Glossar: Nominal- und Realwerte bei Staatsschulden

Für eine Betrachtung von Staatsschulden können Nominalwerte oder Realwerte herangezogen werden. Außerdem können diese Werte zu verschiedenen Zeitpunkten betrachtet werden.

Nominalwert / Realwert:

Vergleicht man Güter und Geld, so haben Güter immer ihren realen Sachwert, jedoch keinen festen Nominalwert, während umgekehrt Geld immer seinen Nominalwert, jedoch keinen festen Realwert hat. Ein 10-Euro-Schein oder ein Bankguthaben in Höhe von 10 Euro hat also immer den nominalen Wert von 10 Euro, egal wie viele Äpfel man davon kaufen kann. Hingegen hat ein Apfel immer den realen Wert eines Apfels, egal wie teuer dieser ist. Der Nominalwert eines Gutes (z.B. Apfel) wird gemeinhin als Preis bezeichnet und der Realwert des Geldes als Kaufkraft.

Analog hierzu haben auch Staatsschulden einen nominalen Wert (100 Euro) und einen realen Wert (Anzahl Äpfel / Kaufkraft).

Betrachteter Zeitpunkt:

Für die Höhe von Staatsschulden spielt neben der Frage, ob auf den Nominalwert oder Realwert (Kaufkraft) abgestellt wird, vor allem der betrachtete Zeitpunkt eine Rolle. Leiht sich ein Staat heute 100 Euro für ein Jahr zu 5% Zinsen, so muss er nach einem Jahr 105 Euro zurückzahlen. In Abhängigkeit vom betrachteten Zeitpunkt liegt damit die Schuldenlast nominal bei 100 bzw. 105 Euro.
Auf Ebene der Realwerte muss zusätzlich berücksichtigt werden, dass sich der Realwert des Geldes im Laufe der Zeit ändert, z.B. durch Preissteigerungen (Inflation) abnimmt. Liegt die jährliche Inflationsraten bei 2%, dann sind die 105 Euro in heutiger Kaufkraft ausgedrückt real 105 Euro / 1,02 = ca. 102,94 Euro wert. Dieser Wert stellt damit den Realwert dieser Schulden zum Zeitpunkt der Fälligkeit dar.
In Abhängigkeit vom betrachten Zeitpunkt besteht also durch die Kreditvereinbarung nominal eine Schuldenlast von 100 Euro bzw. 105 Euro und real entsprechen die Schulden bei einer Inflation von 2% einer Kaufkraft von 100 Euro bzw. nach einem Jahr 102,94 Euro.

Wirkung von Zins und Inflation auf den Realwert von Schulden:

Werden die Staatsschulden eines Landes unter der Prämisse eines ausgeglichenen Primärsaldos betrachtet, dann gilt, dass sich der Realwert bei einem Zinssatz in Höhe der Inflationsrate nicht verändert. Liegt der Zinssatz über der Inflationsrate, so steigt der Realwert der Schulden mit der Zeit an, liegt er darunter, reduziert sich der Realwert der Schulden im Laufe der Zeit. Im obigen Beispiel liegt der Zinssatz mit 5% über der Inflationsrate von 2% weshalb die Staatsschulden ansteigen. Bei einer Inflationsrate in Höhe von 5% läge der Realwert hingegen auch nach einem Jahr unverändert bei 100 Euro (105 Euro / 1,05 = 100 Euro). Bei einer Inflation in Höhe von 10% würde der Realwert der Schulden sogar auf 105 Euro / 1,10 = ca. 95,45 Euro sinken.

Die Wirkung von Zins, Inflation und Wachstum auf die Staatsschuldenquote (www.mister-ede.de – 10.08.2015)

Kapitalwert:

Der Kapitalwert nimmt, im Gegensatz zum Nominal- bzw. Realwert, nicht die Staatsschulden an sich in den Blick, sondern die Gewinnerwartung des Investors. Geht man von einer vollständigen Finanzierung der Kreditvergabe durch Eigenmittel des Geldgebers aus und wird außer einem Inflationsausgleich auf eine Mindestrendite verzichtet, so berechnet sich der Kapitalwert, indem vom künftigen Realwert der Staatsschulden (z.B. 102,94 Euro) der vorherige Auszahlungsbetrag (z.B. 100 Euro) abgezogen wird. Der Kapitalwert der obigen Kreditvereinbarung würde unter diesen Prämissen dann bei 2,94 Euro liegen. Der Kreditgeber würde also 2,94 Euro mehr Kaufkraft zurückerhalten, als er verliehen hat.

Nachdem jedoch bei der Berechnung des Kapitalwertes üblicherweise Finanzierungskosten oberhalb des Inflationsausgleichs und auch eine interne Renditeerwartung des Investors zu berücksichtigen sind, verschiebt sich dieser Kapitalwert dann unabhängig vom tatsächlichen Wert der Schulden.
Geht ein Unternehmen, z.B. wegen einer hohen Renditeerwartung, von Kapitalkosten in Höhe von 6% aus, kann eine Kreditvergabe zu 5% Zinsen nie zu einem positiven Kapitalwert führen, auch wenn die Schulden für den Kreditnehmer nominal und real ansteigen würden.


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