Staatsschulden in Griechenland: Das Ziel ist Refinanzierung nicht Rückzahlung

Im Rahmen der Eurokrise wird immer wieder die Frage aufgeworfen, ob Griechenland seine Schulden jemals zurückzahlen kann. Die viel entscheidendere Frage ist aber, ob ein Land, in diesem Fall Griechenland, künftig in der Lage sein wird, neue Kredite aufzunehmen. Nicht die Rückzahlung, sondern die Refinanzierung ist der Knackpunkt der Staatsverschuldung, wie eben 2010 bei Griechenland.

Nimmt ein Land einen Kredit über fünf Jahre auf, dann spürt es in diesen fünf Jahren in seinem Haushalt nicht die Schulden, sondern nur fünf Zinszahlungen. Am Ende des fünften Jahres stellt sich jedoch die Frage, ob das Land zu diesem Zeitpunkt in der Lage ist, zu vertretbaren Konditionen einen neuen Kredit aufzunehmen, um damit den alten ablösen zu können. Ist ein Land hierzu in der Lage, dann ist automatisch auch die Rückzahlung der Schulden gesichert, weil das Land den alten Kredit einfach durch einen neuen ersetzen kann und somit in den folgenden fünf Jahren wieder nur die Zinsbelastung im Haushalt spürt. So kann sich dieser Kreislauf dann problemlos fortsetzen, ohne dass ein Abbau der Schuldenlast notwendig ist, wie z.B. bei Deutschland, dessen Schuldenberg mehr oder weniger kontinuierlich ansteigt.

Im Jahr 2010 war das primäre Problem Griechenlands daher nicht, dass es die alten Kredite nicht zurückzuzahlen konnte, sondern dass es keine neuen Kredite mehr bekam. Aufgrund des Auseinanderlaufens der Zinssätze in der Eurozone wären neue Kredite für das Land so teuer gewesen, dass eine Refinanzierung zu Marktkonditionen, sofern überhaupt ausreichend Kreditgeber zur Verfügung gestanden hätten, die kommenden Haushalte dauerhaft gesprengt hätte. Insofern war das primäre Problem Griechenlands die fehlende Refinanzierungsfähigkeit, wodurch in zweiter Instanz dann natürlich auch eine Rückzahlung alter Kredite ohne Hilfe von außen nicht mehr möglich gewesen wäre.

Neben der Durchführung eines Schuldenschnitts reagierte die Eurozone daher mit der Bereitstellung der notwendigen Liquidität durch Hilfskredite. Auf diese Weise wurde für Griechenland, wenn man so will, seit 2010 eine Ersatz-Refinanzierungsmöglichkeit geschaffen.
Daraus folgt für die aktuelle Ausrichtung einer europäischen Griechenlandpolitik, dass das Hauptziel sein muss, Griechenland möglichst schnell wieder in die Lage zu versetzen, selbst neue Kredite am Finanzmarkt aufzunehmen, damit es die Verbindlichkeiten gegenüber den Rettungsschirmen allmählich ablösen kann. Gelingt dies, wäre Griechenland auch bei seinem aktuellen Schuldenstand fähig, seine Verpflichtungen ordnungsgemäß zu erfüllen.


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