Öffentlich-rechtlich finanzierter Content für Youtube

In dieser Woche startete das neue WDR-Format #3Sechzich. Das besondere an diesem Format, es handelt sich um einen Youtube-Kanal, der vom WDR betrieben wird. Nachdem bereits zahlreiche Sendungen der öffentlich-rechtlichen Anstalten diverse Plattformen, wie Facebook oder Twitter, nutzen, hat die ungewöhnliche Zusammenarbeit mit den amerikanischen Internetgiganten durch das eigens auf Youtube zugeschnittenen WDR-Format eine neue Dimension erreicht.

Mit steuerähnlichen Gebührengeldern wird somit künftig konsequent Content für ein gewinnorientiertes Unternehmen erstellt. Selbst wenn Youtube je nach Klickzahlen dem WDR eine Vergütung zahlt, bleibt es aus meiner Sicht fragwürdig, wenn der WDR durch die Zusammenarbeit z.B. nicht mehr die Werbefreiheit garantieren kann oder bei der Freizügigkeit nun US-Standards berücksichtigen muss. Daneben mutet es auch seltsam an, dass sich Gebührenzahler nun plötzlich zur Nutzung der Partizipationsmöglichkeiten des öffentlich-rechtlichen Angebots, z.B. der Kommentarfunktion, erst mit den Datenschutzstandards eines US-Anbieters einverstanden erklären müssen.
Neben den offensichtlichen Nachteilen für die Zuschauer, stellt sich aber auch die Frage, ob eine solche Zusammenarbeit nicht auch eine Bevorzugung von Youtube darstellt. Zumindest gäbe es durchaus noch andere Anbieter, z.B. myVideo, die sich fragen könnten, ob es sich nicht um eine Benachteiligung ihrer Plattform handelt, wenn nun mit Gebührengeldern Content für ein Konkurrenzunternehmen entsteht.

Insgesamt scheint mir mit #3Sechzich die falsche Entwicklung bei der Netzorientierung der ARD wieder ein Stück weiter in die verkehrte Richtung vorangetrieben worden zu sein. Statt sich mit dem ZDF zu einer gemeinsamen Plattform zu entschließen, auf der die Sendeanstalten in eigener Verantwortung dem Nutzer das ganze öffentlich-rechtliche Spektrum anbieten, wurschteln nicht nur ARD und ZDF getrennt voneinander, sondern auch innerhalb der Sendeanstalten die einzelnen Teile bzw. Sender alleine vor sich hin. Anstelle unterschiedlicher Mediatheken für ARD, ZDF und Phoenix, hätte längst eine Plattform entstehen müssen, auf die dann z.B. der WDR ein neues Netz-Format zuschneiden kann, um nicht auf US-amerikanische Internetkonzerne angewiesen zu sein.

Anmerkung 16.11.2015: Nachdem der Content von #3Sechzich auch über die Seite des WDR ausgespielt wird, handelt es sich zumindest nicht um ein exklusives Angebot auf Youtube. Zwar halte ich die Kooperation aus den anderen genannten Gründen weiterhin für fragwürdig, aber wenigstens ist dieser Kritikpunkt damit hinfällig.


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Immer wieder Werbung für Facebook und Twitter (www.mister-ede.de – 30.10.2013)

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