Die Struktur unserer Wirtschaft

Unsere Wirtschaft ist so aufgebaut, dass mit Gesetzen lediglich eine Rahmenbedingung geschaffen wird. Innerhalb dieser Rahmenbedingungen können die Bürger (Konsumenten, Produzenten) sich frei entfalten. Dies führt dazu, dass sich in den Bereichen, die frei von staatlichen Eingriffen sind, eine Marktwirtschaft etabliert.

Die Marktwirtschaft ist ein Wirtschaftssystem, das auf der freien Entfaltung der Menschen beruht. Es wird unterstellt, dass jeder Mensch versucht seine Bedürfnisse zu befriedigen. Je stärker eine Handlung die Bedürfnisse befriedigt, desto größer ist der Nutzen für den Menschen. Je weniger ein Mensch dafür einbringen muss, desto niedriger ist sein Aufwand. Unterstellt man ferner, dass Menschen versuchen die gegebenen Wünsche mit möglichst geringen Anstrengungen zu erreichen, bedeutet dies, dass bei jeder Handlung ein Mensch eine Abwägung zwischen dem notwendigen Aufwand und dem erwarteten Nutzen vornimmt. Bei gegebenem Aufwand werden Menschen versuchen einen möglichst hohen Nutzen zu erzielen. Bei gegebenem Nutzen werden Menschen versuchen einen möglichst niedrigen Aufwand zu haben.

Auf den wirtschaftlichen Handel bezogen bedeutet dies, dass ein Produzent eine Ware zu gewissen Kosten herstellt und zu einem Preis X anbietet. Ein Konsument wird diese Ware genau dann kaufen, wenn der Nutzen für den Käufer über dem Preis X liegt. Durch diese Form der Wirtschaft werden Produkte, deren Herstellungskosten über dem Nutzenertrag liegen, aus dem Wirtschaftsleben eliminiert. Auch Unternehmenspleiten sind daher wünschenswerte Reinigungsprozesse der Wirtschaft. Aber neben dem Vorteil der kontinuierlichen Ausrichtung der Wirtschaft auf die Bedürfnisse der Menschen, entstehen auch deutliche Nachteile.

Durch die Fokussierung auf die freie Handelsmöglichkeit, bleiben die gesellschaftlichen Folgen des Handels (Externalitäten) unberücksichtigt. Weder die Umweltauswirkungen der Produktion, noch andere gesellschaftliche Folgen werden durch die Marktwirtschaft berücksichtigt. Wenn wir heute Lebensmittel kaufen, dann kommen diese nur noch deshalb so zahlreich aus Deutschland, weil wir die Landwirtschaft subventionieren und durch Außenzölle die Einfuhr von Lebensmitteln verringern. Die Marktwirtschaft wurde hier also zu Gunsten der landwirtschaftlichen Produzenten außer Kraft gesetzt bzw. eingeschränkt. Dies hat den politischen Hintergrund, dass es gewünscht ist, die Versorgung mit Nahrungsmitteln autark gestalten zu können. Die Förderung von regenerativen Energien durch die Einspeisevergütung ist ein weiteres Beispiel für einen solchen Eingriff. Man kann also feststellen, dass die Marktwirtschaft grundsätzlich ein wohlstandsförderndes System ist, das aber an gewissen Punkten nachgesteuert werden muss. Erst durch diese Steuerung wird die freie Marktwirtschaft zu dem was wir „soziale Marktwirtschaft“ bezeichnen.

Aber nicht nur die „Externalitäten“ sind ein Problem. Ein weiterer großer Nachteil erwächst aus dem Grundsatz der Handlungsfreiheit. Es ist jedem selbst überlassen ob und mit wem er handelt. Der eigentlich positive Grundsatz der Selbstbestimmung, hat bisweilen auch deutliche negative Folgen. Sobald ein Machtgefälle vorhanden ist kann dieses missbraucht werden. Es können Notsituation ausgenutzt werden (Getränkepreise für Verdurstende), aber es kann auch zu einer Diskriminierung, z.B. bei der Einstellung von Arbeitnehmern oder bei der Vergabe von Mietwohnungen, kommen. Auch im finanziellen Leben gibt es diese Benachteiligungen. Noch vor einigen Jahren war es ein großes Problem, dass Teile der Bevölkerung keinen Zugang zu einem Konto hatten, weil Bankkunden mit niedrigem Einkommen und ohne Vermögen einfach abgelehnt wurden. Erst nach einer Veränderung der Rahmenbedingungen waren Banken verpflichtet auch solche Kunden anzunehmen. Aber nicht jede Differenzierung ist gleich eine gesellschaftlich nicht wünschenswerte Benachteiligung. Eine höhere Versicherungssumme für Fahranfänger ist zwar eine Benachteiligung, aber gesellschaftlich wünschenswert. Man kann allgemein feststellen, dass neben negativen gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen, wie der Umweltverschmutzung, auch individuelle Benachteiligungen auftreten können, die nicht wünschenswert sind, wie z.B. bei der Kontoeröffnung.

Zwar lässt sich eine Ungleichbehandlung auch bei kleineren Vertragsbeziehungen feststellen (Einlass in die Disco), allerdings gesellschaftliche Relevanz haben vor allem die Bereiche Arbeitsvertrag, Mietvertrag und Kreditvertrag. Um die Machtgefälle z.B. zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern hier abzumildern wurden Gewerkschaften gefördert oder Betriebsräte mit besonderen Rechten ausgestattet. Ferner ist es z.B. Arbeitgebern gar nicht erlaubt gewisse Daten vom Arbeitnehmer zu erfragen. Allerdings gibt es nicht in allen Bereichen Regeln, welche die Machtgefälle ausgleichen. So sind Mieter auf den Willen des Vermieters angewiesen, einer Diskriminierung häufig schutzlos ausgeliefert. Ähnlich sieht dies bei der Vergabe von Krediten aus.


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