Euro lautenden italienischen Staatsanleihen genauso behandelt [1] wie die auf Pfund lautenden britischen Staatsanleihen. Obwohl durch den Euro das Kreditausfallrisiko Italiens bzw. die Gefahr eines Zusammenbruchs des italienischen Finanzsystems gegenüber Großbritannien mit seiner echten „domestic currency“ erhöht ist, müssen Banken auch für italienische Staatskredite kein Eigenkapital hinterlegen.
Daneben kann die falsche Einstufung auch zu Fehlern bei Ratings von Banken führen oder zu einer Fehlregulierung von Lebensversicheren und anderen Finanzdienstleistern. Auch an den europäischen Stabilitätskriterien, die für die Euroländer schärfer sein müssten als für die Nicht-Euroländer, kann man die Folgen der falschen Einstufung des Euro als domestic currency sehen genauso wie am Fehlen von geeigneten Steuerungsinstrument für eine Konvergenz der Schuldenquoten.

Wie lässt sich der Euro klassifizieren?

Grundsätzlich ist es schon möglich, dass der Euro eine domestic currency wird, sofern ein passender Eurozonen-Staat entsteht, in dem dann Stabilitätsmechanismen (Finanztransfers, gemeinsame Budgets) implementiert werden können. In diesem Fall wäre der Euro für Deutschland dann wie früher die D-Mark für ein einzelnes Bundesland. Nachdem ein solcher Staat aber in den nächsten Jahren nicht existieren wird, handelt es sich beim Euro um so etwas wie eine „partial domestic currency“, die für die einzelnen Euroländer zwar einige Eigenschaften einer Landeswährung besitzt, aber eben nicht alle.

Mögliche Konsequenzen:

Neben einer grundsätzlichen Überprüfung von Regulierungsvorschriften und Stabilitätskriterien sollten vor allem die oben erwähnten Ausnahmen von der Eigenkapitalhinterlegung bei Staatskrediten in Landeswährungen nicht auf den Euro bzw. die Euroländer übertragen werden. Anstatt aber hierzu die Regulierungsvorschriften zu ändern [2], was unnötigerweise auch z.B. Großbritannien oder Polen betreffen würde, sollte der Euro in der Anwendungspraxis einfach nicht mehr als domestic currency der Euroländer eingestuft werden.
Darüber hinaus wäre natürlich auch die Entwicklung eines entsprechenden Staates mit dem Euro als domestic currency, z.B. die Europäische Föderation, eine logische Schlussfolgerung. Wenig ratsam scheint hingegen, einfach weiter so zu tun, als sei der Euro eine vollwertige Landeswährung für die Euroländer, und abzuwarten bis es irgendwann mal richtig kracht.


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[1] Art. 114 IV EU-Verordnung Nr. 575/2013 (CRR) (Link zum PDF auf eur-lex.europa.eu)

[2] Vorschlag findet sich u.a. im DIW-Wochenbericht vom 13.5.2015 (Link zum PDF auf www.diw.de)

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Glossar: Nominal-, Real- und Kapitalwert bei Schulden und Forderungen http://www.mister-ede.de/politik/nominal-real-und-kapitalwert/4183 http://www.mister-ede.de/politik/nominal-real-und-kapitalwert/4183#comments Mon, 10 Aug 2015 12:00:30 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=4183 Weiterlesen ]]> Schulden bzw. Forderungen können sehr unterschiedlich bewertet werden, je nachdem unter welchem Gesichtspunkt sie betrachtet werden und welches Maß, welcher Bezug und welcher Zeitpunkt gewählt werden.

Nominalbetrag:

Der Nominalbetrag einer Schuld oder Forderung ist der ihr zugordnete Nennwert. Er besteht aus dem Zahlenwert und der Maßeinheit. Der Nominalbetrag eines Kredites kann also z.B. „100 Euro“ sein. Agio oder Disagio oder die vertraglich vereinbarten Zinsen werden in der Regel von diesem Nominalbetrag aus berechnet.

Nominalwert:

Der Nominalwert einer Schuld oder Forderung kann z.B. ihr Nominalbetrag sein. Bei volkswirtschaftlichen Betrachtungen wird als Nominalwert der nicht inflationsbereinigte Wert einer Schuld oder Forderung, ggf. inklusive ihrer Zinsen, zum jeweiligen Betrachtungszeitpunkt verstanden. Bei einem Nominalbetrag von 100 Euro und einem jährlichen Zinssatz von 5% beträgt dann der nominale Wert der Schuld aktuell 100 Euro und in einem Jahr 105 Euro.

Realwert:

Der Realwert hängt vom gewählten Bezug ab und kann je nach Ziel der Betrachtung variieren. Eine Schuld von nominal 100 Euro kann in Bezug zu einer Fremdwährung z.B. einen Wert von 110 Dollar besitzen. Bezugspunkte für den Realwert können aber auch der Kaufpreis oder der aktuelle Marktpreis sein. Dieser Bezug ist z.B. sinnvoll, um abseits des vertraglich vereinbarten Nominalzinses die tatsächliche Rendite zu bestimmen.

Bei volkswirtschaftlichen Betrachtungen ist die hinter den Geldbeträgen stehende Kaufkraft der Bezugspunkt für den Realwert. Um den Realwert von Schulden oder Forderungen zu berechnen, werden dementsprechend die Nominalwerte um Abweichungen bei der Kaufkraft bereinigt. Der Realwert ist dann gegenüber dem Nominalwert inflationsbereinigt. Bei dieser Betrachtung kann neben Nominalwerten (100 Euro) theoretisch auch ein Realwert (100 Äpfel) als Nominalbetrag der Schuld vereinbart werden. Wird ein Realwert (Apfel) vereinbart, so ist hierdurch der Nominalwert (Wie viele Euro?) unbestimmt, wird hingegen ein Nominalwert (1 Euro) als Basis der Schuld festgelegt, so bleibt in diesem Fall der Realwert (Wie viele Äpfel?) undefiniert.

Kapitalwert:

Eine weitere Möglichkeit, um eine Schuld oder Forderung zu bewerten, ist die Betrachtung des Kapitalwerts. Bezugspunkt dieser Betrachtung ist die Gewinnerwartung des Investors. Nachdem hierfür z.B. die Kapitalkosten des Investors berücksichtigt werden, können für ein und dieselbe Schuld bzw. Forderung je nach Investor unterschiedliche Kapitalwerte errechnet werden.


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Wer war Nutznießer der Fehlentwicklung in Griechenland? http://www.mister-ede.de/politik/fehlentwicklung-griechenland/4065 http://www.mister-ede.de/politik/fehlentwicklung-griechenland/4065#comments Tue, 21 Jul 2015 14:42:48 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=4065 Weiterlesen ]]> Seit Beginn der Schuldenkrise in Griechenland wird hierzulande das Bild des faulen, unfähigen und verschwendungssüchtigen Griechen geprägt. Doch waren wirklich „die Griechen“ die einzigen Verantwortlichen für die Krise und die einzigen Profiteure der Verschuldung? Und ist es überhaupt sinnvoll, die Konfliktlinie auf der Ebene von Ländern und Bevölkerungen zu suchen?

Nachdem der Euro in Griechenland eingeführt wurde und in der Folge die Zinsen zurückgingen, stiegen die Staatsschulden genauso wie die Außenhandelsdefizite. Völlig unbestritten hat Griechenland sich als Staat damals überschuldet und sogar Statistiken gefälscht, um die Verschuldung über die erlaubten Grenzen hinweg ausweiten zu können. Profitiert haben von diesem Fehlverhalten und den dadurch ausgelösten Fehlentwicklungen jedoch alle, so wie dies bei einer Verschuldung bis zum Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit eben üblich ist.
In Griechenland wurden dank der günstigen Kredite Häuser gebaut, Autos gekauft, das Militär aufgerüstet, die Olympischen Spiele veranstaltet oder auch die Aufblähung des Staatsapparates finanziert. Hierdurch entstanden Arbeitsplätze, die Sozialkassen wurden gefüllt, die Steuereinnahmen stiegen – kurz gesagt, der Wohlstand in Griechenland stieg. Die Griechen haben also durchaus von der Verschuldung zunächst profitiert, auch wenn dabei die Wettbewerbsfähigkeit litt und die Finanzlage des Staates immer schlechter wurde. Daneben gab es aber auch noch zahlreiche weitere Profiteure dieser Verschuldung und der Entwicklung in Griechenland.
Außerhalb Griechenlands wurden Unternehmen wettbewerbsfähiger, weil griechische Produkte oder Dienstleistungen durch den schuldengetriebenen Aufschwung im Vergleich teurer wurden. Dazu kam der durch die Schulden gesteigerte Absatz in Griechenland, der zu wachsenden Importen aus der Eurozone, der EU oder dem Rest der Welt führte. Dabei sicherte jede nach Griechenland verkaufte Ware nicht nur Gewinne bei den exportierenden Unternehmen, sondern natürlich auch wieder Arbeitsplätze und damit Einkommen, Sozialbeiträge und Steuereinnahmen, z.B. in Deutschland. Daneben haben nicht zuletzt natürlich auch die Banken von der Verschuldung in Griechenland profitiert. Solange die griechische Wirtschaft am Laufen war und Griechenland zahlungsfähig, war die Kreditvergabe nach Griechenland für die Geldinstitute ein gutes Geschäft.
Bevor also die Überschuldung festgestellt wurde, haben alle profitiert, „die Deutschen“, „die Franzosen“, „die Amerikaner“, „die Engländer“, „die Chinesen“ und eben nicht nur „die Griechen“, so wie das häufig dargestellt wird. Vielleicht ist auch die Vielzahl der Profiteure ein Grund dafür, dass die Fehlentwicklung Griechenlands bis zum Crash niemanden so recht störte.

Daher sollte aber auch bei der Frage, wie mit den Kosten dieser Blasenbildung umgegangen wird, die Konfliktlinie nicht auf der Ebene „Griechenland gegen Deutschland“ gesucht werden, zumal sich das bis hierhin Geschriebene 1:1 auf die Subprime-Kredite in den USA oder die spanische oder irische Immobilienblase übertragen lässt, mit dem einzigen Unterschied, dass dort die Verschuldung im Privatsektor stattfand. Die Konfliktlinie liegt in diesem Punkt also an einer anderen Stelle und zwar zwischen der Finanzwirtschaft und den übrigen Teilen der Gesellschaft. Die meisten Menschen und auch ich gehen davon aus, dass ein Kreditgeber einen Zins bekommt, für den er dann auch das Risiko eines Zahlungsausfalls trägt. Die Banken, die durch eine Einschränkung der Kreditvergabe die Blasenbildung in Griechenland ganz einfach hätten verhindern können, wären entsprechend in der Pflicht gewesen, die Kosten der geplatzten Kreditblase durch Abschreibung zu tragen. Das große Problem: Sie konnten es damals nicht.
Wenn man also einen Schuldigen sucht, dann ist es nicht der verschwendungssüchtige Grieche, sondern ein Finanzwesen, das zuerst eine Blasenbildung durch eine zügellose Kreditvergabe zuließ (Subprime, Spanien, Griechenland…) und dann so wenig Eigenkapital vorhielt und so schlechte Sicherungsmechanismen hatte, dass es nicht in der Lage war, die Risiken selbst zu tragen. Im Grunde haben die neoliberale De- und die technokratische Fehlregulierung des Finanzwesens in den 90ern und 2000ern weit mehr zum Entstehen der Kreditblase in Griechenland und der anschließenden Notwendigkeit der Rettung beigetragen als jede griechische Regierung.

Aber auch wenn man neben der Entstehung der Schuldenblase in Griechenland und den Folgen der schlechten Risikovorsorge der geldgebenden Banken noch auf andere Faktoren der Krise schaut, liegen die Fehler immer nur zum Teil in Griechenland. Was nützt die beste Steuerverwaltung, wenn die Unternehmen mit Steuerdumping nach Luxemburg gelockt werden, und was hilft eine angemessene Lohnpolitik, wenn andernorts Lohndumping betrieben wird? Zwar ist es auch bei diesen Punkten leicht, auf die griechische Steuer- oder Arbeitsmoral zu schimpfen, es wird aber ebenfalls weder dem Problem noch den Menschen in Griechenland gerecht.


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Hierfür stehen kurzfristig allerdings nur zwei Möglichkeiten zur Verfügung. Entweder wird der Weg der Einigung, der in der Gipfelnacht von Sonntag auf Montag eingeschlagen wurde, heute im Athener Parlament konsequent weitergegangen, so dass es ab Ende der Woche zu neuen Mittelzuflüssen von außen kommt, oder die griechische Regierung wird einseitig intervenieren müssen, um die Krise abzumildern und eine humanitäre Katastrophe abzuwenden .

Variante „Einseitige Krisenintervention“:

Hierfür müsste zunächst das Finanzwesen wieder zum Laufen gebracht werden. Um dies zu erreichen, kann Griechenland beginnen, alle insolventen Banken endgültig zu schließen und abzuwickeln, so wie dann auch die EZB die vier größten griechischen Geldinstitute, für deren Kontrolle und Abwicklung sie zuständig ist, vom Markt nehmen müsste.
Die solventen Banken, die noch über ausreichend Eigenkapital und Liquidität verfügen, können dann zeitnah wieder eröffnen, wobei weiterhin Kapitalverkehrskontrollen notwendig wären, um eine erneute Kapitalflucht aus Griechenland zu verhindern. Auch die Einführung einer Kapitalverkehrssteuer wäre eine Maßnahme, um einen erneuten Liquiditätsabfluss zu bremsen. Weitere Möglichkeiten um das Finanzwesen zu stabilisieren sind die Neugründung einer solventen staatlichen Bank, in die z.B. Staatsunternehmen, Grundstücke oder Immobilien als Sicherheiten eingelegt werden, oder die Ansiedlung solventer ausländischer Institute. Auf diese Weise kann das in den letzten Monaten eilig im Land abgehobene Bargeld durch die solventen Banken wieder in einen Geldkreislauf überführt werden.
Die Verluste der abgewickelten Banken entstehen dabei im Wesentlichen bei der griechischen Zentralbank und bei den noch vorhandenen Sparern und Kontoinhabern. Letzteren könnte aber angeboten werden, dass bei einem freiwilligen Forderungsverzicht von 30% die restlichen 70% der Sparguthaben auf eine solvente Bank übertragen werden. Griechenland bliebe damit übrigens vollwertiges Euro-Mitglied und solvente griechische Banken könnten sich weiter im Rahmen des EZB-Systems mit Geld versorgen.

Würden die insolventen Banken abgewickelt werden, bliebe der griechische Staat zumindest in diesem Punkt schadlos, weil die Banken dann nicht weiter rekapitalisiert werden müssen. Dennoch müsste Griechenland auch seine Staatsfinanzen neu ordnen, wobei ohne eine Einigung in Brüssel ein Schuldenmoratorium bzw. der Verzicht auf den Schuldendienst zwingend erforderlich wären. Überdies müsste der griechische Staat seine Liquidität und Finanzlage verbessern. Durch die Einführung einer Kapitalverkehrssteuer könnten zusätzliche Einnahmen generiert werden wie auch durch die Eintreibung von Steuerschulden im Ausland. Neben einer schnellen Abwicklung des russischen Pipeline-Deals ist die Beleihung zur Privatisierung vorgesehener Objekte eine weitere Möglichkeit, um rasch an Geldmittel zu kommen. Wenn es für 14 Flughäfen ein Angebot über 1,3 Milliarden Euro gibt, könnten diese z.B. mit 800 Mio. Euro beliehen werden. Auch die Vorausabtretung von Steuereinnahmen, ein kurzzeitiger Verkauf von Staatseigentum mit Rückkaufoption oder Sale-Lease-Back-Gestaltungen für Verwaltungsgebäude könnten Maßnahmen sein, um kurzfristig Finanzmittel zu beschaffen.

Gelingt es, das Finanzwesen zu stabilisieren und den Staatshaushalt so zu gestalten, dass nach einem Schuldenmoratorium Einnahmen und Ausgaben übereinstimmen, dürfte sich Griechenland zunächst wirtschaftlich erholen, auch wenn die Schulden, die ja einfach nicht bezahlt würden, wie ein Damoklesschwert über Griechenland hingen. Die Euromitgliedschaft und die EU-Mitgliedschaft wären dabei weiterhin existent, allerdings dürfte das Klima zwischen den Mitgliedsländern dann gänzlich vergiftet sein.

Variante „Einigung mit Brüssel“:

Sollte es hingegen gelingen, die ersten Reformen im griechischen Parlament auf den Weg zu bringen, dürfte zeitnah die EZB ihre ELA-Kredite ausweiten. Die Kapitalverkehrskontrollen sollten allerdings auch in diesem Fall bestehen bleiben, damit die griechischen Banken nicht weiterhin in dieser Geschwindigkeit ausbluten. Daneben sollte auch eine Kapitalverkehrssteuer für Auslandsüberweisungen eingeführt werden, um insgesamt den Liquiditätsabfluss zu bremsen und auch die Importe etwas zu verteuern. Dies würde die heimische Produktion beleben und dem griechischen Staat würde eine solche Steuer zusätzliches Geld einbringen, welches er dringend benötigt. Wird eine Kapitalverkehrssteuer eingeführt, sollten die dadurch zur Verfügung stehenden Mittel dazu genutzt werden, Investitionen zu fördern und den Verwaltungsapparat neu zu strukturieren.

Daneben muss in den kommenden Tagen eine Lösung für die ausstehenden Kredite bei EZB und IWF gefunden werden. Um schnell an Finanzmittel zu kommen, stehen Griechenland dieselben Maßnahmen zur Verfügung wie bei einer einseitiger Intervention. Zusätzlich sind bei einem Weg der Einigung aber auch Überbrückungshilfen der europäischen Partner möglich. In den nächsten Wochen müssen dann weitere Reformen durch das griechische Parlament umgesetzt werden, während im Gegenzug die Refinanzierung Griechenlands durch den ESM abgesichert wird.
Im weiteren Verlauf muss dann eine Schuldenumstrukturierung angepackt werden, um das Zinsniveau für Griechenland auf ein vertretbares Maß zu reduzieren. Gegebenenfalls können hierzu auch teure Kassenkredite durch langfristige ESM-Kredite abgelöst werden. Außerdem sollte in nächster Zeit über die Restrukturierung des griechischen Finanzwesens nachgedacht werden, auch wenn die Liquidität im Land vorerst durch eine Erhöhung der ELA-Hilfen abgesichert würde.


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Durch die Einführung einer z.B. bis zum 31.12.2016 befristeten Kapitalverkehrssteuer auf Auslandsüberweisungen in Höhe von 12% könnte dem massiven Liquiditätsabfluss entgegengewirkt werden und gleichzeitig die heimische Wirtschaft gefördert und damit die Handelsbilanz zum Positiven verändert werden. In einer gewissen Weise ähnelt dieses Instrument von seiner positiven Wirkung dem Grexit, ohne dabei dessen große Risiken und Nachteile zu übernehmen.

Die meisten Griechen wären von einer solchen Besteuerung nicht direkt betroffen, weil sie kein Geld ins Ausland transferieren. Betroffen wären allerdings jene Griechen die ihr Geld im Ausland in Sicherheit bringen wollen und jene Griechen, deren Kinder z.B. im Ausland studieren. Für letztere Fälle können Ausnahmegenehmigungen vergeben werden, um soziale Härten abzufedern.
Daneben sind aber auch Unternehmen oder Händler betroffen, die Waren aus dem Ausland beziehen und diese bezahlen müssen oder im Ausland Kredite bedienen oder Arbeitnehmer entlohnen müssen. Damit griechische Unternehmen, die auch im Ausland agieren oder Vorprodukte importieren und Endprodukte exportieren, keine Wettbewerbsnachteile haben, sollte diesen erlaubt werden, gesonderte Konten zu führen, auf denen Geldeingänge aus dem Ausland verbucht werden, die dann ohne Kapitalverkehrssteuer wieder ins Ausland fließen dürfen.
Damit wären die Folgen dieser Besteuerung vor allem in Griechenland selbst zu spüren, weil Importgüter wie bei einer Währungsabwertung um 12% verteuert würden. Dies führt dann zu einer Konsumverschiebung hin zu heimischen Gütern und damit zur Belebung der inländischen Produktion und zur Verbesserung der Handelsbilanz. Daneben würde eine solche Steuer dem griechischen Staat bei Importen in Höhe von grob 50 Milliarden Euro mehrere Milliarden Euro in die Kasse spülen, selbst wenn durch Ausnahmen für exportierende Unternehmen oder bei sozialen Härten nur ein Teil der Importe einer Besteuerung unterliegt.

Zwar wäre eine solche Steuer, wie auch schon die aktuellen Kapitalverkehrskontrollen in Griechenland, nicht mit der Kapitalverkehrsfreiheit zu vereinbaren und sie würde auch ein Handelshemmnis im Sinne eines Importzolls darstellen, womöglich sind allerdings auch die Handelspartner nicht ganz unglücklich. Immerhin bekämen sie nach einer solchen Besteuerung einen harten Euro anstelle einer steuerfreien, aber dafür weichen Drachme. Außerdem könnte ein fester Fahrplan für das Ende der befristeten Kapitalverkehrssteuer festgelegt werden, z.B. mit einer monatlichen Absenkung der Steuerrate um 0,25 Prozentpunkte über 4 Jahre. Dies könnte auch dazu führen, dass ausländische Unternehmen ihr Geld dann einfach vorerst in Griechenland liegen lassen, was der Liquidität des griechischen Finanzwesens ebenfalls entgegenkommen würde.

Hinzu kommen die großen Vorteile gegenüber einem echten Grexit. Die Eurozone bleibt auf diese Weise nämlich zusammen und die Einschränkungen werden in ein paar Jahren wieder aufgehoben, als ob nichts gewesen wäre. Daneben muss keine neue Währung erstellt werden und vor allem gäbe es keine Unsicherheiten und Verwerfungen durch Wechselkursschwankungen. Auch der Wert des Euro bleibt in Griechenland damit erhalten, weil er ab 2021 wieder ganz normal außerhalb Griechenlands verwendbar ist. Ein weiterer Vorteil ist, dass der Tourismus weiterhin in Euro abgewickelt werden kann und damit Kontinuität gewahrt wird. Nachdem dieser nicht in einer Krise steckt, würde ein Preisverfall durch eine Währungsabwertung vermutlich keine nachhaltige Entwicklung auslösen. Was würde es helfen, wenn jetzt vier, fünf Jahre ein zusätzlicher Tourismusboom ausgelöst wird, nur damit bei einer stärker werdenden Währung überall leere Hotelbetten rumstehen.

Insgesamt ist daher eine solche befristete Kapitalverkehrssteuer für Auslandsüberweisungen sinnvoll, weil das Wachstum in Griechenland gestärkt wird, ohne Fehlentwicklungen auszulösen, gleichzeitig die Außenhandelsbilanz verbessert, der Liquiditätsabfluss gebremst und der Euro zusammengehalten wird und ferner, weil durch eine solche Steuer dem griechischen Staat zusätzliche Finanzmittel in Milliardenhöhe verschafft werden.
Allerdings sollten mit einer solchen Maßnahme, die zu höheren Preisen von Importgütern führt, unter keinen Umständen Kürzungen im Renten- und Sozialbereich und Gesundheitsbereich einhergehen. Dies wäre aber auch nicht nötig, weil selbst bei einer niedrigen Schätzung mit zwei Milliarden Euro weit mehr Geld in die Kassen käme, als zurzeit an Kürzungen in diesem Bereich vorgesehen ist. Überdies sollte eine solche Maßnahme aber auch nicht als Normalfall in der Eurozone, sondern als absolute Ausnahme betrachtet werden.


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Dijsselbloem verkündete als Vorsitzender der Euro-Gruppe, dass das Gremium die von Tsipras gewünschte Fristverlängerung bis zum Referendum verweigert hat, woraufhin die EZB dann auch ihre ELA-Hilfen begrenzte (www.mister-ede.de – Dijsselbloem verkündet Zahlungsstopp für Griechenland). Die IWF-Kredite wurden daher bereits nicht mehr bedient, wodurch die Eurozone die Problemlösung mittlerweile sogar auf Kosten der gesamten Welt hinauszögert (www.mister-ede.de – Ausfall der IWF-Kredite an Griechenland: Eurozone lässt sich von dritter Welt aushalten). Daneben ist das griechische Finanzwesen durch die fehlende Liquidität zusammengebrochen und kann nur noch durch Kapitalverkehrskontrollen über ein paar Tage gerettet werden. Handel und Wirtschaft sind entsprechend auch zum erliegen gekommen und der Tourismus wird für dieses Jahr kräftig geschädigt.

Lange wird Griechenland diesen Zustand nicht mehr durchhalten können, weshalb nun gehandelt werden muss, wenn keine ernsthafte humanitäre Katastrophe ausgelöst werden soll – sofern es die in Teilen nicht bereits schon gibt.
Die Möglichkeiten zu handeln bleiben allerdings auf zwei Optionen begrenzt. Die eine Option sind weitere Liquiditätszuflüsse durch die geldgebenden Institutionen, sei es durch einen Notkredit, ein ausgehandeltes Hilfsprogramm oder ELA-Nothilfen. Unterbleibt dies, gibt es nur die zweite Option, nämlich einseitige Maßnahmen Griechenlands zur Stabilisierung und Restrukturierung, z.B. die Verhängung eines Schuldenmoratoriums oder eine Zwangsverwaltung für die völlig überschuldeten Banken.


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http://www.mister-ede.de/politik/ausnahmezustand-in-athen/3993/feed 0
Grexit-Angst: Merkels und Schäubles 100-Milliarden-Schaden http://www.mister-ede.de/politik/schaden-durch-grexit-angst/3792 http://www.mister-ede.de/politik/schaden-durch-grexit-angst/3792#comments Mon, 30 Mar 2015 09:48:38 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=3792 Weiterlesen ]]> Noch bevor es zur Wahl in Griechenland kam, verunsicherte die Regierungstruppe von Angela Merkel die Eurozone durch eine Grexit-Debatte. Die hieraus resultierenden Kosten können nach heutigem Stand mit rund 100 Milliarden Euro bei steigender Tendenz angegeben werden, also mit der Summe, die laut Tagesschau, die sich auf Meldungen griechischer Zeitungen beruft, von griechischen Sparern wegen eines befürchteten Grexits in den letzten Wochen und Monaten aus dem Land gebracht wurde [1].
So wie einst Draghi die Zinskosten der Eurozone durch sein simples Statement um Milliardenbeträge senken konnte, so schafften es Merkels Kabinett und insbesondere das Gepolter von Schäuble, die Krisenkosten schlagartig wieder um Milliarden zu erhöhen. Und eines ist gewiss: Nachdem Griechenland diese Kosten zurzeit nicht tragen kann, werden im Falle eines griechischen Zusammenbruchs z.B. die deutschen Steuerzahler über die jüngst deutlich angestiegenen Target2-Deffizite Griechenlands den von Teilen der Bundesregierung ohne Not verursachten Milliarden-Schaden ausbaden müssen.

Damit ist die von Schäuble mit Billigung Merkels initiierte Kakophonie das teuerste politische Schauspiel der letzten Jahre. Daneben wird aber auch immer offensichtlicher, dass die schwarze Null der Bundesregierung nichts weiter ist als die potemkinsche Fassade, hinter der sich die Milliardenverluste aus der verfehlten Euro-Rettungspolitik verbergen. Und wenn nun jemand sagt, aber Varoufakis hat doch auch gezündelt, dann muss schon klar festgestellt werden, dass Varoufakis noch gar nicht Finanzminister war, als in Deutschland der Grexit schon als „verkraftbar“ dargestellt wurde. Außerdem muss für eine tatsächliche Bewertung des Verhaltens der neuen griechischen Regierung eine gehörige Menge an falschen oder aus dem Zusammenhang gerissenen Zitaten, die hierzulande in den Medien auftauchten, abgezogen werden.
Verantwortlich für die Angst vor dem Grexit ist deshalb nicht Syriza, die sich ja bereits im Wahlkampf gegen das Verlassen der Währungsunion aussprach, sondern sind die Stimmungsmacher aus Berlin, die sich mit dieser zum Teil populistischen Verachtung gegenüber Griechenland vor einer realistischen Betrachtung der Eurokrise drücken.


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[1] Artikel der Tagesschau vom 28.03.2015 (Link zum Artikel auf www.tagesschau.de)

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http://www.mister-ede.de/politik/schaden-durch-grexit-angst/3792/feed 0
Eurokrise: FAQ zur Griechenland-Krise und zur aktuellen Lage http://www.mister-ede.de/politik/faq-zur-griechenland-krise/3732 http://www.mister-ede.de/politik/faq-zur-griechenland-krise/3732#comments Mon, 23 Mar 2015 19:28:43 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=3732 Weiterlesen ]]> Der nachfolgende Katalog dient zur Beantwortung der wesentlichen Fragen rund um die Griechenland-Krise mit Blick sowohl auf die Krisenentwicklung der Vergangenheit als auch auf die aktuelle Situation und mögliche Szenarien.

Übersicht der FAQ zur Griechenland-Krise:

1) Was hat die Situation in Griechenland ausgelöst?

a) Sind die griechischen Regierungen der Vergangenheit schuld an der aktuellen Situation in Griechenland?
b) Ist die Gemeinschaftswährung schuld an der Krise in Griechenland?
c) Ist die Austeritätspolitik schuld an der aktuellen Situation?
d) Ist die fehlende politische Integration innerhalb der EU schuld an der Situation?
e) Ist die Bankenrettung schuld an der Krise in Griechenland?

2) Warum wurden 2010 die griechischen Gläubiger durch Hilfskredite an Griechenland geschützt?

a) War die Griechenland-Hilfe eine verdeckte Bankenrettung?
b) Warum wurden die Banken gerettet?
c) Hat die Bankenrettung Auswirkungen auf die gesamtwirtschaftliche Situation in Griechenland oder der Eurozone?

3) Was spricht für einen Schuldenschnitt?

4) Was spricht gegen einen Schuldenschnitt?

5) Was bedeutet ein Schuldenschnitt Griechenlands heute?

a) Was sind die Unterschiede bei einem Schuldenschnitt heute zu einem Ausfall 2010?
b) Haben sich die Hilfskredite an Griechenland bisher für die Eurozone gelohnt?
c) Welche Auswirkungen hätte ein Schuldenschnitt oder ein Ausfall Griechenlands aktuell?

6) Wie könnte eine Alternative zu einem Schuldenschnitt aussehen?

a) Wer zahlt bei einer Verlängerung des Kreditprogramms für wen?
b) Wie könnte eine Schuldenumstrukturierung gelingen?

7) Was spricht für einen Grexit?

8) Was spricht gegen einen Grexit?

9) Welche Auswirkungen hätte ein Grexit heute?

10) Wie ist die griechische Krise innerhalb der Finanzkrise zu verorten?

11) Wie könnten Auswege aus der verfahrenen Situation aussehen?

a) Wie kann das aktuelle Liquiditätsproblem Griechenlands gelöst werden?
b) Wie können die Kosten von Hilfsmaßnahmen bzw. der Schaden möglichst gering gehalten werden?
c) Welche Rolle kann die Geldpolitik der EZB bei der Überwindung der Krise spielen?
d) Welche Anpassungen in der Eurozone könnten Griechenland helfen?
e) Wie kann die Konjunktur in Griechenland belebt werden?

12) Ist die Eurozone gerettet, wenn Griechenland gerettet ist?

FAQ zur Griechenland-Krise:

1) Was hat die Situation in Griechenland ausgelöst?

a) Sind die griechischen Regierungen der Vergangenheit schuld an der aktuellen Situation in Griechenland?

Ja und nein. In Griechenland gab es bereits vor 2010 erhebliche Versäumnisse, die zwar durch die Gemeinschaftswährung begünstigt wurden, allerdings in der Verantwortung der damaligen griechischen Regierungen lagen. Ebenso wurden nach 2010 zahlreiche Fehler begangen, die von den griechischen Regierungen mit zu verantworten sind. Ab diesem Zeitpunkt spielte für die Fehlentwicklung des Landes jedoch auch eine ziemlich erfolglose Rettungspolitik, welche Dynamiken der Währungsunion verkannte und damit zum Teil eine tiefgehende Rezession beförderte, eine nicht unerhebliche Rolle.

b) Ist die Gemeinschaftswährung schuld an der Krise in Griechenland?

Die Gemeinschaftswährung hat die Verschuldung Griechenlands und auch die Auseinanderentwicklung der Wettbewerbsfähigkeit in der Eurozone begünstigt. Dies gilt auch für Fehlentwicklungen in anderen Ländern, z.B. für die Immobilienblase in Spanien. Dennoch hätten die griechischen oder spanischen Regierungen durchaus gegensteuern können, weshalb die Gemeinschaftswährung für sich alleine genommen nicht die Ursache der Eurokrise ist.

c) Ist die Austeritätspolitik schuld an der aktuellen Situation?

Nicht nur in Griechenland, sondern insgesamt hat der einseitige Spar- und Kürzungskurs die Krise in der Eurozone vor allem durch das Fehlen ausgleichender Investitionsimpulse mehr verstärkt als abgemildert. Jedoch handelt es sich bei der Austeritätspolitik eher um eine unglückliche Reaktion auf die durch das Auseinanderlaufen von Wettbewerbsfähigkeit und Bonität vorhandene Eurokrise im Jahr 2010. Die Austeritätspolitik hat damit zwar vor allem in Griechenland die Krise durch ihre Einseitigkeit und Überdosierung verstärkt, sie hat sie aber nicht primär verursacht.

d) Ist die fehlende politische Integration innerhalb der EU schuld an der Situation?

Die mangelnde politische Integration macht sich im europäischen Binnenmarkt deutlich bemerkbar, weil z.B. durch Steuerdumping, Lohndumping oder Umweltschutzdumping Standortvorteile innerhalb der EU geschaffen werden können. Zwar beschränkt sich diese Problematik nicht nur auf den Euro-Raum, dennoch trägt die fehlende politische Integration damit auch zur aktuellen Situation in Griechenland bei. Daneben können sich durch solche Gestaltungen, die z.B. auf Wettbewerbsvorteile im Bereich des Lohns abzielen, jene Größen auseinanderentwickeln, bei denen eigentlich eine Konvergenz für das Funktionieren der Währungsunion notwendig wäre, wie z.B. bei den Lohnstückkosten.

e) Ist die Bankenrettung schuld an der Krise in Griechenland?

Speziell in Griechenland hat die erste Bankenrettung in der Zeit der Bankenkrise von 2008/2009 einen kleineren Anteil an der krisenhaften Situation. Anders als vor allem im Falle Irlands, das erhebliche Summen zur Bankenrettung aufbringen musste, lagen die Ursachen für die enormen griechischen Haushaltsdefizite und Schulden zu einem großen Teil in Griechenland selbst.
Im Verlauf der Griechenlandkrise von 2010 setzte jedoch durch die Hilfsmaßnahmen zum Teil eine erneute Bankenrettung ein. So wurde von den mehreren hundert Milliarden Euro an Griechenlandhilfen nur ein kleinerer Teil zur Überbrückung von Haushaltsdefiziten eingesetzt, während ein weit größerer Teil für die Rückzahlung der griechischen Verbindlichkeiten und damit einer Gläubigerrettung aufgewendet wurde. Allerdings kann für jene Hilfskredite, die in die Bankenrettung flossen, festgestellt werden, dass sie keinerlei Schaden für Griechenland verursacht haben. Ob die an Griechenland vergebenen Kredite durch einen Schuldenschnitt abgeschrieben werden oder ob der Rest der Eurozone die Ablösung der alten Kredite durch neue Hilfskredite übernimmt, macht für Griechenland kaum einen Unterschied und, gesamtwirtschaftlich betrachtet wie unter Punkt 2c), noch nicht mal für die Eurozone.

2) Warum wurden 2010 die griechischen Gläubiger durch Hilfskredite an Griechenland geschützt?

a) War die Griechenland-Hilfe eine verdeckte Bankenrettung?

Zu einem großen Teil war sie das, zu einem kleineren Teil auch nicht, denn tatsächlich wurden auch die Haushaltsdefizite der Jahre 2010 bis heute mitfinanziert. Daneben wurden durch einen teilweisen Schuldenschnitt auch die bisherigen Gläubiger beteiligt, wodurch die Bankenrettung zumindest ein wenig begrenzt wurde.

b) Warum wurden die Banken gerettet?

Nach den Erfahrungen des Zusammenbruchs von Lehman und der Tatsache, dass sich der Finanzsektor in der Eurozone 2010 noch immer in einer erheblichen Schieflage befand, wäre eine Pleite Griechenlands für die Stabilität des Finanzmarkts in der Eurozone gefährlich gewesen. Daneben wäre eine Staatspleite Griechenlands angesichts der Liquiditätskrise einiger Euro-Mitgliedsstaaten mit Gefahren für das gesamte Eurosystem verbunden gewesen. Die verdeckte Bankenrettung war daher mit Hinblick auf die Stabilisierung der Eurozone eine erfolgreiche Maßnahme der durchgeführten Krisenpolitik.

c) Hat die Bankenrettung Auswirkungen auf die gesamtwirtschaftliche Situation in Griechenland oder der Eurozone?

Für Griechenland ist es relativ unerheblich, ob es seinen Schuldendienst aufgrund eines Schuldenschnitts oder wegen einer Zwischenfinanzierung z.B. durch den ESM zurzeit nicht leisten muss. Etwas größeren Einfluss hat die Rettung der Banken jedoch für die übrige Eurozone, weil durch die weitgehende Übernahme der Verbindlichkeiten die Gläubiger nicht mehr Banken oder Versicherungen, sondern nunmehr die Steuerzahler sind.
Im Gesamten betrachtet, macht dies aber einen deutlich kleineren Unterschied als man sich das zunächst denkt, weil zum Beispiel Banken ihre Verluste über die Jahre zu Lasten der Steuereinnahmen abschreiben würden. Für den Fiskus macht es insoweit also keinen Unterschied, ob er nun über die nächsten Jahre geringere Steuereinnahmen erzielt oder ob er zusätzliche Verbindlichkeiten trägt. Und auch für die Bürger macht es kaum einen Unterschied, ob sie nun dem Staat über Steuern oder den Banken über die Gebühren die Verluste ersetzen müssen, die bei einem endgültigen Ausfall Griechenlands entstehen.

3) Was spricht für einen Schuldenschnitt?

Für einen Schuldenschnitt spricht die Tatsache, dass für Griechenland die Verbindlichkeiten der Vergangenheit dann nicht mehr im Raum stehen. Griechenland könnte auf diese Weise eine verbesserte Perspektive haben, die sich auf die Konjunktur positiv auswirkt.

4) Was spricht gegen einen Schuldenschnitt?

Gegen einen Schuldenschnitt spricht die Tatsache, dass für Griechenland die Verbindlichkeiten der Vergangenheit dann nicht mehr im Raum stehen. Dies könnte Forderungen anderer Krisenländer aufwerfen und würde eine Ungerechtigkeit gegenüber jenen darstellen, die wie im Falle Irlands den erheblichen Druck durch die angehäuften Verbindlichkeiten zurzeit aushalten, oder jenen, die dann für die Schulden Griechenlands einspringen müssten, wie z.B. Deutschland.

5) Was bedeutet ein Schuldenschnitt Griechenlands heute?

a) Was sind die Unterschiede bei einem Schuldenschnitt heute zu einem Ausfall 2010?

Gegenüber dem Zustand von 2010 hat sich im Wesentlichen nur die Zusammensetzung der Gläubiger geändert und hinzugekommen sind noch ein paar griechische Defizite der letzten fünf Jahre, die in dieser Zeit aber zumindest kräftig zurückgegangen sind. Berücksichtigt man, dass, wie unter Punkt 2c) dargestellt, die Verschiebung bei den Gläubigern für die Mehrheit der Bürger nur eine geringe oder gar keine Auswirkung hat, weil z.B. Bankverluste auch wieder zu weniger Steuereinnahmen führen, dann hat sich für die Eurozone die Lage nur wenig verändert. Eine Pleite Griechenlands kostet die Bürger der an den Hilfspaketen beteiligten Länder Geld, weil dieses abgeschrieben werden muss.
Verändert hat sich allerdings die Situation in der Eurozone selbst. Heute hätte ein Schuldenschnitt zwar noch immer deutliche Konsequenzen, dennoch dürften diese nicht mehr ganz so gravierend sein wie noch 2010, als ein Ausfall Griechenlands zu massiven zusätzlichen Kosten, z.B. durch Bankenstützungsmaßnahmen im Rest der Eurozone, geführt hätte.

b) Haben sich die Hilfskredite an Griechenland bisher für die Eurozone gelohnt?

Ja! Bei einem Ausfall Griechenlands 2010 wären neuen Bankenrettungen notwendig geworden und auch die Krisenkosten für andere Krisenländer, z.B. Spanien oder Portugal, wären noch einmal erheblich angestiegen, weil das Vertrauen in die Eurozone dann gänzlich erschüttert gewesen wäre. Vor diesem Hintergrund hat das Verschieben des Schuldenschnitts auf einen späteren Zeitpunkt der Eurozone deutlich Kosten erspart, die weit über das Volumen der Staatsverschuldung Griechenlands hinausgegangen wären. Somit haben sich die Hilfskredite, für die nicht viel mehr als Bürgschaften notwendig waren und die dann zu einem großen Teil wieder zurück in den europäischen Finanzsektor flossen, tatsächlich gelohnt.

c) Welche Auswirkungen hätte ein Schuldenschnitt oder ein Ausfall Griechenlands aktuell?

Würde Griechenland heute Ausfallen, hätte dies zunächst Auswirkungen auf die Hilfskredite, die dann uneinholbar verloren sind, was für die Staatsschulden Griechenlands allerdings auch schon 2010 bei einem Staatsbankrott gegolten hätte.
Zusätzlich könnte eine Staatspleite heute aber auch noch insoweit Auswirkungen haben, als dann Spekulation um das nächstschwächere Glied in der Euro-Kette wieder entflammen könnten, zumal gerade bei der Schuldenentwicklung und den Zinsdivergenzen in der Eurozone noch immer stabilisierende Maßnahmen fehlen. Daneben könnte die Währungsunion bei einem gleichzeitigen Euroaustritt Griechenlands einen neuerlichen Vertrauensverlust mit negativen Folgen für alle Euroländer erleiden.

6) Wie könnte eine Alternative zu einem Schuldenschnitt aussehen?

a) Wer zahlt bei einer Verlängerung des Kreditprogramms für wen?

Wenn Griechenland zurzeit z.B. die Kredite gegenüber dem IWF bedient, dann zahlt es diese mit Finanzmitteln aus Hilfsprogrammen zurück. Allgemein gesprochen, zahlt der ESM (bzw. die EFSF) damit an den IWF und auch an andere private Gläubiger Griechenlands. Führt man die Schuldenumstrukturierung über den ESM weiter fort, dann zahlt irgendwann der ESM über den Umweg Griechenland an sich selbst. Bei einer vollständigen Finanzierung durch die Geberländer hätte dann sogar die Höhe der Zinssätze keinerlei Einfluss mehr auf deren Finanzsituation, weil das Geld damit, bildlich gesprochen, nur aus der linken in die rechte Hosentasche wandern würde. Deutschland bürgt für den ESM, der sich das Geld z.B. bei einer deutschen Bank leiht und dieses an Griechenland weiterreicht, welches mit dem Geld dann wieder die Kredite des ESM samt Zinsen bedient und der ESM kann damit wieder seine Gläubiger, z.B. eine deutsche Bank, auszahlen. Ein Nullsummenspiel.

b) Wie könnte eine Schuldenumstrukturierung gelingen?

Auch wenn es sich um einen Art Taschenspielertrick handelt, sollte dieser Weg gegangen werden, solange sich Griechenland in der Restrukturierungsphase befindet. Wird beim ESM vorerst auf eine Tilgung verzichtet und wird ein geringer Zinssatz gewählt, der, wie unter Punkt 6a) dargestellt, auf die Gesamtsituation eigentlich keinen Einfluss hat, dann steigen die Verbindlichkeiten Griechenlands gegenüber dem ESM entsprechend langsam an. Gelingt es gleichzeitig, den Haushalt Griechenlands so zu gestalten, dass der Primärüberschuss ausreicht, um die Zinsforderungen der privaten Gläubiger zu bedienen, könnte damit kurz- bis mittelfristig die teilweise Schuldentragfähigkeit Griechenlands abgesichert werden.
Wie zu einem späteren Zeitpunkt mit den ESM-Verbindlichkeiten umgegangen wird, kann dann zum Beispiel von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängig gemacht werden. Gelingt es, über Konvergenzprogramme der EU und über die richtigen Reformen in Griechenland die Konjunktur zu beleben, würde bei einem nominalen Wachstum (reales Wachstum plus Inflation), das über dem durchschnittlichen Zinssatz liegt, die Verschuldung sinken.

7) Was spricht für einen Grexit?

Für einen Grexit spricht die Möglichkeit, durch Währungsanpassungen die Fehlentwicklungen bei der Lohnauseinanderentwicklung leicht auf einen Schlag lösen zu können. Vor allem im Bereich Tourismus könnte dieser Ansatz schnell zu Erfolg führen, weil damit die Preise durch einen günstigeren Wechselkurs für Touristen aus aller Welt attraktiver werden. Daneben ist innerhalb des Euro eine solche Anpassung nur über einen längeren Prozess möglich, der auch Veränderungen in Ländern mit einer niedrigeren Lohnstückkostenentwicklung, z.B. in Deutschland, erfordert.

8) Was spricht gegen einen Grexit?

Gegen einen Grexit spricht zunächst, dass dieser gegen den Willen Griechenlands nur schwierig zu vollziehen ist. Daneben dürfte die schnelle Anpassung der Währung an das für das Land angemessene Niveau verheerende Folgen für Griechenland haben.
Alle Importwaren würden sofort erheblich teurer, während z.B. eine Belebung der heimischen landwirtschaftlichen Produktion erst mit Verzögerung erfolgen würde. Zahlreiche weitere wichtige Importgüter, seien es Autos und Öl, Medizin und Maschinen oder Chemieprodukte, wie z.B. Düngemittel, würden für die Griechen erheblich teurer.
Daneben dürften auch die Unternehmen schneller pleitegehen als sie wettbewerbsfähig werden. Sofern nämlich die Verbindlichkeiten der Unternehmen in Euro beibehalten werden, gleichzeitig aber die Umsätze jener griechischen Anbieter, die stark auf das Inland ausgerichtet sind, mit der Währungsabwertung massiv einbrechen, müssen die Unternehmen reihenweise Insolvenz anmelden. Auch Unternehmen, die einen hohen Aktivbestand z.B. bei Aktien oder Immobilien halten, droht bei der außerordentlichen Abschreibung auf die dann in griechischer Währung bewerteten Vermögenswerte die Insolvenz. Aber nicht nur Unternehmen, sondern auch jene griechischen Privatpersonen, die einen Kredit in Euro aufgenommen haben, z.B. für ein Haus, werden diesen in vielen Fällen bei einem Verfall der in Landeswährung gerechneten Einkommen nicht mehr bedienen können. Damit drohen Privatinsolvenzen, Unternehmenspleiten und Bankenpleiten, weshalb es bei einem Verlassen der Währungsunion vermutlich nicht zu der angestrebten Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit kommt, sondern, vielleicht mit Ausnahme der Tourismusbranche, zu einem weiteren großflächigen Absturz der griechischen Wirtschaft.
Daneben würden bei einem Grexit aber auch alle Unternehmensinvestitionen aus dem Ausland, z.B. Filialen oder Tochterunternehmen, nur noch einen Bruchteil ihres Wertes darstellen oder wären in manchen Fällen sicherlich gar nichts mehr wert, wenn z.B. aufgrund der zurückgehenden Umsätze (in Euro gerechnet) mit den Investitionen künftig keine Gewinne mehr eingespielt werden können.

9) Welche Auswirkungen hätte ein Grexit heute?

Geht man davon aus, dass das unter Punkt 8) dargestellte Szenario, also ein weiterer Absturz, die Folge ist, wäre dies ein verheerendes Zeichen für die EU im Ganzen und die Eurozone im Speziellen. Neben der dann aufkommenden Frage, ob damit insgesamt der Euro oder vielleicht sogar die EU gescheitert sind und den daraus möglicherweise resultierenden Spekulationen, müsste auch ein erheblicher ökonomischer Schaden getragen werden. So müssten im Falle eines Grexits Abschreibungen auf die Staatsschulden, auf die Verbindlichkeiten der griechischen Notenbank sowie auf sonstige ausländische Kredite oder Investitionen vorgenommen werden, womit sich die Gesamtsumme der dann notwendigen Abschreibung im Bereich von mehreren hundert Milliarden Euro bewegt.

Unterstellt man hingegen, dass Griechenland nach einem Grexit , wie unter Punkt 7) dargestellt, wieder auf die Beine kommt, könnten sich dann auch andere Mitglieder für einen solchen Weg interessieren, der am Ende natürlich immer darauf hinausläuft, dass die Kosten eines Austritts von den verbleibenden Euro-Mitgliedern getragen werden müssen.
Es besteht bei einem Austritt also das Dilemma, dass entweder nicht genügend abgeschrieben und geholfen wird und in der Folge Griechenland von seinem jetzigen Niveau noch weiter abstürzt oder in ausreichendem Maß abgeschrieben und geholfen wird und Griechenland ein Neustart gelingt, wodurch ein Nachahmer-Effekt entstehen könnte.

10) Wie ist die Griechische Krise innerhalb der Finanzkrise zu verorten?

Teilt man die Finanzkrise in Banken- und Eurokrise ein, dann ist Griechenland im Wesentlichen von der Eurokrise betroffen und als schwächstes Glied in der Kette der Euro-Staaten ist es das am stärksten betroffene Land. Für die Eurozone liegen allerdings weit größere Risiken in Italien oder bei der Arbeitslosigkeit von über 20% auch in Spanien. Für sich alleine genommen ist Griechenland bezogen auf die Eurokrise wegen seiner Größe also ein kleineres Problem.
Allerdings dürfte die Entwicklung in Griechenland dennoch einen erheblichen Einfluss darauf haben, als wie sicher und stabil die Eurozone künftig empfunden wird. Gerade vor dem Hintergrund anderer großer Gefahren für die Eurozone, könnte ein negativer Ausgang in Griechenland damit durchaus heftige Folgen für die Währungsunion im Gesamten haben.

11) Wie könnten Auswege aus der verfahrenen Situation aussehen?

a) Wie kann das aktuelle Liquiditätsproblem Griechenlands gelöst werden?

Das aktuelle Liquiditätsproblem besteht vor allem darin, dass Griechenland noch immer zahlreiche Gläubiger neben dem ESM bedienen muss. Nachdem die ESM-Kredite lange laufen und auch eine günstige Verzinsung vorgesehen ist, kann hier nicht mehr viel unternommen werden. Allerdings könnte der ESM mit einem Bruchteil seiner bisherigen Hilfsleistungen die Refinanzierung, z.B. bis zum 31.12.2016, sicherstellen. Würde eine solche Kreditleistung an die Rückzahlungszeitpunkte geknüpft, könnte aus Sicht der Geldgeber auch eine Zweckentfremdung ausgeschlossen werden. Zusätzlich könnte mit günstigen Konditionen, z.B. einem Zinssatz von 1% und weitgehender Stundung, die durchschnittliche Zinslast und Liquiditätsbelastung für Griechenland gesenkt werden.
Wäre die Rückzahlung der Kredite bis Ende 2016 abgesichert und würde Griechenland einen Primärüberschuss erwirtschaften, mit dem es die Zinsen der verbleibenden privaten Gläubiger bedienen kann, wäre die Liquidität vorerst auf niedrigem Niveau gesichert. Daneben würden sich durch die Stundungsmodalitäten und die günstigen Konditionen des ESM mit der Zeit Spielräume ergeben, die zur Belebung der Konjunktur genutzt werden können, wodurch das Liquiditätsproblem am nachhaltigsten beseitigt würde.

b) Wie können die Kosten von Hilfsmaßnahmen bzw. der Schaden möglichst gering gehalten werden?

Wie unter Punkt 6a) dargestellt, macht es in der jetzigen Situation wenig Unterschied, ob die Rückzahlung verschoben wird oder ob Griechenland Geld für die Rückzahlungen zur Verfügung gestellt wird. Lediglich ein endgültiger Verzicht auf die Rückzahlung, also ein Schuldenschnitt, würde sofortige Kosten verursachen, die ansonsten durch günstige Zinskonditionen an Griechenland erst über Jahre verteilt entstehen würden. Um Folgekosten möglichst gering zu halten, sollte daher nicht auf einen Schuldenschnitt, sondern auf eine möglichst lange Verteilung und eine Kreislösung mit geringer Verzinsung gesetzt werden. Hierdurch könnte bei einer Konjunkturbelebung in Griechenland zumindest ein Teil der Summe recht einfach wieder in den regulären Schuldendienst integriert werden.
Um die politischen und ökonomischen Kosten möglichst gering zu halten, sollte daneben auf einen Ausstieg Griechenlands aus der Währungsunion verzichtet werden.

c) Welche Rolle kann die Geldpolitik der EZB bei der Überwindung der Krise spielen?

Insgesamt wird durch die Geldpolitik der EZB das Zinsniveau für Staatsanleihen äußerst niedrig gehalten, wodurch Spielräume bei der Überwindung der Verschuldungsproblematik entstehen. Daneben führt die Abwertung des Euro zu Preisvorteilen im Standortwettwebwerb, die zum einen zu einer Belebung der Konjunktur beitragen können und die zum anderen genutzt werden könnten, um Konvergenzmaßnahmen in wettbewerbsstarken Euro-Staaten abzufedern.

d) Welche Anpassungen in der Eurozone könnten Griechenland helfen?

Kernursachen der Eurokrise waren Divergenzen bei der Wettbewerbsfähigkeit und der Bonität. Maßnahmen außerhalb Griechenlands, die zu einer Konvergenz innerhalb der Eurozone führen, helfen Griechenland daher automatisch und Spielräume für solche Maßnahmen gibt es aktuell durch die EZB-Politik. Im Bereich der Wettbewerbsfähigkeit könnten somit z.B. in Deutschland über die nächsten fünf Jahre Reallohnsteigerungen um die 2,0% und ein Inflationsziel von 2,5 – 3,0% angestrebt werden, ohne an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren, weil der Euro von der EZB zurzeit schwach gehalten wird.
Daneben könnten ausgleichende Maßnahmen dort helfen, wo Unterschiede über Konvergenzprogramme nur langsam abgebaut werden oder konjunkturelle Unterschiede bestehen. Ausgleichzahlungen bei hoher Arbeitslosigkeit würden neben anderen Krisenländern besonders auch Griechenland nutzen, während ein Zinsausgleich durch die jetzt schon zum Teil günstigen Konditionen für Hilfskredite, kaum einen Nutzen für Griechenland hätte, dafür allerdings für Italien, Spanien, Irland oder Portugal.

e) Wie kann die Konjunktur in Griechenland belebt werden?

Lässt man einen Zinsausgleich oder einen Arbeitslosenausgleich, also Transferzahlungen, die eine tiefergehende politische Integration erfordern, beiseite, könnte eine Konjunkturbelebung folgende Bestandteile haben. Mit Hilfe eines Refinanzierungsprogramms, wie unter Punkt 6a) angesprochen, könnten die Liquiditätsprobleme bis Ende 2016 beseitigt werden. Gleichzeitig kann auch schon in der aktuellen Struktur der Währungsunion auf eine Anpassung, im Sinne einer Stärkung der Binnennachfrage in den wettbewerbsstarken Staaten, gesetzt werden. Hiermit sollte ein gutes Fundament gelegt sein, so dass dann die Frage ist, wie schnell und wie erfolgreich die neue griechische Regierung bei der Umsetzung der notwendigen Reformen ist.
Gelingt es zügig, die Steuerverwaltung und Kontrolle in einen adäquaten Zustand zu bringen, daneben auch EU-Fördergelder für Investition abzurufen und durch Privatisierungen sowohl Investitionen ins Land als auch Verkaufserlöse in den Staatshaushalt zu bringen, erscheint ein kleiner Primärüberschuss noch für 2015 möglich. Hierfür muss aber in den nächsten ein, zwei Wochen die Zeit der Ungewissheit für Griechenland vorbei sein, so dass die Tourismus-Saison voll ausgeschöpft werden kann. Würde sich auf diese Weise für 2015 zumindest eine schwarze Null vor Zinsen ergeben, würden automatisch für 2016 neue Spielräume entstehen.

12) Ist die Eurozone gerettet, wenn Griechenland gerettet ist?

Die Hauptprobleme in der Eurozone liegen in den drei Ländern Frankreich, Spanien und Italien. Frankreich droht in eine erhebliche Schieflage zu geraten, wenn die Konjunktur in der Eurozone oder die Weltkonjunktur nicht kräftig anzieht und nach beidem sieht es nicht aus. Italien ist bei stagnierender Wirtschaft und wachsendem Schuldenberg schon längst schwer angeschlagen und auch in Spanien geht es nur in Minischritten aus der Talsohle heraus und auch dies noch immer nur zum Preis wachsender Schulden. Selbst wenn Griechenland vorerst gerettet wird, ist die Eurokrise also noch lange nicht gelöst.


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