mister-ede.de » Bonität https://www.mister-ede.de Information, Diskussion, Meinung Fri, 01 Dec 2023 14:44:02 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.4.2 StandPUNKT: Der globale deregulierte Kapitalismus funktioniert nicht! https://www.mister-ede.de/wirtschaft/deregulierter-kapitalismus/4975 https://www.mister-ede.de/wirtschaft/deregulierter-kapitalismus/4975#comments Wed, 13 Apr 2016 19:20:04 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=4975 Weiterlesen ]]> Der globale deregulierte Kapitalismus ist kein funktionierendes Wirtschaftssystem. Er funktioniert jetzt für eine wohlhabende Elite, zu der bei einer weltweiten Betrachtung natürlich auch deutsche Normalverdiener zählen. Er funktioniert aber nicht für alle und schon gar nicht auf Dauer. Er funktioniert nicht für die Hälfte der südeuropäischen Jugend, die unverschuldet arbeitslos und ohne Perspektive ist, er funktioniert nicht für fast eine Milliarde Menschen, die unter Mangelernährung leiden, und er funktioniert nicht in Bezug auf unsere Umwelt, bei verseuchten Böden, Überfischung oder wachsenden Treibhausgasemissionen.


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Eurokrise: FAQ zur Griechenland-Krise und zur aktuellen Lage https://www.mister-ede.de/politik/faq-zur-griechenland-krise/3732 https://www.mister-ede.de/politik/faq-zur-griechenland-krise/3732#comments Mon, 23 Mar 2015 19:28:43 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=3732 Weiterlesen ]]> Der nachfolgende Katalog dient zur Beantwortung der wesentlichen Fragen rund um die Griechenland-Krise mit Blick sowohl auf die Krisenentwicklung der Vergangenheit als auch auf die aktuelle Situation und mögliche Szenarien.

Übersicht der FAQ zur Griechenland-Krise:

1) Was hat die Situation in Griechenland ausgelöst?

a) Sind die griechischen Regierungen der Vergangenheit schuld an der aktuellen Situation in Griechenland?
b) Ist die Gemeinschaftswährung schuld an der Krise in Griechenland?
c) Ist die Austeritätspolitik schuld an der aktuellen Situation?
d) Ist die fehlende politische Integration innerhalb der EU schuld an der Situation?
e) Ist die Bankenrettung schuld an der Krise in Griechenland?

2) Warum wurden 2010 die griechischen Gläubiger durch Hilfskredite an Griechenland geschützt?

a) War die Griechenland-Hilfe eine verdeckte Bankenrettung?
b) Warum wurden die Banken gerettet?
c) Hat die Bankenrettung Auswirkungen auf die gesamtwirtschaftliche Situation in Griechenland oder der Eurozone?

3) Was spricht für einen Schuldenschnitt?

4) Was spricht gegen einen Schuldenschnitt?

5) Was bedeutet ein Schuldenschnitt Griechenlands heute?

a) Was sind die Unterschiede bei einem Schuldenschnitt heute zu einem Ausfall 2010?
b) Haben sich die Hilfskredite an Griechenland bisher für die Eurozone gelohnt?
c) Welche Auswirkungen hätte ein Schuldenschnitt oder ein Ausfall Griechenlands aktuell?

6) Wie könnte eine Alternative zu einem Schuldenschnitt aussehen?

a) Wer zahlt bei einer Verlängerung des Kreditprogramms für wen?
b) Wie könnte eine Schuldenumstrukturierung gelingen?

7) Was spricht für einen Grexit?

8) Was spricht gegen einen Grexit?

9) Welche Auswirkungen hätte ein Grexit heute?

10) Wie ist die griechische Krise innerhalb der Finanzkrise zu verorten?

11) Wie könnten Auswege aus der verfahrenen Situation aussehen?

a) Wie kann das aktuelle Liquiditätsproblem Griechenlands gelöst werden?
b) Wie können die Kosten von Hilfsmaßnahmen bzw. der Schaden möglichst gering gehalten werden?
c) Welche Rolle kann die Geldpolitik der EZB bei der Überwindung der Krise spielen?
d) Welche Anpassungen in der Eurozone könnten Griechenland helfen?
e) Wie kann die Konjunktur in Griechenland belebt werden?

12) Ist die Eurozone gerettet, wenn Griechenland gerettet ist?

FAQ zur Griechenland-Krise:

1) Was hat die Situation in Griechenland ausgelöst?

a) Sind die griechischen Regierungen der Vergangenheit schuld an der aktuellen Situation in Griechenland?

Ja und nein. In Griechenland gab es bereits vor 2010 erhebliche Versäumnisse, die zwar durch die Gemeinschaftswährung begünstigt wurden, allerdings in der Verantwortung der damaligen griechischen Regierungen lagen. Ebenso wurden nach 2010 zahlreiche Fehler begangen, die von den griechischen Regierungen mit zu verantworten sind. Ab diesem Zeitpunkt spielte für die Fehlentwicklung des Landes jedoch auch eine ziemlich erfolglose Rettungspolitik, welche Dynamiken der Währungsunion verkannte und damit zum Teil eine tiefgehende Rezession beförderte, eine nicht unerhebliche Rolle.

b) Ist die Gemeinschaftswährung schuld an der Krise in Griechenland?

Die Gemeinschaftswährung hat die Verschuldung Griechenlands und auch die Auseinanderentwicklung der Wettbewerbsfähigkeit in der Eurozone begünstigt. Dies gilt auch für Fehlentwicklungen in anderen Ländern, z.B. für die Immobilienblase in Spanien. Dennoch hätten die griechischen oder spanischen Regierungen durchaus gegensteuern können, weshalb die Gemeinschaftswährung für sich alleine genommen nicht die Ursache der Eurokrise ist.

c) Ist die Austeritätspolitik schuld an der aktuellen Situation?

Nicht nur in Griechenland, sondern insgesamt hat der einseitige Spar- und Kürzungskurs die Krise in der Eurozone vor allem durch das Fehlen ausgleichender Investitionsimpulse mehr verstärkt als abgemildert. Jedoch handelt es sich bei der Austeritätspolitik eher um eine unglückliche Reaktion auf die durch das Auseinanderlaufen von Wettbewerbsfähigkeit und Bonität vorhandene Eurokrise im Jahr 2010. Die Austeritätspolitik hat damit zwar vor allem in Griechenland die Krise durch ihre Einseitigkeit und Überdosierung verstärkt, sie hat sie aber nicht primär verursacht.

d) Ist die fehlende politische Integration innerhalb der EU schuld an der Situation?

Die mangelnde politische Integration macht sich im europäischen Binnenmarkt deutlich bemerkbar, weil z.B. durch Steuerdumping, Lohndumping oder Umweltschutzdumping Standortvorteile innerhalb der EU geschaffen werden können. Zwar beschränkt sich diese Problematik nicht nur auf den Euro-Raum, dennoch trägt die fehlende politische Integration damit auch zur aktuellen Situation in Griechenland bei. Daneben können sich durch solche Gestaltungen, die z.B. auf Wettbewerbsvorteile im Bereich des Lohns abzielen, jene Größen auseinanderentwickeln, bei denen eigentlich eine Konvergenz für das Funktionieren der Währungsunion notwendig wäre, wie z.B. bei den Lohnstückkosten.

e) Ist die Bankenrettung schuld an der Krise in Griechenland?

Speziell in Griechenland hat die erste Bankenrettung in der Zeit der Bankenkrise von 2008/2009 einen kleineren Anteil an der krisenhaften Situation. Anders als vor allem im Falle Irlands, das erhebliche Summen zur Bankenrettung aufbringen musste, lagen die Ursachen für die enormen griechischen Haushaltsdefizite und Schulden zu einem großen Teil in Griechenland selbst.
Im Verlauf der Griechenlandkrise von 2010 setzte jedoch durch die Hilfsmaßnahmen zum Teil eine erneute Bankenrettung ein. So wurde von den mehreren hundert Milliarden Euro an Griechenlandhilfen nur ein kleinerer Teil zur Überbrückung von Haushaltsdefiziten eingesetzt, während ein weit größerer Teil für die Rückzahlung der griechischen Verbindlichkeiten und damit einer Gläubigerrettung aufgewendet wurde. Allerdings kann für jene Hilfskredite, die in die Bankenrettung flossen, festgestellt werden, dass sie keinerlei Schaden für Griechenland verursacht haben. Ob die an Griechenland vergebenen Kredite durch einen Schuldenschnitt abgeschrieben werden oder ob der Rest der Eurozone die Ablösung der alten Kredite durch neue Hilfskredite übernimmt, macht für Griechenland kaum einen Unterschied und, gesamtwirtschaftlich betrachtet wie unter Punkt 2c), noch nicht mal für die Eurozone.

2) Warum wurden 2010 die griechischen Gläubiger durch Hilfskredite an Griechenland geschützt?

a) War die Griechenland-Hilfe eine verdeckte Bankenrettung?

Zu einem großen Teil war sie das, zu einem kleineren Teil auch nicht, denn tatsächlich wurden auch die Haushaltsdefizite der Jahre 2010 bis heute mitfinanziert. Daneben wurden durch einen teilweisen Schuldenschnitt auch die bisherigen Gläubiger beteiligt, wodurch die Bankenrettung zumindest ein wenig begrenzt wurde.

b) Warum wurden die Banken gerettet?

Nach den Erfahrungen des Zusammenbruchs von Lehman und der Tatsache, dass sich der Finanzsektor in der Eurozone 2010 noch immer in einer erheblichen Schieflage befand, wäre eine Pleite Griechenlands für die Stabilität des Finanzmarkts in der Eurozone gefährlich gewesen. Daneben wäre eine Staatspleite Griechenlands angesichts der Liquiditätskrise einiger Euro-Mitgliedsstaaten mit Gefahren für das gesamte Eurosystem verbunden gewesen. Die verdeckte Bankenrettung war daher mit Hinblick auf die Stabilisierung der Eurozone eine erfolgreiche Maßnahme der durchgeführten Krisenpolitik.

c) Hat die Bankenrettung Auswirkungen auf die gesamtwirtschaftliche Situation in Griechenland oder der Eurozone?

Für Griechenland ist es relativ unerheblich, ob es seinen Schuldendienst aufgrund eines Schuldenschnitts oder wegen einer Zwischenfinanzierung z.B. durch den ESM zurzeit nicht leisten muss. Etwas größeren Einfluss hat die Rettung der Banken jedoch für die übrige Eurozone, weil durch die weitgehende Übernahme der Verbindlichkeiten die Gläubiger nicht mehr Banken oder Versicherungen, sondern nunmehr die Steuerzahler sind.
Im Gesamten betrachtet, macht dies aber einen deutlich kleineren Unterschied als man sich das zunächst denkt, weil zum Beispiel Banken ihre Verluste über die Jahre zu Lasten der Steuereinnahmen abschreiben würden. Für den Fiskus macht es insoweit also keinen Unterschied, ob er nun über die nächsten Jahre geringere Steuereinnahmen erzielt oder ob er zusätzliche Verbindlichkeiten trägt. Und auch für die Bürger macht es kaum einen Unterschied, ob sie nun dem Staat über Steuern oder den Banken über die Gebühren die Verluste ersetzen müssen, die bei einem endgültigen Ausfall Griechenlands entstehen.

3) Was spricht für einen Schuldenschnitt?

Für einen Schuldenschnitt spricht die Tatsache, dass für Griechenland die Verbindlichkeiten der Vergangenheit dann nicht mehr im Raum stehen. Griechenland könnte auf diese Weise eine verbesserte Perspektive haben, die sich auf die Konjunktur positiv auswirkt.

4) Was spricht gegen einen Schuldenschnitt?

Gegen einen Schuldenschnitt spricht die Tatsache, dass für Griechenland die Verbindlichkeiten der Vergangenheit dann nicht mehr im Raum stehen. Dies könnte Forderungen anderer Krisenländer aufwerfen und würde eine Ungerechtigkeit gegenüber jenen darstellen, die wie im Falle Irlands den erheblichen Druck durch die angehäuften Verbindlichkeiten zurzeit aushalten, oder jenen, die dann für die Schulden Griechenlands einspringen müssten, wie z.B. Deutschland.

5) Was bedeutet ein Schuldenschnitt Griechenlands heute?

a) Was sind die Unterschiede bei einem Schuldenschnitt heute zu einem Ausfall 2010?

Gegenüber dem Zustand von 2010 hat sich im Wesentlichen nur die Zusammensetzung der Gläubiger geändert und hinzugekommen sind noch ein paar griechische Defizite der letzten fünf Jahre, die in dieser Zeit aber zumindest kräftig zurückgegangen sind. Berücksichtigt man, dass, wie unter Punkt 2c) dargestellt, die Verschiebung bei den Gläubigern für die Mehrheit der Bürger nur eine geringe oder gar keine Auswirkung hat, weil z.B. Bankverluste auch wieder zu weniger Steuereinnahmen führen, dann hat sich für die Eurozone die Lage nur wenig verändert. Eine Pleite Griechenlands kostet die Bürger der an den Hilfspaketen beteiligten Länder Geld, weil dieses abgeschrieben werden muss.
Verändert hat sich allerdings die Situation in der Eurozone selbst. Heute hätte ein Schuldenschnitt zwar noch immer deutliche Konsequenzen, dennoch dürften diese nicht mehr ganz so gravierend sein wie noch 2010, als ein Ausfall Griechenlands zu massiven zusätzlichen Kosten, z.B. durch Bankenstützungsmaßnahmen im Rest der Eurozone, geführt hätte.

b) Haben sich die Hilfskredite an Griechenland bisher für die Eurozone gelohnt?

Ja! Bei einem Ausfall Griechenlands 2010 wären neuen Bankenrettungen notwendig geworden und auch die Krisenkosten für andere Krisenländer, z.B. Spanien oder Portugal, wären noch einmal erheblich angestiegen, weil das Vertrauen in die Eurozone dann gänzlich erschüttert gewesen wäre. Vor diesem Hintergrund hat das Verschieben des Schuldenschnitts auf einen späteren Zeitpunkt der Eurozone deutlich Kosten erspart, die weit über das Volumen der Staatsverschuldung Griechenlands hinausgegangen wären. Somit haben sich die Hilfskredite, für die nicht viel mehr als Bürgschaften notwendig waren und die dann zu einem großen Teil wieder zurück in den europäischen Finanzsektor flossen, tatsächlich gelohnt.

c) Welche Auswirkungen hätte ein Schuldenschnitt oder ein Ausfall Griechenlands aktuell?

Würde Griechenland heute Ausfallen, hätte dies zunächst Auswirkungen auf die Hilfskredite, die dann uneinholbar verloren sind, was für die Staatsschulden Griechenlands allerdings auch schon 2010 bei einem Staatsbankrott gegolten hätte.
Zusätzlich könnte eine Staatspleite heute aber auch noch insoweit Auswirkungen haben, als dann Spekulation um das nächstschwächere Glied in der Euro-Kette wieder entflammen könnten, zumal gerade bei der Schuldenentwicklung und den Zinsdivergenzen in der Eurozone noch immer stabilisierende Maßnahmen fehlen. Daneben könnte die Währungsunion bei einem gleichzeitigen Euroaustritt Griechenlands einen neuerlichen Vertrauensverlust mit negativen Folgen für alle Euroländer erleiden.

6) Wie könnte eine Alternative zu einem Schuldenschnitt aussehen?

a) Wer zahlt bei einer Verlängerung des Kreditprogramms für wen?

Wenn Griechenland zurzeit z.B. die Kredite gegenüber dem IWF bedient, dann zahlt es diese mit Finanzmitteln aus Hilfsprogrammen zurück. Allgemein gesprochen, zahlt der ESM (bzw. die EFSF) damit an den IWF und auch an andere private Gläubiger Griechenlands. Führt man die Schuldenumstrukturierung über den ESM weiter fort, dann zahlt irgendwann der ESM über den Umweg Griechenland an sich selbst. Bei einer vollständigen Finanzierung durch die Geberländer hätte dann sogar die Höhe der Zinssätze keinerlei Einfluss mehr auf deren Finanzsituation, weil das Geld damit, bildlich gesprochen, nur aus der linken in die rechte Hosentasche wandern würde. Deutschland bürgt für den ESM, der sich das Geld z.B. bei einer deutschen Bank leiht und dieses an Griechenland weiterreicht, welches mit dem Geld dann wieder die Kredite des ESM samt Zinsen bedient und der ESM kann damit wieder seine Gläubiger, z.B. eine deutsche Bank, auszahlen. Ein Nullsummenspiel.

b) Wie könnte eine Schuldenumstrukturierung gelingen?

Auch wenn es sich um einen Art Taschenspielertrick handelt, sollte dieser Weg gegangen werden, solange sich Griechenland in der Restrukturierungsphase befindet. Wird beim ESM vorerst auf eine Tilgung verzichtet und wird ein geringer Zinssatz gewählt, der, wie unter Punkt 6a) dargestellt, auf die Gesamtsituation eigentlich keinen Einfluss hat, dann steigen die Verbindlichkeiten Griechenlands gegenüber dem ESM entsprechend langsam an. Gelingt es gleichzeitig, den Haushalt Griechenlands so zu gestalten, dass der Primärüberschuss ausreicht, um die Zinsforderungen der privaten Gläubiger zu bedienen, könnte damit kurz- bis mittelfristig die teilweise Schuldentragfähigkeit Griechenlands abgesichert werden.
Wie zu einem späteren Zeitpunkt mit den ESM-Verbindlichkeiten umgegangen wird, kann dann zum Beispiel von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängig gemacht werden. Gelingt es, über Konvergenzprogramme der EU und über die richtigen Reformen in Griechenland die Konjunktur zu beleben, würde bei einem nominalen Wachstum (reales Wachstum plus Inflation), das über dem durchschnittlichen Zinssatz liegt, die Verschuldung sinken.

7) Was spricht für einen Grexit?

Für einen Grexit spricht die Möglichkeit, durch Währungsanpassungen die Fehlentwicklungen bei der Lohnauseinanderentwicklung leicht auf einen Schlag lösen zu können. Vor allem im Bereich Tourismus könnte dieser Ansatz schnell zu Erfolg führen, weil damit die Preise durch einen günstigeren Wechselkurs für Touristen aus aller Welt attraktiver werden. Daneben ist innerhalb des Euro eine solche Anpassung nur über einen längeren Prozess möglich, der auch Veränderungen in Ländern mit einer niedrigeren Lohnstückkostenentwicklung, z.B. in Deutschland, erfordert.

8) Was spricht gegen einen Grexit?

Gegen einen Grexit spricht zunächst, dass dieser gegen den Willen Griechenlands nur schwierig zu vollziehen ist. Daneben dürfte die schnelle Anpassung der Währung an das für das Land angemessene Niveau verheerende Folgen für Griechenland haben.
Alle Importwaren würden sofort erheblich teurer, während z.B. eine Belebung der heimischen landwirtschaftlichen Produktion erst mit Verzögerung erfolgen würde. Zahlreiche weitere wichtige Importgüter, seien es Autos und Öl, Medizin und Maschinen oder Chemieprodukte, wie z.B. Düngemittel, würden für die Griechen erheblich teurer.
Daneben dürften auch die Unternehmen schneller pleitegehen als sie wettbewerbsfähig werden. Sofern nämlich die Verbindlichkeiten der Unternehmen in Euro beibehalten werden, gleichzeitig aber die Umsätze jener griechischen Anbieter, die stark auf das Inland ausgerichtet sind, mit der Währungsabwertung massiv einbrechen, müssen die Unternehmen reihenweise Insolvenz anmelden. Auch Unternehmen, die einen hohen Aktivbestand z.B. bei Aktien oder Immobilien halten, droht bei der außerordentlichen Abschreibung auf die dann in griechischer Währung bewerteten Vermögenswerte die Insolvenz. Aber nicht nur Unternehmen, sondern auch jene griechischen Privatpersonen, die einen Kredit in Euro aufgenommen haben, z.B. für ein Haus, werden diesen in vielen Fällen bei einem Verfall der in Landeswährung gerechneten Einkommen nicht mehr bedienen können. Damit drohen Privatinsolvenzen, Unternehmenspleiten und Bankenpleiten, weshalb es bei einem Verlassen der Währungsunion vermutlich nicht zu der angestrebten Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit kommt, sondern, vielleicht mit Ausnahme der Tourismusbranche, zu einem weiteren großflächigen Absturz der griechischen Wirtschaft.
Daneben würden bei einem Grexit aber auch alle Unternehmensinvestitionen aus dem Ausland, z.B. Filialen oder Tochterunternehmen, nur noch einen Bruchteil ihres Wertes darstellen oder wären in manchen Fällen sicherlich gar nichts mehr wert, wenn z.B. aufgrund der zurückgehenden Umsätze (in Euro gerechnet) mit den Investitionen künftig keine Gewinne mehr eingespielt werden können.

9) Welche Auswirkungen hätte ein Grexit heute?

Geht man davon aus, dass das unter Punkt 8) dargestellte Szenario, also ein weiterer Absturz, die Folge ist, wäre dies ein verheerendes Zeichen für die EU im Ganzen und die Eurozone im Speziellen. Neben der dann aufkommenden Frage, ob damit insgesamt der Euro oder vielleicht sogar die EU gescheitert sind und den daraus möglicherweise resultierenden Spekulationen, müsste auch ein erheblicher ökonomischer Schaden getragen werden. So müssten im Falle eines Grexits Abschreibungen auf die Staatsschulden, auf die Verbindlichkeiten der griechischen Notenbank sowie auf sonstige ausländische Kredite oder Investitionen vorgenommen werden, womit sich die Gesamtsumme der dann notwendigen Abschreibung im Bereich von mehreren hundert Milliarden Euro bewegt.

Unterstellt man hingegen, dass Griechenland nach einem Grexit , wie unter Punkt 7) dargestellt, wieder auf die Beine kommt, könnten sich dann auch andere Mitglieder für einen solchen Weg interessieren, der am Ende natürlich immer darauf hinausläuft, dass die Kosten eines Austritts von den verbleibenden Euro-Mitgliedern getragen werden müssen.
Es besteht bei einem Austritt also das Dilemma, dass entweder nicht genügend abgeschrieben und geholfen wird und in der Folge Griechenland von seinem jetzigen Niveau noch weiter abstürzt oder in ausreichendem Maß abgeschrieben und geholfen wird und Griechenland ein Neustart gelingt, wodurch ein Nachahmer-Effekt entstehen könnte.

10) Wie ist die Griechische Krise innerhalb der Finanzkrise zu verorten?

Teilt man die Finanzkrise in Banken- und Eurokrise ein, dann ist Griechenland im Wesentlichen von der Eurokrise betroffen und als schwächstes Glied in der Kette der Euro-Staaten ist es das am stärksten betroffene Land. Für die Eurozone liegen allerdings weit größere Risiken in Italien oder bei der Arbeitslosigkeit von über 20% auch in Spanien. Für sich alleine genommen ist Griechenland bezogen auf die Eurokrise wegen seiner Größe also ein kleineres Problem.
Allerdings dürfte die Entwicklung in Griechenland dennoch einen erheblichen Einfluss darauf haben, als wie sicher und stabil die Eurozone künftig empfunden wird. Gerade vor dem Hintergrund anderer großer Gefahren für die Eurozone, könnte ein negativer Ausgang in Griechenland damit durchaus heftige Folgen für die Währungsunion im Gesamten haben.

11) Wie könnten Auswege aus der verfahrenen Situation aussehen?

a) Wie kann das aktuelle Liquiditätsproblem Griechenlands gelöst werden?

Das aktuelle Liquiditätsproblem besteht vor allem darin, dass Griechenland noch immer zahlreiche Gläubiger neben dem ESM bedienen muss. Nachdem die ESM-Kredite lange laufen und auch eine günstige Verzinsung vorgesehen ist, kann hier nicht mehr viel unternommen werden. Allerdings könnte der ESM mit einem Bruchteil seiner bisherigen Hilfsleistungen die Refinanzierung, z.B. bis zum 31.12.2016, sicherstellen. Würde eine solche Kreditleistung an die Rückzahlungszeitpunkte geknüpft, könnte aus Sicht der Geldgeber auch eine Zweckentfremdung ausgeschlossen werden. Zusätzlich könnte mit günstigen Konditionen, z.B. einem Zinssatz von 1% und weitgehender Stundung, die durchschnittliche Zinslast und Liquiditätsbelastung für Griechenland gesenkt werden.
Wäre die Rückzahlung der Kredite bis Ende 2016 abgesichert und würde Griechenland einen Primärüberschuss erwirtschaften, mit dem es die Zinsen der verbleibenden privaten Gläubiger bedienen kann, wäre die Liquidität vorerst auf niedrigem Niveau gesichert. Daneben würden sich durch die Stundungsmodalitäten und die günstigen Konditionen des ESM mit der Zeit Spielräume ergeben, die zur Belebung der Konjunktur genutzt werden können, wodurch das Liquiditätsproblem am nachhaltigsten beseitigt würde.

b) Wie können die Kosten von Hilfsmaßnahmen bzw. der Schaden möglichst gering gehalten werden?

Wie unter Punkt 6a) dargestellt, macht es in der jetzigen Situation wenig Unterschied, ob die Rückzahlung verschoben wird oder ob Griechenland Geld für die Rückzahlungen zur Verfügung gestellt wird. Lediglich ein endgültiger Verzicht auf die Rückzahlung, also ein Schuldenschnitt, würde sofortige Kosten verursachen, die ansonsten durch günstige Zinskonditionen an Griechenland erst über Jahre verteilt entstehen würden. Um Folgekosten möglichst gering zu halten, sollte daher nicht auf einen Schuldenschnitt, sondern auf eine möglichst lange Verteilung und eine Kreislösung mit geringer Verzinsung gesetzt werden. Hierdurch könnte bei einer Konjunkturbelebung in Griechenland zumindest ein Teil der Summe recht einfach wieder in den regulären Schuldendienst integriert werden.
Um die politischen und ökonomischen Kosten möglichst gering zu halten, sollte daneben auf einen Ausstieg Griechenlands aus der Währungsunion verzichtet werden.

c) Welche Rolle kann die Geldpolitik der EZB bei der Überwindung der Krise spielen?

Insgesamt wird durch die Geldpolitik der EZB das Zinsniveau für Staatsanleihen äußerst niedrig gehalten, wodurch Spielräume bei der Überwindung der Verschuldungsproblematik entstehen. Daneben führt die Abwertung des Euro zu Preisvorteilen im Standortwettwebwerb, die zum einen zu einer Belebung der Konjunktur beitragen können und die zum anderen genutzt werden könnten, um Konvergenzmaßnahmen in wettbewerbsstarken Euro-Staaten abzufedern.

d) Welche Anpassungen in der Eurozone könnten Griechenland helfen?

Kernursachen der Eurokrise waren Divergenzen bei der Wettbewerbsfähigkeit und der Bonität. Maßnahmen außerhalb Griechenlands, die zu einer Konvergenz innerhalb der Eurozone führen, helfen Griechenland daher automatisch und Spielräume für solche Maßnahmen gibt es aktuell durch die EZB-Politik. Im Bereich der Wettbewerbsfähigkeit könnten somit z.B. in Deutschland über die nächsten fünf Jahre Reallohnsteigerungen um die 2,0% und ein Inflationsziel von 2,5 – 3,0% angestrebt werden, ohne an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren, weil der Euro von der EZB zurzeit schwach gehalten wird.
Daneben könnten ausgleichende Maßnahmen dort helfen, wo Unterschiede über Konvergenzprogramme nur langsam abgebaut werden oder konjunkturelle Unterschiede bestehen. Ausgleichzahlungen bei hoher Arbeitslosigkeit würden neben anderen Krisenländern besonders auch Griechenland nutzen, während ein Zinsausgleich durch die jetzt schon zum Teil günstigen Konditionen für Hilfskredite, kaum einen Nutzen für Griechenland hätte, dafür allerdings für Italien, Spanien, Irland oder Portugal.

e) Wie kann die Konjunktur in Griechenland belebt werden?

Lässt man einen Zinsausgleich oder einen Arbeitslosenausgleich, also Transferzahlungen, die eine tiefergehende politische Integration erfordern, beiseite, könnte eine Konjunkturbelebung folgende Bestandteile haben. Mit Hilfe eines Refinanzierungsprogramms, wie unter Punkt 6a) angesprochen, könnten die Liquiditätsprobleme bis Ende 2016 beseitigt werden. Gleichzeitig kann auch schon in der aktuellen Struktur der Währungsunion auf eine Anpassung, im Sinne einer Stärkung der Binnennachfrage in den wettbewerbsstarken Staaten, gesetzt werden. Hiermit sollte ein gutes Fundament gelegt sein, so dass dann die Frage ist, wie schnell und wie erfolgreich die neue griechische Regierung bei der Umsetzung der notwendigen Reformen ist.
Gelingt es zügig, die Steuerverwaltung und Kontrolle in einen adäquaten Zustand zu bringen, daneben auch EU-Fördergelder für Investition abzurufen und durch Privatisierungen sowohl Investitionen ins Land als auch Verkaufserlöse in den Staatshaushalt zu bringen, erscheint ein kleiner Primärüberschuss noch für 2015 möglich. Hierfür muss aber in den nächsten ein, zwei Wochen die Zeit der Ungewissheit für Griechenland vorbei sein, so dass die Tourismus-Saison voll ausgeschöpft werden kann. Würde sich auf diese Weise für 2015 zumindest eine schwarze Null vor Zinsen ergeben, würden automatisch für 2016 neue Spielräume entstehen.

12) Ist die Eurozone gerettet, wenn Griechenland gerettet ist?

Die Hauptprobleme in der Eurozone liegen in den drei Ländern Frankreich, Spanien und Italien. Frankreich droht in eine erhebliche Schieflage zu geraten, wenn die Konjunktur in der Eurozone oder die Weltkonjunktur nicht kräftig anzieht und nach beidem sieht es nicht aus. Italien ist bei stagnierender Wirtschaft und wachsendem Schuldenberg schon längst schwer angeschlagen und auch in Spanien geht es nur in Minischritten aus der Talsohle heraus und auch dies noch immer nur zum Preis wachsender Schulden. Selbst wenn Griechenland vorerst gerettet wird, ist die Eurokrise also noch lange nicht gelöst.


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Staatsschulden in Griechenland: Das Ziel ist Refinanzierung nicht Rückzahlung https://www.mister-ede.de/politik/staatsschulden-refinanzierung/3706 https://www.mister-ede.de/politik/staatsschulden-refinanzierung/3706#comments Mon, 09 Mar 2015 18:10:47 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=3706 Weiterlesen ]]> Im Rahmen der Eurokrise wird immer wieder die Frage aufgeworfen, ob Griechenland seine Schulden jemals zurückzahlen kann. Die viel entscheidendere Frage ist aber, ob ein Land, in diesem Fall Griechenland, künftig in der Lage sein wird, neue Kredite aufzunehmen. Nicht die Rückzahlung, sondern die Refinanzierung ist der Knackpunkt der Staatsverschuldung, wie eben 2010 bei Griechenland.

Nimmt ein Land einen Kredit über fünf Jahre auf, dann spürt es in diesen fünf Jahren in seinem Haushalt nicht die Schulden, sondern nur fünf Zinszahlungen. Am Ende des fünften Jahres stellt sich jedoch die Frage, ob das Land zu diesem Zeitpunkt in der Lage ist, zu vertretbaren Konditionen einen neuen Kredit aufzunehmen, um damit den alten ablösen zu können. Ist ein Land hierzu in der Lage, dann ist automatisch auch die Rückzahlung der Schulden gesichert, weil das Land den alten Kredit einfach durch einen neuen ersetzen kann und somit in den folgenden fünf Jahren wieder nur die Zinsbelastung im Haushalt spürt. So kann sich dieser Kreislauf dann problemlos fortsetzen, ohne dass ein Abbau der Schuldenlast notwendig ist, wie z.B. bei Deutschland, dessen Schuldenberg mehr oder weniger kontinuierlich ansteigt.

Im Jahr 2010 war das primäre Problem Griechenlands daher nicht, dass es die alten Kredite nicht zurückzuzahlen konnte, sondern dass es keine neuen Kredite mehr bekam. Aufgrund des Auseinanderlaufens der Zinssätze in der Eurozone wären neue Kredite für das Land so teuer gewesen, dass eine Refinanzierung zu Marktkonditionen, sofern überhaupt ausreichend Kreditgeber zur Verfügung gestanden hätten, die kommenden Haushalte dauerhaft gesprengt hätte. Insofern war das primäre Problem Griechenlands die fehlende Refinanzierungsfähigkeit, wodurch in zweiter Instanz dann natürlich auch eine Rückzahlung alter Kredite ohne Hilfe von außen nicht mehr möglich gewesen wäre.

Neben der Durchführung eines Schuldenschnitts reagierte die Eurozone daher mit der Bereitstellung der notwendigen Liquidität durch Hilfskredite. Auf diese Weise wurde für Griechenland, wenn man so will, seit 2010 eine Ersatz-Refinanzierungsmöglichkeit geschaffen.
Daraus folgt für die aktuelle Ausrichtung einer europäischen Griechenlandpolitik, dass das Hauptziel sein muss, Griechenland möglichst schnell wieder in die Lage zu versetzen, selbst neue Kredite am Finanzmarkt aufzunehmen, damit es die Verbindlichkeiten gegenüber den Rettungsschirmen allmählich ablösen kann. Gelingt dies, wäre Griechenland auch bei seinem aktuellen Schuldenstand fähig, seine Verpflichtungen ordnungsgemäß zu erfüllen.


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Die Konstruktion des ESM und seine Zukunftsaussichten https://www.mister-ede.de/politik/die-konstruktion-des-esm/1685 https://www.mister-ede.de/politik/die-konstruktion-des-esm/1685#comments Tue, 25 Dec 2012 06:02:10 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=1685 Weiterlesen ]]> Der ESM ist als Konstruktion auf das Vertrauen an den Märkten angewiesen. Die Gelder, die an die Empfängerländer ausgezahlt werden, müssen am Finanzmarkt organisiert werden. Weil aber der ESM diese Gelder in Ländern anlegt, die zurzeit nicht gerade als sicher gelten, würden die Zinsen, die der ESM zu entrichten hat, sehr hoch liegen.
Durch die Garantien der verschiedenen Euro-Länder wird nun zusätzlich für die Rückzahlung gebürgt. Somit lassen sich bessere Konditionen bei der Kreditaufnahme am Geldmarkt für den ESM erreichen, was notwendig für die Funktionsfähigkeit des ESM ist.

Für Investoren ist auf diese Weise der ESM doppelt gesichert. Zuerst müssen die jeweiligen kreditnehmenden Länder für die Rückzahlung an den ESM sorgen. Sollte dies aus irgendwelchen Gründen nicht möglich sein, kommt die zweite Absicherung, die Garantien der übrigen Länder, zum Tragen. Der ESM wird also entweder auf die eine oder die andere Art zu seinem Geld kommen, so dass er seinen Verpflichtungen ordentlich nachkommen kann.
Zwar sorgt diese Konstruktion nun für mehr Sicherheit bei den Geldgebern, weil gleichzeitig mehrere Gläubiger für dieselbe Schuld einstehen, sie birgt aber auch zusätzliche Gefahren. So könnte nun auch der Ausfall eines großen Garantiegebers, wie Frankreich, zu Problemen für den ESM und seiner Refinanzierung führen.

Um solchen Problemen bei den Garantien vorzubeugen, wird insgesamt eine Rückzahlung von 700 Mrd. Euro garantiert, obwohl der ESM nur 500 Mrd. Euro verleihen darf. Dies ist auch deshalb nötig, weil Griechenland oder Portugal ebenfalls einen Teil der Garantien übernehmen. Die Überdeckung hilft aber zusätzlich kleinere Probleme bei einem einzelnen Land abzufedern und so insgesamt die Kreditwürdigkeit zu stärken. Allerdings einen Ausfall von Frankreich oder Deutschland würde der ESM wohl dennoch nicht überstehen.
Würde sich die Lage in Italien verschärfen und Italien als großer Garantiegeber selbst zum Empfänger von Hilfskrediten werden, würde dies den ESM vermutlich ebenfalls in große Schwierigkeiten bringen. Ich schätze, dass sowohl die Kapazität des ESM für Italien nicht reichen würde, als auch dass die Kreditwürdigkeit des ESM deutlich leiden würde. Eine Gestaltung des ESM bei der die Pleitestaaten für sich selbst bürgen wäre wahrscheinlich nicht sonderlich vertrauenserweckend.
Eine Ausweitung des ESM oder die Verteilung der Verpflichtungen unter den übrigen Geberländern würden aber meines Erachtens ebenfalls konkrete Folgen für deren Kreditwürdigkeit mitbringen. Die Idee einer Bankenlizenz bleibt daher für mich immer noch aktuell. Ähnlich wie aber die Überdeckung des ESM für zusätzliches Vertrauen sorgt, müsste eine solche Banklizenz an noch stärkere Sicherheiten, wie z.B. höhere Eigenkapitalvorschriften, gebunden werden, als dies bei Geschäftsbanken der Fall ist.

Neben dem Ausfall der Garantiegeber bringt die Konstruktion des ESM eine weitere zusätzliche Gefahr mit sich. Durch den Ausfall eines Empfängerlandes könnte eine Kettenreaktion ausgelöst werden. Wird z.B. ein Schuldenschnitt in Griechenland nötig, dann kommen die entsprechenden Garantien zum Zuge. Dies allerdings belastet dann die Staatshaushalte z.B. in Frankreich, Italien oder Deutschland. Eine Abwertung der Kreditwürdigkeit dieser Länder kann die Folge sein. Dies hätte dann aber wieder unmittelbare Auswirkung auf die Kreditwürdigkeit des ESM selbst.
Um einen solchen Dominoeffekt auszulösen, müssten die Ausfallsummen aber insgesamt groß genug sein. Ob ein erneuter Schuldenschnitt Griechenlands reichen würde, kann ich natürlich nicht sagen, aber ich vermute eher nicht. Problematischer sehe ich es, wenn neben Griechenland auch Portugal oder Irland einen Schuldenschnitt benötigen würden.

Neben den Gefahren, die durch einen Ausfall der Empfängerländer oder durch Probleme bei den großen Garantiegebern entstehen, gibt es eine weitere Schwierigkeit. Der ESM gibt Gelder heraus und wird sich damit seiner Obergrenze von 500 Mrd. Euro langsam aber sicher annähern, sofern die Grundproblematiken der wirtschaftlichen Ungleichgewichte nicht gelöst werden.

Eine Ursachenanalyse der Eurokrise (www.mister-ede.de 20.06.2012)

Die EFSF hat Kredite im dreistelligen Milliardenbereich vergeben, dazu kommen Hilfskredite des ESFM und des IWF [1]. Nun soll als nächstes ein Hilfsprogramm über 100 Milliarden durch den ESM für spanische Banken finanziert werden. Auch Griechenland braucht wohl mehr Geld und Zeit und bei Portugal oder Zypern ist noch kein Ende der Krise in Sicht. In Irland sieht es zwar so aus, als ob der Staatshaushalt wieder in Griff gebracht wird, aber es wird auch hier noch einige Jahre dauern, bis die Krise überwunden ist.

Insgesamt führt mich dies zu der Frage, wie groß das Vertrauen in die Wirksamkeit des ESM noch wäre, wenn irgendwann nur noch 150 der 500 Mrd. Euro für Hilfsleistungen zur Verfügung stehen. Auch dies könnte dann zu einem Stolperstein auf dem Weg zu neuem Vertrauen in die Eurozone werden. Hier könnte ebenfalls eine offenere Konstruktion mit einer ESM-Banklizenz helfen, das Vertrauen gerade auch dann zu sichern, wenn der ESM in Anspruch genommen wird. Überdies wäre es hilfreich, wenn ein eigenständiger Bankensicherungsfonds zukünftig die Euro-Länder bei der Bankenhilfe entlastet. Ohne die Bankenhilfe wäre der Finanzbedarf der Empfängerländer deutlich kleiner oder gar nicht vorhanden. Dies würde sowohl die Bonität der Garantieländer erhöhen, als auch die Anforderungen an den ESM minimieren.

Mögliche Gestaltung eines Bankensicherungsfonds (www.mister-ede.de – 02.07.2012)

Die aktuelle Konstruktion des ESM halte ich bei der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung in Europa bislang für nicht wirklich zukunftsfähig. Gelingt es nicht die wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu beenden, wird der ESM früher oder später an seine Grenzen stoßen. Vor allem im Hinblick darauf, dass zukünftig hieraus Banken direkt kapitalisiert werden sollen, frage ich mich wo dieses Geld herkommen soll, wenn die Bonität in der Eurozone weiter sinkt.

Bankensubvention statt Finanzmarktsteuer – Die Folgen des Euro-Gipfels (www.mister-ede.de – 30.06.2012)


[1] Aus dem Glossar des Instituts für Weltwirtschaft zur Eurokrise (Link zum Glossar auf www.ifw-kiel.de)

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Eine Ursachenanalyse der Eurokrise https://www.mister-ede.de/politik/ursachenanalyse-der-eurokrise/1147 https://www.mister-ede.de/politik/ursachenanalyse-der-eurokrise/1147#comments Wed, 20 Jun 2012 07:49:15 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=1147 Weiterlesen ]]> Um die aktuelle Eurokrise zu bewältigen muss eine neue Wirtschaftspolitik aus meiner Sicht die wesentlichen Ursachen bekämpfen. Die Analyse der Ursachen muss daher die Grundlage einer solchen neuen gemeinsamen Politik sein. Bislang haben die Politiker eine Therapie versucht ohne die Krankheit zu kennen. In den letzten drei Jahren haben wir somit nur die Symptome nicht aber die Ursachen bekämpft. Als Einstieg habe ich daher versucht die verschiedenen Ursachen dieser Eurokrise zu kennzeichnen.

1) 1. Ursache: Der Zusammenhang von Bonität und Rentabilität

Durch die Verknüpfung von Bonität und Rentabilität wird innerhalb einer Marktwirtschaft das Auseinanderdriften von Vermögenden und Nicht-Vermögenden manifestiert. Verstärkt wird dies unter anderem durch Ratings und Hinterlegungsregeln bei der europäischen Zentralbank. Hierdurch werden schwache Unternehmen, Banken und Staaten stets stärker belastet als gesunde Unternehmen, Banken und Staaten. Dies führt im Verlauf der Eurokrise dazu, dass die Vermögenden hohe Zinsaufschläge für vergebene Kredite nehmen können und andererseits die Nichtvermögenden hohe Zinsaufschläge leisten müssen. Ob der Vermögende nun eine Bank, eine Person oder ein Staat ist, spielt überhaupt keine Rolle. Dieses grundsätzliche Problem liegt aber in der Marktwirtschaft, nicht im Euro und auch nicht bei den Krisenstaaten. Es ist ein wesentliches Problem der Marktwirtschaft, das im Spannungsfeld zwischen Selbstbestimmung und der Verantwortung für die Gesellschaft liegt.

Der Zusammenhang von Bonität und Rentabilität (www.mister-ede.de – 08.06.2012)

2) 2. Ursache: Bankenkrise

Ein Auslöser und damit eine wesentliche Ursache für die Eurokrise, ist die vorausgegangene Bankenkrise. Durch eine zu niedrige Eigenkapitalquote, zu viel Spekulation und zu wenig Überwachung sind viele europäische Banken gleichzeitig in Schieflage geraten. Diese Schieflage bestand sicherlich schon vor dem Platzen der Immobilienblase in den USA, aber hierdurch wurde spätestens ein kritischer Punkt überschritten. Man könnte sagen, dass durch den Ausfall von Kreditforderungen einige Milliarden von vielen angelegten Billionen Euro fehlten. Man hätte zwar einige Banken in die Pleite schicken können, das hätte aber dann bedeutet, dass Anleger quer durch die Gesellschaft ihr Geld verloren hätten. Bei der Commerzbank wäre der Millionär genauso betroffen gewesen, wie der Kleinsparer. Daher wurden die fehlenden Milliarden durch die Nationalstaaten aufgefangen. Dies wurde durch Garantien oder durch eine Verstaatlichung der Institute erreicht. Hätte man dies nicht gemacht, wäre wahrscheinlich wirklich innerhalb kürzester Zeit das gesamte Bankensystem zusammengebrochen. Wer hätte denn gerne sein Geld für 2% Zinsen im Jahr bei der Bank liegen, wenn es täglich verloren sein kann. Man sollte aber im weiteren Verlauf keinesfalls vergessen, dass diese Bankenkrise überhaupt erst die Eurokrise ausgelöst hat. Wenn man die Situation in Spanien betrachtet, dann muss man auch feststellen, dass die Bankenkrise selbst noch gar nicht ausgestanden ist. Durch den Zusammenhang von Bonität und Rentabilität kommen Banken aus einer Schieflage auch kaum heraus, weil die Refinanzierungskosten deutlich steigen.

3) 3. Ursache: Fehlende Bonität bei Nationalstaaten

Eine weitere Ursache für die Krise liegt in der zu niedrigen Bonität einzelner Mitgliedsstaaten. Weder die Wirtschaftskraft, noch die Verschuldung eines Staates reichen alleine aus um die Bonität zu bewerten. Erst die Kombination von beiden Werten erlaubt ein Urteil über die Rückzahlungsfähigkeit der Verbindlichkeiten. So sind zwar die Staatsschulden in Spanien bis vor einem Jahr vergleichsweise niedrig gewesen, aber in Kombination mit der aktuell geringen Wirtschaftskraft sinkt die Bonität dennoch. Hätte Spanien eine Wirtschaftskraft wie Deutschland, dann wäre die Verschuldung wohl kein Problem.
In Griechenland und Portugal kann man sagen, dass sowohl die fehlende Wirtschaftskraft, als auch die hohe Verschuldung ein Problem sind. Diese Gefahr schlummerte auch schon vor dem tatsächlichen Platzen der Immobilienblase. Sowohl die spanische Jugendarbeitslosigkeit, als auch die südliche Steuermoral haben so auch schon vorher die Länder gebremst. Durch die Bankenkrise wurden aber die Schulden dann nochmals höher, während die Wirtschaftskraft zurückgegangen ist. In Irland oder Griechenland wurde damit auf jeden Fall ein kritischer Punkt überschritten, ab dem es einem Land nicht mehr möglich ist sich selbst zu helfen.

4) 4. Ursache: Haushaltsdefizite

Neben Verschuldung und Wirtschaftskraft spielt auch das Haushaltsdefizit eine Rolle. Zwar trägt auch die Haushaltsbilanz zur Bewertung der Wirtschaftskraft bei, aber es handelt sich um einen Schlüsselwert mit besonderer Bedeutung. Insgesamt haben die Mitgliedsstaaten einen weit höheren Rekapitalisierungsbedarf für die angehäuften Verbindlichkeiten, als für die Finanzierung des aktuellen Haushaltsdefizits nötig ist. Dennoch zeigt aber ein ausgeglichener Haushalt oder ein niedriges Defizit, dass eine Rückzahlung wahrscheinlich ist. Die Haushaltsdefizite waren aber ebenfalls schon vor der Krise notorisch vorhanden. [Anmerkung: Man kann Haushalte nicht nur durch „Sparen“ sondern auch durch Steuererhöhungen ausgleichen.]

5) 5. Ursache: Der Euro

Durch den Wegfall der nationalen Währungen ist eine Anpassungsmöglichkeit der Währung an die Wirtschaftsfähigkeit verloren gegangen. Das ist ein Vorteil für die gesamte Währungsunion, weil der Handel deutlich gefördert wird. Es bestehen keine Wechselkursrisiken und es ist eine hohe Planungssicherheit gegeben. Allerdings hat diese Medaille auch eine Kehrseite, denn es können Fehlanreize entstehen und in einer Krise kann die notwendige Flexibilität der Währung fehlen.

Das einheitliche Zinsniveau (www.mister-ede.de – 11.04.2012)

5a) 5. Ursache: Fehlanreize bei Konsum und Produktion

Die gemeinsame Währung führt dazu, dass Länder mit schwächerer Wirtschaftskraft eine etwas zu starke Währung haben und umgekehrt wirtschaftlich starke Mitgliedsstaaten eine etwas zu schwache Währung haben. Dies kann bei einem zu großen Unterschied in der Wirtschaftskraft zu Fehlanreizen bei Konsum und Produktion führen. Gerade bei einer regionalen Krise verschärft sich das Problem. Zwar kann die Währung in der Eurozone insgesamt stärker oder schwächer gestellt werden, z.B. mit der aktuellen Niedrigzinspolitik, aber es ist nicht möglich den Euro in Spanien und Deutschland unterschiedlich zu bewerten. Hierdurch werden die Fehlanreize deutlich verstärkt. Während eine Währungsabschwächung bei einer Krise den Konsum drosselt und die Produktion fördert, fehlt diese Anpassungsmöglichkeit bei einem Währungsverbund.

Man kann dieses Problem auch innerhalb Deutschlands sehen. Die unterschiedliche Wirtschaftskraft in West- und Ostdeutschland konnte nur mit unglaublichen Subventionsleistungen einigermaßen abgemildert werden. Dennoch ist auch über 20 Jahre nach der Einheit die Wirtschaftskraft zwischen West und Ost stark unterschiedlich. Die fehlende Anpassungsfähigkeit innerhalb eines Währungsraumes führt dazu, dass weniger stark entwickelte Regionen kaum aufholen können, weil Investitionen im Vergleich zu anderen Regionen nicht wesentlich günstiger sind.

Der Euro-Währungsverbund – Problem und Lösung (www.mister-ede.de – 05.03.2012)

5b) 5. Ursache: Die Flexibilität des Kapitals im Euroraum

Innerhalb des Währungsraumes ist es für Anleger sehr leicht das investierte Kapital aus einem Land in ein anderes abzuziehen. Auch hier waren die Vorteile in ruhigen Zeiten offensichtlich. Ähnlich wie sich der Handel mit Gütern und Dienstleistungen verstärkt hat, ist auch der Handel mit Kapital erleichtert worden. Die niedrigen Zinsen für Griechenland und Portugal waren die Folge der entfallenen Währungsrisiken. Aber die Kehrseite ist auch hier, dass sich in einer Krise diese Flexibilität im negativen auswirkt. So leicht wie die Kredite wegen des fehlenden Währungsrisikos z.B. nach Griechenland flossen, so leicht kann nun das Kapital aus den Ländern wieder abgezogen werden.
Hätte Griechenland eine eigenständige Währung vor der Krise gehabt, dann hätte diese Währung durch die Krise abgewertet. So wäre das Abziehen von Kapital in ein anderes Land nur mit Wechselkursverlusten für Anleger möglich gewesen. So aber können z.B. die fälligen griechischen Anleihen statt in Griechenland einfach in Deutschland wieder angelegt werden.
Wenn man die Zinsen betrachtet, welche durch die Mitgliedsländer bei der Refinanzierung vor der Krise und heute gezahlt werden müssen, dann kann man daran ablesen aus welchen Ländern Kapital abgezogen wurde, und in welche Länder dieses Kapital geflossen ist. Die erste Ursache, also die unglückliche Verbindung von Bonität und Rentabilität, wird durch die Flexibilität des Kapitals im Währungsraum deutlich verstärkt.

Fazit:

Erst wenn Einigkeit über die Ursachen der Eurokrise besteht, kann man effektiv dagegen vorgehen. Ansonsten handelt es sich um eine Therapie ohne die Krankheit zu kennen.
Anhand dieser Ursachendarstellung habe ich nun verschiedene Ideen entwickelt, wie die Ursachen bekämpft werden können. Neben Maßnahmen die nur einen gemeinsamen Willen zur Umsetzung brauchen, schlage ich aber auch eine koordinierte Fiskalpolitik oder einen Zinsausgleich vor. Für letzteres ist vor allem die Solidarität der starken Mitgliedsländer erforderlich, für eine koordinierte Fiskalpolitik bedarf es der Abgabe von nationaler Souveränität.

Maßnahmen zur Bekämpfung der Eurokrise – Teil 1 (www.mister-ede.de – 20.06.2012)

In einem Artikel über unsere Wirtschaft habe ich deren Struktur und die Funktionsweise der Marktwirtschaft kurz dargestellt. Neben dem Zusammenhang zwischen Bonität und Rentabilität spielt die Verteilung von Macht zwischen den Handelspartnern eine entscheidende Rolle für die Nutzenverteilung.

Die Struktur unserer Wirtschaft (www.mister-ede.de – 02.06.2012)

Macht und Marktwirtschaft (www.mister-ede.de – 02.06.2012)

Die Machtungleichgewichte in der Eurozone (www.mister-ede.de – 20.06.2012)

Das Machtungleichgewicht zwischen Volk und Elite in vielen Mitgliedsstaaten, aber auch zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten könnte ein weiterer Grund für Stärke und Dauer der Eurokrise sein. Nachdem aber zwischen Machtgebrauch und Machtmissbrauch nur schwer zu unterscheiden ist und ein Machtungleichgewicht nur bei einem Missbrauch schädlich ist, kann ich nicht beurteilen ob und wie stark dies die Eurokrise beeinflusst.

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Der Zusammenhang von Bonität und Rentabilität https://www.mister-ede.de/politik/bonitat-und-rentabilitat/998 https://www.mister-ede.de/politik/bonitat-und-rentabilitat/998#comments Fri, 08 Jun 2012 05:40:46 +0000 MisterEde http://www.mister-ede.de/?p=998 Weiterlesen ]]> Die Bonität ist das Vertrauen in die Kreditwürdigkeit. Wenn ein Unternehmen eine Investition fremdfinanziert, spielt die Bonität eine entscheidende Rolle für die Kreditkosten und damit die Rentabilität. So wie die Versicherungsbeiträge für ein Auto bei Fahranfängern oder bei häufigen Unfällen höher sind, so wird bei einem Kredit ein Risikoaufschlag erhoben. Eine solche Differenzierung ist zwar zulässig, kann aber auch zu einer Diskriminierung führen. Ab wann das der Fall ist, kann man nur schwierig beantworten. Es ist aber für den Effekt der daraus resultiert völlig unerheblich. So wie bei Fahranfängern die Investition in ein Auto durch die hohen Versicherungsbeiträge unmöglich werden kann, so kann eine Geschäftsinvestition durch die hohen Zinsen verhindert werden.

In der folgenden Tabelle sind drei Unternehmen dargestellt, die in dasselbe Objekt investieren wollen. Alle Daten der Investition sind identisch, bis auf die Bonität und damit die Kreditzinsen der Unternehmen.

Alle Unternehmen müssten denselben Betrag investieren, hätten aber auch den gleichen jährlichen Überschuss aus der Investition. Wenn der Anteil an Fremdfinanzierung gleichbleibt, dann entscheidet die Höhe der Zinsen über die Rentabilität. Während Unternehmen „A“ aufgrund der guten Bonität nur 30.000 € Zinsen jährlich zahlen muss, entstehen bei Unternehmen „C“ 75.000 € an Zinskosten. Ob wir es nun als gerechte Differenzierung betrachten, weil die Ausfallwahrscheinlichkeit als höher angenommen wird, oder ob wir es als Diskriminierung der Vermögenslosen betrachten ist auch erkennbar unerheblich. Im Effekt werden Unternehmen, denen es gut geht immer bevorzugt durch günstige Zinssätze. Umgekehrt haben es Unternehmen, die in Schwierigkeiten sind, doppelt schwer. Würden Unternehmen „A“ und Unternehmen „C“ an der gleichen Stelle investieren, wird Unternehmen „A“ stets bessere Wettbewerbsbedingungen haben, was die Zinskosten anbelangt.

Die Bonität eines Unternehmens ist daher keine Nebensächlichkeit, sondern ein wesentlicher Faktor. Es besteht damit auch ein Wechselspiel zwischen Bonität und Rentabilität. Nicht nur unrentable Unternehmen können ihre Bonität verschlechtern, sondern eine schlechte Bonität kann auch Unternehmen unrentabel machen.
Käme es zu einer Abwertung von Unternehmen „B“ von „mittel“ auf „schlecht“, z.B. wegen schlechter Wirtschaftsdaten für das jeweilige Land, würden die Zinskosten steigen. In der Folge wäre die Investition des Unternehmens unrentabel.

Eine weitere Ähnlichkeit zwischen der Kreditwirtschaft und der Versicherungswirtschaft besteht in der Erwartung. Bei Fahranfängern führt nicht der tatsächliche Unfall, sondern schon die Erwartung eines höheren Risikos zu einem Risikoaufschlag. Die ganze Versicherung ist per se auf die Erwartung der Zukunft ausgerichtet, genauso wie die Kreditwirtschaft. Eine solche Erwartung kann aber nur „ex post“ überprüft werden. Welche Spielräume und Macht hieraus demjenigen erwächst, der die Bewertung der Bonität übernimmt, ist offensichtlich.


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Die Struktur unserer Wirtschaft (www.mister-ede.de – 02.06.2012)

Macht und Marktwirtschaft (www.mister-ede.de – 02.06.2012)

Erwartung und Risiko in einer Marktwirtschaft (www.mister-ede.de – 08.06.2012)

Der Effekt von Bewertungsinstitutionen (www.mister-ede.de – 08.06.2012)

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