Die Liberalisierung des Glücksspielmarktes

Am 15.12.2011 haben sich 15 Bundesländer auf einen neuen Glücksspielstaatsvertrag geeinigt. Hierdurch sollen ab Mitte dieses Jahres 20 Sportwettanbieter zugelassen werden [1]. Ich halte die Lösung für zu klein und vor allem nicht an die Internetzeit angepasst. Zudem wird von der EU Kritik geäußert [2]. Außerdem empfinde ich die Steuerbeträge als unverantwortlich niedrig. Im Folgenden werde ich daher meine Ideen zur Liberalisierung des Sportwetten-, Wett-, Lotterie- und Glückspielmarktes darstellen weil ich die bisherigen Gesetze für nicht wohlstandsfördern halte, und das Geplante für nicht besser. Unter anderem, wird das Internet weiter das Glücksspiel aus dem deutschen Rechtsraum verlagern.

Nach einer Zieldefinition, zeige ich konkrete Möglichkeiten zur Umsetzung. Sowohl die Einrichtung einer Bundesstelle zur Suchtprävention, sowie einer Bundesbehörde für Glücksspielkontrolle sind vorgesehen. Ich stelle eine mögliche steuerliche Behandlung vor und zeige auf wie dieser Markt zum Wohl der Gesellschaft geregelt sein kann. Um einen Aufbau eines möglichen Systems zu skizzieren habe ich ein fiktives Gesetz dargestellt, und erläutere dessen Inhalt. Mir ist völlig klar, dass alleine die Einrichtung einer Bundesbehörde jeder Menge Rechtsvorschriften bedarf, dennoch glaube ich, dass ich so den Kern meiner Aussagen am einfachsten deutlich machen kann. Für die Beschreibung des Ist-Zustandes sind die aktuellen Zahlen des deutschen Lotto- und Totoblockes, veröffentlicht auf deren Homepage [3], sowie ein Aufsatz von Professor Dr. Kahle der Universität Hohenheim aus dem Jahr 2006 eingeflossen. Jener Aufsatz ist in der Zeitschrift für Wett- und Glücksspielrecht in der Aprilausgabe des Jahres 2006 auf Seite 45 ff. zu finden.

Zieldefinition:

Durch eine Liberalisierung des Sportwetten- und Glückspielmarktes sollen verschiedene Ziele erreicht werden. Die verbesserte Kontrolle eines momentan real existierenden Graubereichs ist ein wesentliches Ziel. Ein weiteres Ziel ist in Zeiten des Internets möglichst viele Geschäftsvorfälle (Internet-Wetten) dem deutschen Steuerrecht zu unterwerfen um die finanzielle Basis des Staates zu stärken. Eine Anpassung der Gesetze ist alleine schon deshalb sinnvoll, weil es zur Zeit der Entstehung der Gesetze noch kein Internet gab.
Desweiteren sollen Investitionspotentiale in Deutschland durch die Freigabe dieses Marktes gefördert werden. Um den gesellschaftlichen Schutzbedürfnissen gerecht zu werden, soll dafür Prävention und Aufklärung gefördert werden. Als wesentliche Punkte sind die Lizenzierung und Konzessionierung, sowie eine Veränderung des Steuerrechts geplant.

Lizenzen, Konzessionen und Kontrolle:

§1, Abs. 1: Das Anbieten und Ausrichten von Glücksspielen oder Wetten zu gewerblichen Zwecken, bedarf einer behördlichen Genehmigung.
§1, Abs. 2: Glücksspiellizenzen werden von den Landesbehörden an Unternehmen vergeben, welche Glückspiele oder Wetten ausrichten.

§1, Abs. 3: Glücksspielkonzessionen werden von den Kommunen an Unternehmen vergeben, welche eine öffentliche Teilnahme an Glücksspielen oder Wetten ermöglichen. Kommunen mit weniger als 25.000 Einwohnern können Konzessionen für Unternehmen verweigern, die als Hauptgeschäft das Anbieten von Glückspielen oder Wetten haben. Städte mit mehr Einwohnern, müssen bei einer Beschränkung der Konzessionsvergabe in der Raumordnung ein entsprechendes Gebiet ausweisen.

Alle Glücksspielangebote brauchen auf diese Art eine behördliche Genehmigung. Sowohl die Automatenindustrie, wie auch Lotterien oder Wettanbieter, aber auch Telefonquiz und ähnliches wird auf diese Art geregelt.

§1, Abs. 4: Die Länder richten ein Zentralregister für Glücksspiellizenzen und Glücksspielkonzessionen ein, in denen die alle Genehmigungen enthalten sind. Die Kosten der Lizenzierung und Konzessionierung trägt der Antragsteller.
§2, Abs. 1: Die Kontrollaufsicht liegt für lizenzierte Glückspielunternehmen bei den Landesbehörden. Die Einhaltung der Bestimmung durch den Konzessionsnehmer wird durch die kommunalen Ordnungsbehörden überwacht.
§2, Abs. 2: Der Bund richtet eine zentrale Bundesbehörde für die Überwachung von Glücksspielen und Wetten ein. Die Behörde unterstützt die Landebehörden und kommunalen Gewerbeaufsichtsbehörden bei der Überwachung der Glücksspielanbieter. Zusätzlich führt die Behörde eigenständige Untersuchungen und Ermittlungen durch.
§2 Abs. 3: Der Bund richtet eine zentrale Bundesstelle zur Spielsuchtprävention ein. Die Bundesstelle unterstützt die existierenden Landesstellen und richtet ein bundesweites Sperrregister ein. Jeder Bürger kann sich kostenlos für die verschiedenen Glücksspielangebote sperren lassen. Jeder Konzessionsnehmer ist verpflichtet Person die sich im Sperrregister befinden abzuweisen. Der Bund richtet eine geeignete Kommunikationsplattform ein.

Die Kontrolle soll von den kommunalen Gewerbeaufsichtsbehörden durchgeführt werden. Um die Arbeit der kommunalen Behörden zu unterstützen soll eine Bundesbehörde mit entsprechendem Personal ausgerüstet werden. Durch die Vergabe der Lizenzen und Konzessionen soll in Verbindung mit einer bundesweiten Behörde die Kontrolle im Gegensatz zu dem jetzigen Zustand verbessert werden. Zum einen sollen hierdurch Manipulationen durch die Betreiber verhindert werden, zum anderen soll die Einhaltung von Bestimmungen zum Jugendschutz und anderen Vorschriften verbessert werden. So soll das später beschriebene Werbeverbot genauso überwacht werden, wie Internetangebote, und die Besteuerung der Unternehmen. Auf diese Weise sollen aktuelle Probleme beim Automatenbetrug (Steuerbetrug, Gewinnbetrug) genauso gelöst werden, wie die Problematik „grau-legaler“ Wettbüros.

Steuerliche Behandlung:

Die Steuerliche Behandlung ist zurzeit sehr unterschiedlich. Automatenspiel wird mit der Umsatzsteuer belegt, während in Spielbanken das Spielen steuerfrei ist. Lediglich das Bruttospielergebnis (Einsätze minus Ausschüttungen) der Spielbank wird hier versteuert, dieses dafür relativ hoch (länderspezifisch). Die Steuern auf Wetten und Lotterie liegen derzeit bei 16,66% des Einsatzes inklusive Steuern, bzw. von 20% des Einsatzes exklusive Steuern.

Bsp.: 1 Euro Wetteinsatz exklusive Steuern + 20 Cent Steuern (20%) = 1,20 Euro Wetteinsatz inklusive Steuern (16,66%).

Die Mehrwertsteuer ist hierfür zurzeit nicht mehr zu entrichten. Die Gewinne aus Glücksspiel werden zurzeit nicht zu den Einkommensarten gezählt. Durch das staatliche Monopol erhalten die Länder eine weitere finanzielle Unterstützung durch die Gewinne der Zweckverbände.

Da ich der Auffassung bin, dass Glücksspiel, eine Teilnahme mit dem Wunsch einen Gewinn zu erzielen ist, sehe ich gewerbliches Glücksspiel grundsätzlich in Zukunft unter die „sonstigen Einkünfte“ bei der Einkommensteuer subsumiert. Ist die Teilnahme also kostenpflichtig, durch den Erwerb eines Loses oder Kauf eines Produktes, so müssen die Gewinne versteuert werden. Bei Lizenzierten Glücksspielen entfällt die Steuerpflicht. Das EStG wird entsprechend abgewandelt.

§ 22 Nr. 6 EStG wird eingefügt: Einkünfte, die aus der entgeltlichen Teilnahme an gewerblichen Glücksspielen entstehen sind einkommensteuerpflichtig, wenn der Betrag von 250 Euro innerhalb eines Jahres überschritten wird. Aufwendung können nur abgezogen werden, wenn diese unmittelbar mit dem Gewinn zusammenhängen. Gewinne aus lizenzierten Glücksspielen sind von der Einkommensteuer befreit.

Für nicht gewerbliche Verlosungen, wie eine „Spendentombola“ verändert sich nichts. Wer in Deutschland an einem Lizenzierten Glücksspielangebot teilnimmt, kann die Gewinne weiterhin einkommensteuerfrei behalten. Allerdings Gewinne im Ausland wären zu versteuern. Gewinne beim englischen Buchmacher oder im Casino von Monaco sind künftig als „Gewinne aus gewerblichem Glücksspiel“ einkommensteuerpflichtig.

Desweiteren werden lizenzierte Glücksspiele oder Wettangebote von der Umsatzsteuer befreit. Dafür ist eine Glücksspielsteuer in Höhe von 10% des Nettoeinsatzes zu entrichten. Wer also 1 Euro bei einer Wette platzieren will, muss 10 Cent zusätzlich an Steuern entrichten. Wer bei der Spielbank 110 Euro in Chips tauscht, der erhält Chips im Wert von 100 Euro. Bietet ein Wettbüro in Deutschland nicht lizenzierte Wetten, z.B. aus dem Ausland an, so entfällt die Glückspielsteuer und es wird Umsatzsteuer fällig.

§ 3, Abs. 1: Alle lizenzierten Glücksspiel- und Wettangebote unterliegen der Glücksspielsteuer. Die Glücksspielsteuer beträgt 10% auf den Einsatz. Für die Entrichtung ist der Veranstalter eines lizenzierten Glücksspiels zuständig.
§ 3, Abs. 2: Alle Anbieter von lizenzierten Glücksspiel- und Wettangeboten unterliegen der Bruttospielergebnissteuer. Die Steuer beträgt 40% des Bruttospielergebnisses innerhalb des Geschäftsjahres.
§ 3, Abs. 3: Das Aufkommen aus der Glücksspielsteuer steht den Ländern in denen die Umsätze anfallen zu. Die Bruttospielergebnissteuer steht den Ländern in denen Sie anfallen zur Hälfte und dem Bund ebenfalls zur Hälfte zu.

Durch die hohe Steuer auf das Bruttospielergebnis soll die Ungleichbehandlung zwischen den einkommenssteuerfreien Gewinnen der lizenzierten und einkommenssteuerpflichtigen Gewinnen der nicht lizenzierten Anbieter ausgleichen werden. Wer bei Glücksspielen oder Wetten die nicht lizenziert sind gewinnt, muss diese Gewinne bei der Einkommenssteuererklärung angeben sofern die Summe 250 Euro im Kalenderjahr übersteigt. Wer Gewinne im Ausland verschweigt, begeht Steuerhinterziehung, genauso wie jemand der Kapitalerträge im Ausland verschweigt.

Sofern Wettbewerbsrechtlich, die unterschiedliche Behandlung in der Einkommensteuer trotz der ausgleichenden Besteuerung des Bruttospielergebnisses, ein Problem darstellen sollte, wäre ich für die Einkommenssteuerpflicht aller Glücksspielangebot im Halbeinkünfteverfahren. Eine weitere Möglichkeit wäre eine Regelung, welches dem Ursprungsland (z.B. Groß-Britannien) eine finanzielle Beteiligung an den jeweiligen Glücksspielsteuern einräumt.

Finanzielle Auswirkung

Beim Automatenspiel verzichtet der Bund auf die Umsatzsteuer-Einnahmen, welche er zuvor anteilig bekam. Der Ausfall bei den Ländern wird durch die Glücksspielsteuer ausgeglichen.
Spielbanken haben eine relativ geringe finanzielle Bedeutung, der Bund wird beteiligt, allerdings dürften die Verschiebungen hier relativ gering ausfallen.

Im Bereich der Lotterien ist davon auszugehen, dass die Einnahmen der Länder zurückgehen, weil nun ein Teil der Überschüsse über die Bruttospielergebnissteuer an den Bund abgeführt wird. Die Befürchtung, dass die staatlichen Lotteriegesellschaften verschwinden würden halte ich für unbegründet, weil es viele Traditionstipper gibt. Außerdem ist die Marktpräsenz für die staatlichen Lotterien schon gegeben.

Die Länder haben 2011 von den Lottoblöcken, bei einem Umsatz von etwa 6,5 Mrd. Euro, etwa 2,6 Mrd. Euro zur Verfügung gehabt. Davon sind etwa 1,4 Mrd. durch Die Lotteriesteuer aufgekommen. Die restlichen Einnahmen waren Zweckerträge der Lottogesellschaften. Der Bund würde in Zukunft bei gleichem Lottoverhalten mit 0,6 Mrd. Euro beteiligt.

Im Bereich der Wettbüros und Wettanbieter sollten die Einnahmen deutlich steigen. Sofern hier ein Markt mit einem Volumen von 4 Mrd. Euro in Deutschland entsteht, Sollten neben 400 Millionen Glücksspielsteuer noch zusätzliche Einnahmen von 400 Millionen Euro durch die Besteuerung der Bruttospielerträge entstehen. Desweiteren würden andere Steuern im Zusammenhang mit dem Wirtschaftsbetrieb an die Länder fließen. Vor allem die Einkommensteuerbefreiung der Gewinne aus lizenziertem Glücksspiel sollte zu einer Stärkung eines inländischen Marktes beitragen. Die Länder sollten bei einer entsprechenden Marktentwicklung geringe Mehreinnahmen aus dem Glücksspiel (Steuer und Zweckerträge) haben. Der Bund sollte zusätzliche Einnahmen von 800 Millionen Euro haben und Kosten von 200 Millionen Euro für eine zentrale Kontrollbehörde und eine Bundesstelle „Spielsucht“. Es sollte überprüft werden ob ein Teil des benötigten Personals kostenreduzierend für andere Bereiche z.B. aus der Bundeswehr übernommen werden kann.

Zusätzlich sollten Bund, Länder und Sozialsystem durch die Schaffung von Arbeitsplätzen sowohl durch niedrigere Sozialleistungen entlastet, als auch durch Steuern und Sozialabgaben unterstützt werden.

Sonstige Auswirkungen:

Neben einer Einschränkung des Werberechtes für Glücksspielangebote sollen die Stellen für Glücksspielsucht der Länder finanziell besser ausgestattet werden. Das nähere müssen die Bundesländer je nach Bedürfnis regeln. Die verschiedenen Schutzvorschriften, wie z.B. die Angabe der Gewinnquote können in einem Glücksspielgesetz zentral gebündelt werden, so dass der Losbudenbesitzer genauso verpflichtet ist den Jugendschutz einzuhalten, wie die Lotto-Annahmestelle.

Zusammenfassung:

Durch die Liberalisierung werden Investitionen in einen neuen Markt ausgelöst. Durch die Besteuerung werden die Anreize richtig gesetzt, und die Gesellschaft finanziell beteiligt. Durch das bundesweite Sperrregister und die Verpflichtung der Konzessionsnehmer gesperrte Personen abzuweisen wird den Spiel- oder Wettsüchtigen geholfen. Durch eine bessere Finanzierung wird die Prävention gestärkt. Durch eine verbesserte Kontrolle werden Betrug oder Missachtung von Schutzvorschriften bekämpft.

Ein weiterer Vorteil ist eine Rückgewinnung von Umsätzen aus dem Ausland. Desweiteren sind Beschäftigung sowie zusätzliche Einnahmen des Bundes von über einer halben Milliarde Euro als Vorteile zu nennen. Die Länder sollten bei einem wachsenden Markt ebenfalls Mehreinnahmen verzeichnen können und bei einer Schaffung von 10.000 neuen Arbeitsplätzen in diesem Bereich würde das Sozialsystem um weitere rund 200 Mio. Euro gestärkt. (Entlastung 150 Mio. + zusätzliche Einnahmen 50 Mio.).


[1] Artikel auf www.faz.net vom 15.12.2011

[2] Artikel auf www.heise.de vom 21.03.2012

[3] Artikel auf www.lotto.de – Nicht mehr abrufbar

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