Weiter so, statt neuer Weg

Die gestrigen Entscheidungen des Brüsseler Gipfels sind ein klares Signal - ein klares Signal für ein „Weiter so“! Zwar sind die Entscheidungen zum Teil notwendig, aber lediglich um die Symptome der Eurokrise, nämlich die Pleite einiger Staaten zu verhindern. Die Ursachen bleiben weiter bestehen, weshalb ich keine Hoffnung habe, dass diese Entscheidungen die Krisensituation lösen werden.
Die Wirtschaftskraft der Länder Portugal und Griechenland ist deutlich niedriger als in Österreich oder Deutschland. Solange wir keine Anreize setzen um diese Wirtschaftskraft in diesen Ländern zu erhöhen, werden weder Schuldentilgungsfonds, Wachstumspakt oder Fiskalunion helfen.
Selbst wenn morgen alle Schulden der Euro-Staaten getilgt sind, wird die unterschiedliche Verteilung von Wirtschaftskraft wieder zu Ungleichgewichten führen. Auch in Deutschland haben wir keine Instrumente um die Wirtschaftskraft anzugleichen. Lediglich die Folgen, also die Unterfinanzierung mancher Bundesländer, werden durch den Länderfinanzausgleich abgemildert.

So gibt es selbst 20 Jahre nach der Wiedervereinigung noch deutliche Unterschiede in der Wirtschaftskraft zwischen West- und Ostdeutschland. Auch Schleswig-Holstein hat es nie geschafft, die Wirtschaftskraft von Baden-Württemberg zu erreichen.
In Europa kommt aber noch die fehlende Flexibilität dazu. Während bei hoher Arbeitslosigkeit in Schleswig-Holstein, ein Umsiedeln nach Hamburg oder Stuttgart ohne bürokratische oder sprachliche Hürden möglich ist, gibt es diese Probleme auf europäischer Ebene sehr wohl. Nicht nur die unterschiedlichen Sprachen, sonder auch unterschiedliche Berufsabschlüsse, Zeugnisse und anderes erschweren den Ausgleich der Wirtschaftskraft durch Wanderung.
Für Europa ist es deshalb noch wesentlich wichtiger, die Anreize z.B. für Wirtschaftswachstum in den einzelnen Regionen richtig zu setzen. Ansonsten werden wir auch weiter erleben, dass wir in Deutschland von Fachkräftemangel sprechen, während im Nachbarland Frankreich die Arbeitslosigkeit zweistellig wird.

Thüringen hatte nach der Wiedervereinigung über 2,5 Mio. Einwohner. Heute sind es noch rund 2,2 Mio. Einwohner. Ohne die Abwanderung dieser 300.000 Einwohner wäre die Arbeitslosigkeit wesentlich größer.
Wenn wir aber solche Wanderungen nicht verstärken wollen, müssen die Anreize so gesetzt werden, dass die Wirtschaftskraft dort entsteht, wo sie für die europäische Gemeinschaft am sinnvollsten ist.
Die jetzigen Entscheidungen helfen zwar vorübergehend, die Krisenstaaten vom Markt zu nehmen, Vertrauen zu schaffen und eine Verschuldung in Nicht-Krisenzeiten einzudämmen, können aber die Ursachen ohne die richtigen Anreize nicht beseitigen.


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Eine Ursachenanalyse der Eurokrise (www.mister-ede.de – 20.06.2012)

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