Phrasendreschen: „Der Wähler hat intelligent gewählt“

Für diesen Satz sollte derjenige, der ihn ausspricht, nicht nur fünf Euro ins Phrasenschwein werfen sondern sich auch fragen, ob er jede dumme Behauptung nachplappern muss. Wie es angesehenen Journalisten, Spitzenpolitikern und anderen Medienvertretern gelingt, unter Umgehung jeglicher Hirnaktivität auf diese Behauptung aufbauend sogar Handlungsempfehlungen zu geben, ist mir schleierhaft.

Da niemand das Ergebnis vorher kennt, kann auch keiner seine Wahlentscheidung entsprechend treffen. Die Annahme, dass irgendjemand genau dieses Wahlergebnis haben wollte, ist deshalb Humbug.
Natürlich kann man „den Wähler“ als die Mehrheit der Wähler begreifen und z.B. etwas überspitzt formulieren, „der Wähler“ wollte Merkel keine absolute Mehrheit geben, oder „der Wähler“ wollte die FDP aus dem Bundestag haben. Allerdings für tiefere Interpretationen des Wahlergebnisses bis hin zu solchen Schlüssen, wie „der Wähler wollte ganz klar eine Große Koalition“, handelt es sich um ein äußerst untaugliches Mittel.

Treibt man die Unterstellung einer intelligenten und bewussten Wahlentscheidung auf die Spitze, dann bedeutet dies, dass ein Unionswähler keine absolute Mehrheit für Merkel wollte, oder ein FDP-Wähler froh ist, SPD, Grüne oder Linke an der Regierung zu haben.
Es wäre auch interessant zu wissen, ob die Kommentatoren die Wählerentscheidung auch im Falle von Neuwahlen noch als intelligent bezeichnen würden. Immerhin wäre das ja auch nur eine Folge des heute hochgelobten Wahlergebnisses.

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