Phrasendreschen: „Die größte Fraktion hat den Auftrag zur Regierungsbildung“

Nach Wahlen hört man in schöner Regelmäßigkeit diesen Satz. Dabei sollte die inhaltliche Eindeutigkeit nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Satz schlicht falsch ist. Nicht die größte Fraktion stellt die Regierung sondern die Parteien, die im Parlament eine Mehrheit für ihre Regierungskoalition zusammenbekommen. Das kann wie in Bayern mit der CSU die größte Fraktion inklusive absoluter Mehrheit sein, es können aber auch wie in Baden-Württemberg mit Grünen und SPD zwei kleinere Fraktionen sein.

Auch die aktuelle Version des Satzes mit der Union als größte Fraktion ist nicht richtiger. So hat die Union, trotz des guten Ergebnisses bei der jetzigen Bundestagswahl, weder ein Vorrecht auf Koalitionsverhandlungen noch auf eine Regierungsbeteiligung.
Und damit könnte der von Kommentatoren häufig zitierte Wählerauftrag zur Regierungsbildung durch Merkel bei einer rot-rot-grünen Regierung schnell zum Auftrag für eine starke Opposition werden.

Interessanter als die Unsinnigkeit dieses Satzes ist aber die Frage, wieso er von fast allen Seiten von sich gegeben wird. Bei der Union erscheint es verständlich, dass man mit dieser Forderung den Anspruch auf eine Regierungsbildung bekräftigt. Bei Sozialdemokraten und Grünen vermute ich hingegen, dass diese versuchen eine mögliche Debatte über eine rot-rot-grüne Koalition weiträumig zu umschiffen.

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