WM 2006: Diplomatenstatus für Franz Beckenbauer?

Es war sein wohl größter Coup: Um die Jahrtausendwende gelang es dem Ehrenspielführer der deutschen Fußballnationalmannschaft, Franz Beckenbauer, die Fußballweltmeisterschaft 2006 nach Deutschland zu holen. Er bescherte dem Land damit ein Sommermärchen, das Deutschland zum einen Selbstbewusstsein und zum anderen enorm viele Sympathien im Ausland einbrachte. Würde man den Imagegewinn Deutschlands berechnen, der durch diese WM entstand, käme man vermutlich – ähnlich wie bei Merkels von Humanität getragener Entscheidung während der Flüchtlingskrise im September 2015 – zu einem Ergebnis im zweistelligen Milliardenbereich.

Doch nun, mehr als 10 Jahre danach, steht Franz Beckenbauer, der Kaiser, die Lichtgestalt des deutschen Fußballs, in der Kritik, weil es womöglich zu dubiosen Geldzahlungen im Zusammenhang mit der Vergabe der WM 2006 gekommen sein könnte. Betrachtet man allerdings die Zeit der WM-Vergabe um die Jahrtausendwende, so war es damals noch absolut üblich, dass deutsche Konzerne im Ausland eine gewisse Landschaftspflege betrieben und die Kosten hierfür dann auch noch ganz selbstverständlich von der Steuer absetzen konnten. Das wurde von Unternehmen ausgiebig genutzt und weil es eben auch Deutschland zum Vorteil gereichte, wurde diese Praxis von Politik und Gesellschaft wohlwollend geduldet.
Entsprechend sollte die deutsche Politik nun aber auch Franz Beckenbauer, wenn ihm wegen seiner Aktivitäten rund um die WM-Vergabe Ungemach droht, mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln helfen. Sollte es notwendig sein, müsste Beckenbauer aus meiner Sicht sogar ein Diplomatenstatus zuerkannt werden, um ihn vor einer möglichen Strafverfolgung im Ausland zu schützen.

Dabei geht es aber nicht nur um die Person Beckenbauer und die WM 2006, sondern auch um das Prinzip. Wir dürfen doch nicht einfach hinnehmen, dass sich ein Vladimir Putin, ein chinesischer KP-Chef oder der Scheich von Quatar eine WM kaufen können, während Deutschland seine Akteure an ein Gesetz bindet, das im globalen Maßstab keinerlei Gültigkeit besitzt. Natürlich ist Rechtsstaatlichkeit wichtig und natürlich darf niemand über dem Gesetz stehen, allerdings welche Regeln und Gesetze gelten bitte in Organisationen wie der FIFA, wenn es um die Vergabe solcher Großveranstaltungen geht?
Es kann einfach nicht angehen, dass diejenigen, die unser Land mit besten Absichten bei einem solchen internationalen Poker um eine WM-Vergabe vertreten, einem deutschen Antikorruptions- oder Geldwäschegesetz unterworfen sind, wenn sie dann gleichzeitig mit Staatsführern mithalten sollen, die sich ihre ganz eigenen Gesetze machen und nebenbei noch locker ein ganzes Land unterdrücken, Terrororganisation finanzieren oder Eigentümer der Wirtschaft ihres Landes sind. Wir sollten deshalb dringend darüber nachdenken, ob in solchen Fällen nicht einfach nach dem Grundsatz verfahren werden sollte, dass eine für Deutschland außerordentlich positive Handlung, die im internationalen Maßstab völlig normal ist, nicht zu Lasten des einzelnen Handelnden gehen darf.

Zumindest ich bin froh, dass sich Beckenbauer damals so stark für die WM in Deutschland engagiert hat und das Finale 2006 nicht im nordkoreanischen Pjöngjang oder im Emirat Dubai stattfand.


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