Mitglieder und Themen entscheiden – Vorschlag für neue Struktur und Urwahl des SPD-Vorstands

Beweggrund für den Vorschlag:

Der Vorschlag sieht über Veränderungen beim Wahlverfahren hinaus eine grundlegende Veränderung der Struktur des SPD-Parteivorstands vor. Anstatt vieler Stellvertreter und Beisitzer ohne konkreten organisatorischen oder thematischen Bereich, schlage ich eine zumindest teilweise Zuordnung zu einzelnen Aufgaben und Themenfeldern vor. Einen Europabeauftragten kennt unsere Satzung bereits. Warum also nicht auch einen Umweltbeauftragten, Wirtschaftsbeauftragten, Sozialbeauftragten, Arbeitnehmerbeauftragten, Pflegebeauftragten, Digitalbeauftragten usw.? Es geht dabei um eine engere Verknüpfung von Personen und Themen in unserer Partei – nach innen wie nach außen. Und es geht um einen grundsätzlichen Wandel hin zu einer strukturierteren Arbeit, inhaltlich und programmatisch, aber auch organisatorisch.

Daneben befasst sich der Vorschlag mit dem Wahlverfahren. Hintergrund ist, dass ich Absprachen bei der Besetzung von Vorständen auf Parteitagen in einem gewissen Maße zwar für nötig halte, z.B. damit Regionen oder Themen nicht gänzlich ohne Repräsentation bleiben oder eben auch weiterhin ein fachlich geeigneter Schatzmeister gefunden wird. Auf der anderen Seite bin ich aber insbesondere bei Spitzenämtern gegen jede Form von Absprachen, weil ich überzeugt bin, dass eine breite Legitimierung im transparenten Prozess einer Urwahl wesentlich besser geeignet ist, um zu guten Ergebnissen zu kommen, als die berühmte Kungelei im Hinterzimmer, womöglich sogar noch mit einem Kuhhandel – man einigt sich auf den Parteivorsitz und wer leer ausgeht bekommt zum Ausgleich ein schönes Pöstchen.

Der Vorschlag:

Bislang besteht der Parteivorstand aus Vorsitz, sechs Stellvertreterinnen und Stellvertretern sowie weiteren rund 40 Personen (Generalsekretär, Europabeauftragter, Schatzmeister und jede Menge Beisitzer). Ich schlage deshalb eine grundsätzliche Neuordnung mit stärkerer Aufgaben und Themenfokussierung vor.

A) Die Struktur:

Engerer Parteivorstand (Parteipräsidium):
(2) Eine Vorsitzende und ein Vorsitzender
(2) Eine Stellvertreterin und ein Stellvertreter
(1) Generalsekretär/in
(1) Schatzmeister/in
(1) Themenkoordinator/in (Koordination der Arbeit der Themenbeauftragten)
(1) Mitgliederbeauftragte/r (Verbesserung und Kontrolle des Mitgliederservice. Anregungen liefern, wie man Mitglieder ansprechen kann, die inaktiv sind usw.)
(1) Onlinebeauftragte/r (Zuständig für die Onlinestrategie, intern wie extern)
(1) Europabeauftragte/r (Europäisches Netzwerk, SPE, Europaparlament etc.)
(1) Beauftragte/r für Internationales (Internationales Netzwerk, Progressive Allianz, UN usw.)
(X) Weitere Mitglieder optional aus erweitertem Vorstand
(Parteipräsidium insgesamt 11+X)

Erweiterter Parteivorstand:
(10) Zehn Themenbeauftragte. Diese sollen die thematische Arbeit in der Partei betreuen und koordinieren. Beim Thema Klima könnte das z.B. jemand sein, der im Umweltausschuss sitzt.
(25) Fünfundzwanzig Beisitzer/innen
(Parteivorstand insgesamt 46)

Vom Parteitag zu wählen:
(1) Generalsekretär/in (auf Vorschlag der beiden Vorsitzenden)
(1) Schatzmeister/in
(1) Themenkoordinator/in
(1) Mitgliederbeauftragte/r
(1) Onlinebeauftragte/r
(1) Europabeauftragte/r
(1) Beauftragte/r für Internationales
(10) Beisitzer/innen
(insgesamt 17)

Per Urwahl zu wählen:
(2) Die beiden Parteivorsitzenden
(2) Stellvertreterin und Stellvertreter
(10) Zehn Themenbeauftragten
(15) Fünfzehn Beisitzer/innen
(insgesamt 29)

Erwartung an die neue Struktur:

Die Themenorientierung würde, das zumindest ist meine Erwartung, die Partei bei der zielorientierten Arbeit unterstützen und damit auch inhaltlich wieder stärken. Daneben würde es eine Urwahl erlauben, die Mitglieder wieder direkt anzusprechen, mit Personen und eben auch Sachthemen.

B) Das Verfahren:

Grundstruktur:
Es werden zwei parallele Wahlen in zwei Wahlgängen durchgeführt, zum einen eine Wahl von Vorsitz, Stellvertretung sowie fünf Beisitzerinnen und Beisitzern. Zum anderen eine Wahl von zehn Themenbeauftragten und zehn Beisitzerinnen und Beisitzer.

Kandidatur:

Um zu kandidieren, braucht es die Unterstützung einer festzulegenden Anzahl an Ortsvereinen (z.B. ein OV bei Themenbeauftragten und drei OV bei Vorsitz). Bei Vorsitzenden dürfen Ortsvereine maximal eine Kandidatin und einen Kandidaten, bei Themenbeauftragten jeweils nur eine Kandidatin oder einen Kandidaten vorschlagen.

Erste Wahlphase:

Jedes Mitglied hat beim Vorsitz vier Stimmen und bei den Themenbeauftragten jeweils zwei Stimmen. Bei der Wahl zum Vorsitz stehen die beiden Kandidatinnen und die beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen in einer zweiten Wahlphase zur Wahl. Die ihnen nachfolgenden jeweils fünf stimmenstärksten Kandidatinnen und Kandidaten stehen in einer zweiten Wahlphase als Beisitzer bzw. Beisitzerin zur Wahl.
Bei den Themenbeauftragten stehen in einer zweiten Wahlphase diejenige Kandidatin und derjenige Kandidat mit den meisten Stimmen zur Wahl.

Erläuterung:

Bis hierhin ist nur eine Satzungsänderung für die neue Zusammensetzung des Vorstands nötig und zur Klarheit wäre natürlich eine satzungsmäßige Regelung des Befragungsverfahrens sinnvoll.
Eine Änderung des Parteiengesetzes ist noch nicht notwendig, da es in der ersten Wahlphase noch unerheblich ist, ob es eine bindende Urwahl oder eine unverbindliche Mitgliederbefragung ist. Soll es nur eine Mitgliederbefragung sein, findet die zweite Wahlphase auf dem Parteitag statt. Nur im anderen Fall würden die Mitglieder erneut und dann endgültig entscheiden, wofür eine Ergänzung im Parteiengesetz notwendig wäre.

Zweite Wahlphase:

Die Wahlberechtigten (Parteitagsmitglieder oder eben alle Mitglieder) haben jeweils eine Stimme für eine Kandidatin und einen Kandidaten zum Parteivorsitz. Die jeweils Stimmenstärksten sind in den Parteivorsitz gewählt, die beiden anderen als Stellvertreter.
Aus den jeweils nachfolgenden fünf stimmenstärksten Kandidatinnen und Kandidaten aus der ersten Wahlphase werden fünf weitere Beisitzer und Beisitzerinnen gewählt, darunter mindestens zwei Frauen und zwei Männer. Die Wahlberechtigten haben hier fünf Stimmen.
Bei den Themenbeauftragten haben die Wahlberechtigten eine Stimme. Der oder die Stimmenstärkste ist gewählt. Die verbliebenen Kandidatinnen und Kandidaten werden Beisitzer.

Erwartung an das neue Verfahren:

Mit der Urwahl werden die Partizipationsmöglichkeiten für Mitglieder gestärkt und durch den Wahlkampf die Partei insgesamt belebt. Auch die Parität ist durch das Verfahren bestens gewahrt. Sowohl Vorsitz als auch Stellvertretung ist paritätisch besetzt und bei den Themenbeauftragten ist das jeweils andere Geschlecht als Beisitzer oder Beisitzerin ebenfalls im Vorstand vertreten. Unter den 29 per Urwahl gewählten Vorstandsmitgliedern wären also mindestens 14 Frauen und 14 Männer. Der Parteitag beschlösse über weitere 17 Vorstandsmitglieder, insbesondere in den Bereichen, in denen es um Organisatorisches geht wie Finanzen, Europanetzwerk oder Mitgliederverwaltung.

C) Vorschlag für eine Ergänzung des Parteiengesetzes:

Gesetz zur Stärkung der innerparteilichen Partizipation (Urwahl-Gesetz)

Dem Parteiengesetz (PartG) wird in § 11 ein neuer Absatz 5 hinzugefügt:
§ 11 Abs. 5:
Parteien können durch Satzung festlegen, dass abweichend von § 9 Abs. 4 einzelne oder alle Vorstandsmitglieder außerhalb eines Parteitags von den Mitgliedern in einer Urwahl gewählt werden können. Dezentrale, postalische und elektronische Abstimmungsformen müssen vor Manipulationen sicher sein. Die Stimmabgabe muss barrierefrei möglich sein. Das Verfahren ist notarieller zu beaufsichtigen und die ordnungsgemäße Durchführung notariell zu beurkunden.


Text als PDF: Mitglieder und Themen entscheiden – Vorschlag für neue Struktur und Urwahl des SPD-Vorstands


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