Die Wachstumsschwäche der Eurozone und die Auffälligkeit der Austeritätspolitik

Im Jahr 2009, dem Folgejahr der Lehman-Pleite in den USA und dem Ausbruch der Finanzkrise, ist die Wirtschaft in allen Ländern der Währungsunion massiv eingebrochen. Insgesamt ging die Wirtschaftsleistung der Eurozone um 4,5% zurück. Bis 2011 konnten sich dann allerdings zahlreiche Länder der Eurozone bei einer zum Teil deutlichen Schuldenausweitung wieder einigermaßen erholen. So lag die Wirtschaftsleistung in Deutschland (101,7%) [1], Frankreich (101,1%), Belgien (101,4%), Österreich (101,1%), Slowakei (101,9%), Luxemburg (102,1%) und Malta (103,2%) bereits 2011 wieder über dem Niveau von 2008. Auch in den übrigen Ländern der Eurozone erholte sich die Wirtschaftsleistung mehr oder weniger schnell, jedoch mit Ausnahme von Spanien und Griechenland, die noch weitere Rückgänge ihrer Wirtschaftskraft zu verzeichnen hatten, und Portugal, das nach einem Anstieg im Jahr 2010 (98,8%) im Jahr 2011 (97,1%) wieder auf das Level von 2009 (97%) fiel. Insgesamt lag die Wirtschaftsleistung der Eurozone 2011 bei 99% der Wirtschaftsleistung von 2008.

Ab 2011 steckte die Eurozone allerdings erneut in einer Abwärtsspirale, die erst durch die 2012 eingeleitete expansive Geldpolitik der EZB ab 2014 vorerst gestoppt wurde. Insgesamt ist in diesem Zeitraum die Wirtschaftsleistung der Eurozone von 99% (2011) auf 97,7% (2013) zurückgegangen. Auffällig ist dabei jedoch, dass gerade jene Länder, die zur Konsolidierung auf einen strengen Austeritätskurs setzten, kräftig von der Abwärtsspirale erfasst wurden. In Portugal brach die Wirtschaftsleistung von 97,1% (2011) auf 91,7% (2013) ein, in Spanien von 95,8% (2011) auf 92,7%, auf Zypern von 99,7% (2011) auf 92,0% (2013), in Griechenland von 82,4% (2011) auf 73,9% (2013) und in Irland stagnierte die Wirtschaftskraft nach 95,9% (2011) bei 95,8% (2013). Auch Italien mit dem neu gewählten und von den Euro-Partnern als „Reformer“ gefeierten Mario Monti musste einen Wirtschaftseinbruch von 96,7% (2011) auf 92,4% (2013) hinnehmen. Frankreich, das zu Lasten seines Haushaltsdefizits unter Präsident Hollande keinen reinen Austeritätskurs umsetzte, konnte hingegen seine reale Wirtschaftsleistung immerhin von 101,1% (2011) auf 101,7% (2013) steigern.
Und auch von den übrigen Euro-Ländern mussten lediglich zwei Länder einen Rückgang ihrer Wirtschaftsleistung verzeichnen: Die Niederlande von 99,4% (2011) auf 97,2% (2013) und Finnland von 96,9% (2011) auf 94,3% (2013). Die restlichen Euro-Staaten, also Deutschland, Österreich, Belgien, die baltischen Staaten, Slowenien, die Slowakei, Malta und Luxemburg, konnten hingegen ihre Wirtschaftsleistung von 2011 bis 2013 ausweiten.

Im letzten Jahr legte die Wirtschaft in den meisten Ländern der Eurozone, vermutlich vor allem dank der insgesamt positiven Rahmenbedingungen (niedriger Ölpreis, schwacher Euro), etwas zu. Lediglich Zypern und Italien mussten einen erneuten Rückgang ihrer Wirtschaftsleistung verbuchen und Finnland verharrte auf dem Vorjahresniveau. Zusammengenommen ist damit die Wirtschaftsleistung der Eurozone von 97,7% (2013) wieder auf 98,8% (2014) angestiegen. Das bedeutet jedoch auch, dass das reale BIP der Eurozone von 2008 bis 2014 um insgesamt 1,2% zurückgegangen bzw. nach dem Einbruch von 2009 um magere 3,2% in fünf Jahren gewachsen ist.
Eine Folge dieser Wachstumsschwäche ist dabei, dass die betroffenen Länder nicht automatisch aus ihren Schulden herauswachsen. Daher erscheint es mir auch im Hinblick auf die Schuldenproblematik notwendig, die Wachstumsschwäche der Eurozone endlich zu überwinden. Die Einführung des Mindestlohns in Deutschland und das von der EU-Kommission geschnürte Investitionspaket sind deshalb Schritte in die richtige Richtung.


Ähnliche Artikel:
Statistik zur Entwicklung des realen BIP der Euro-Länder 2008-2014 (www.mister-ede.de – 19.04.2015)

Der fatale Mechanismus der Austeritätspolitik in der Eurokrise (www.mister-ede.de – 06.02.2015)


[1] Prozentangaben: Wirtschaftsleistung des Betrachtungsjahres in Prozent der Wirtschaftsleistung des Jahres 2008 (Link zum Datenblatt auf www.mister-ede.de)

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