Ungarn, Rumänien, Bulgarien – Am Rande der EU

Nach dem Zerfall der Sowjetunion strebten die Bevölkerungen der osteuropäischen Staaten nach bislang verwehrten Freiheiten. Hierbei gab es eine große Akzeptanz für das westliche Gesellschaftsmodell. Das Ziel der EU war es dann, die Aufbruchsstimmung zu nutzen und diesen Demokratisierungsprozess zu unterstützen. Durch konkrete Pläne für eine Aufnahme in die EU wurde den Bevölkerungen eine Perspektive geboten und gleichzeitig fanden durch den Aufnahmeprozess die notwendigen Anpassungen in den Staatssystemen der neuen Mitgliedsländer statt.

Auf diese Weise sollte in ganz Europa eine  gemeinsame Wertebasis manifestiert werden und die wirtschaftliche Entwicklung gefördert werden. Auch Menschenrechte, wie z.B. der Minderheitenschutz, oder Bürgerrechten, wie das Wahlrecht oder die Vereinigungsfreiheit sollten damit in den neuen Mitgliedsländern gestärkt werden. Polen oder die Slowakei sind Paradebeispiele für diese Entwicklung. Sie nähern sich langsam aber kontinuierlich wirtschaftlich an Westeuropa an und gesellschaftlich sind beide Länder stabil. So hat die großflächige Erweiterung der EU in den letzten 20 Jahren vielen neuen Mitgliedsländern auf dem Weg in eine stabile Zukunft geholfen.

Allerdings ist die Entwicklung nicht überall gleichermaßen erfreulich. Es gibt z.B. immer wieder Berichte über die ungarische Regierung Orban, in denen von Einschränkung bei der Presse- und Informationsfreiheit, oder von Druck auf Künstler zu lesen ist. So sorgten sich vor einem Jahr im Focus deutsche Theaterintendanten um die Kunstfreiheit in Ungarn [1]. 3Sat schreibt von einer „ideologische Gängelung“ [2], das Magazin „ttt“ berichtete zuvor [3]. Auch bei unserem südlichen Nachbarn Österreich gibt es Widerstand gegen die Regierungspolitik Orbans. Jüngst veröffentlichte derstandard.at einen offenen Brief verschiedener Künstler, wie Elfriede Jelinek, welcher die Entwicklung in Ungarn anprangert [4].

Die Probleme in Ungarn sind aber leider kein Einzelfall. Auch Rumänien wird immer wieder wegen fehlender Rechtsstaatlichkeit und mangelnden Bürgerrechten kritisiert. So titelte im Sommer letzten Jahres welt.de, „EU geißelt Rumänien als mangelhaften Rechtsstaat“ [5]. Am 30. Januar 2013 berichteten unter anderem ARD und zeit.de, dass auch der neue Fortschrittsbericht in diesem Bereich mehr Anstrengungen von Rumänien fordert [6] [7].

Aber nicht nur bei der Rechtstaatlichkeit und den bürgerlichen Freiheiten gibt es Probleme, sondern auch wirtschaftlich sind besonders Rumänien und Bulgarien innerhalb der EU an den Rand gedrängt. Mit einem BIP von rund 5.000 Euro pro Person liegen beide Länder deutlich abgeschlagen hinter dem Rest der europäischen Union [8]. Auch dies ist sicherlich ein Grund für viele Probleme, wie Korruption oder nicht funktionierende Staatsstrukturen. Gestern trat z.B. die bulgarische Regierung zurück, weil das Land in einer tiefen Krise steckt  [9]. Hier liegen die Versäumnisse aber nicht nur in den Nationalstaaten. Aus meiner Sicht müsste sich auch die EU stärker für ein wirtschaftliches Zusammenwachsen engagieren.

Insgesamt sollte meines Erachtens mehr für einen gelingenden Integrationsprozess unternommen werden. Denn gerade was Ungarn, Bulgarien und Rumänien anbelangt, kann man sich gelegentlich fragen, ob diese Länder nicht so weit am Rande der EU stehen, dass sie sich eigentlich schon außerhalb der Gemeinschaft befinden. Ich hoffe zumindest, dass sich in Zukunft auch in diesen Ländern zeigt, dass sie nicht nur auf dem Papier ein Mitglied der EU sind.


Ähnliche Artikel:
Zukunft EU: Dachverband der Nationalinteressen oder Gemeinschaftsprojekt? (www.mister-ede.de – 31.01.2013)


[1] Artikel vom 18.01.2012 auf Focus Online (Link zum Artikel auf www.focus.de)

[2] Artikel zum „ttt“-Beitrag auf 3sat vom 1.02.2013 (Link zum Artikel auf www.3sat.de)

[3] Beitrag bei „Titel Thesen Temperamente“ zur Kunstfreiheit in Ungarn vom 27.01.2013 (Link zur Beitragsinformation auf www.daserste.de)

[4] Offener Brief vom 01.02.2013 von derstandard.at (Link zum Brief auf derstandard.at)

[5] Artikel auf welt.de vom 17.07.2012 (Link zum Artikel auf www.welt.de)

[6] Artikel auf zeit.de vom 30.01.2013 (Link zum Artikel auf www.zeit.de)

[7] Artikel vom 30.01.2013 auf tagesschau.de (Link zum Artikel auf www.tagesschau.de)

[8] Daten zum BIP nach Wirtschaftszweigen von Eurostat (Link zur Datensammlung auf appsso.eurostat.ec.europa.eu)

[9] Tagesschau.de berichtete am 20.02.2013 vom Rücktritt der bulgarischen Regierung (Link zum Artikel auf www.tagesschau.de)

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