Der europäische Schwarzbau oder die Geschichte vom Hobbyhandwerker Helmut K.

Er gilt als der Architekt des europäischen Hauses, so wie wir es heute kennen – der Hobbyhandwerker Helmut K. aus der Pfalz. Zusammen mit seinem in Paris lebenden Freund François M. und später auch mit Jacques C. war er in den 80er und 90er Jahren maßgeblich für die Umgestaltung des europäischen Gebäudes verantwortlich. Eine Luxusimmobilie sollte es eigentlich mal werden, in der sich alle Bewohner wohlfühlen. Doch was Helmut K. da hinterlassen hat, ist nicht mehr als ein Schwarzbau, der gänzlich ohne Baugenehmigung und ohne die vorgeschriebene Bürgerbeteiligung errichtet wurde.
Regelmäßig bastelte der Pfälzer am europäischen Haus und gestaltete es je nach Bedarf um, ohne dabei auch nur einen Gedanken an Statik und Benutzbarkeit zu verschwenden. So wurde nach seinen Plänen immer weiter aufgestockt und angebaut, obwohl die Probleme bei der Tragfähigkeit allseits bekannt waren. Das Ergebnis ist heute ein Gebäude, bei dem es an vielen Ecken knirscht, mit undichtem Dach und schrägen Wänden. Selbst die Türen sind kaputt und lassen sich nicht mehr richtig schließen, sodass nun auch ungebetene Gäste ohne Probleme in das europäische Haus kommen können.

Neben der maroden Bausubstanz machen den Bewohnern aber auch zahlreiche andere Fehlplanungen das Leben schwer. Statt jedem Wohnungsbesitzer einen eigenen Parkplatz zu geben, stehen alle 28 Autos hintereinander gereiht in einer Garage. Je nachdem, wer also gerade etwas zu erledigen hat, müssen zunächst alle anderen 27 Hausbewohner ihre Autos aus der Garage holen. Das ist natürlich mühsam und hat ein Bewohner gerade keine Lust, gerät alles ins Stocken und nichts geht mehr voran.
Genauso ist bei der Hausordnung und der Organisation des Zusammenlebens einiges im europäischen Haus schief gelaufen. Gemeinsam wollten sich die Bewohner um die Außenanlagen kümmern, doch am Ende ist aus dieser Verabredung ein völliges Durcheinander geworden. Zwar freuten sich alle, als vor einigen Jahren auf der Ostseite des Hauses die Kastanien erblühten, allerdings um die zarten Gewächse kümmern wollte sich damals niemand. So gingen die Kastanien wieder ein und auch dem Jasmin, der südlich des Gartenteiches sprießte, erging es ähnlich. Als dann vor zwei Jahren der Bub aus dem Nachbarhaus anfing, wild durch den Vorgarten zu trampeln und ihn zu verwüsten, schimpften die Hausbewohner zwar laut. Am Ende lösten sie das Problem aber einfach, indem sie den Gartenzaun näher zu sich versetzten, damit der Nachbarsjunge mehr Platz zum Spielen hat.

Doch nicht nur der Vorgarten wuchert so vor sich hin, sondern auch sonst ist der Zusammenhalt unter den Hausbewohnern allmählich geschwunden. Anstatt zum Beispiel der bulgarischen Oma zu helfen, ihre Wohnung herzurichten, vermietet ihr der Deutsche lieber zu horrenden Preisen eine Matratze und lässt die arme Frau für einen Hungerlohn bei sich putzen. Genauso greift niemand ein, wenn der rumänische Papa wieder einmal seine Roma-Kinder schlägt, und auch dem jungen Spanier, der keinen Arbeitsplatz findet, hilft keiner der Hausbewohner.
Und wie es dann noch in einigen Wohnungen des europäischen Hauses zugeht. Zum Beispiel sind die Gerichte, die der Pole Jaroslaw zubereitet, so überhaupt nicht nach der europäischen Rezeptur und werden immer ungenießbarer. Außerdem gibt es dann noch ein paar unangenehme Zeitgenossen unter den Hausbewohnern, wie z.B. diesen Ungarn, der jedem, der nicht nach seinem Mund redet, Hausverbot erteilt oder ihn in seiner Rumpelkammer einschließt. Wen wundert es da eigentlich noch, dass die britische Familie inzwischen dabei ist, das Kündigungsschreiben fertig zu machen und den Auszug vorzubereiten.

Nimmt man also alles zusammen, dann hat Helmut K. einen europäischen Schwarzbau errichtet, der Mängel in der Bausubstanz und der Gebäudestruktur hat und dessen Bewohner sich nicht an die vereinbarte Hausordnung halten, unsolidarisch sind und nun zum Teil sogar wieder ausziehen wollen. Auch wenn der Hobbyhandwerker aus der Pfalz sicher etwas anderes plante, eine attraktive Luxusimmobilie hat er da wahrlich nicht gebaut.


Ähnliche Artikel:
Gewaltenteilung und Demokratie in Deutschland und der EU (www.mister-ede.de – 12.09.2012)

Die Machtverschiebung von Parlamenten zu Regierungen in der EU (www.mister-ede.de – 22.07.2014)

Zukunft EU: Dachverband der Nationalinteressen oder Gemeinschaftsprojekt? (www.mister-ede.de – 31.01.2013)

Diskussion:

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

*

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <strike> <strong>