Glossar: Die Zinslastquote (von Staaten)

Die Zinslastquote stellt die Zinslast eines Staates in Relation zu seiner Wirtschaftsleistung dar. Die gesamtwirtschaftliche Zinslastquote gibt dabei an, wie viel Prozent der Wirtschaftsleistung innerhalb eines Zeitraums, z.B. einem Jahr, in einer Volkswirtschaft für die Zahlung von Zinsen für vorhandene Staatsschulden aufgewendet werden müssen.
Gelegentlich wird auch die Zinslast einer staatlichen Ebene oder Gliederung (in Deutschland z.B. Bund, Länder oder Kommunen) in Zusammenhang zu ihrem jeweiligen Haushalt, z.B. einem Landeshaushalt, gestellt. Die Zinslastquote des Bundes gibt in diesem Fall an, wie hoch der Anteil am Bundeshaushalt ist, der auf Zinszahlungen entfällt.

Bedeutung der Zinslastquote:

Geht es um die korrekte Darstellung der gegenwärtigen Belastung einer Volkswirtschaft durch ihre Staatsschulden, ist die gesamtwirtschaftliche Zinslastquote die geeignetste Kennziffer.
Im Gegensatz zum aktuellen Zinssatz eines Landes, der lediglich den Grenzpreis bei der Schuldenaufnahme darstellt, bildet die Zinslastquote den Durchschnittspreis ab, den ein Land für seine Staatsschulden zu zahlen hat. Aufgrund der oftmals langjährigen Laufzeit von Staatskrediten ist daher die Zinslastquote deutlich geeigneter zur Beurteilung der gegenwärtigen Belastung als der aktuelle Zinssatz, den ein Land bei der Schuldenaufnahme zu zahlen hat.
Wegen der Berücksichtigung des durchschnittlichen Zinssatzes ist die Zinslastquote für die Beurteilung der gegenwärtigen Belastung aber auch geeigneter als die reine Schuldenquote. Während die Schuldenquote lediglich die Höhe der Schulden im Vergleich zur Wirtschaftskraft darstellt, zeigt die Zinslastquote die Höhe der tatsächlichen finanziellen Belastung, die einer Volkswirtschaft im Betrachtungsjahr durch ihre Staatsschulden entsteht.

Für eine auf die Zukunft gerichtete Bewertung der Schuldensituation eines Landes verliert die Quote durch die Berücksichtigung des aktuellen Durchschnittszinses allerdings an Bedeutung, weil auch eine ungünstige Zinsentwicklung bei einer Prognose immer ein mögliches Szenario bleibt. Zwar kann ein Staat mit einer Schuldenquote von 100% bei unterschiedlichem Zinssatz dieselbe Zinslastquote haben wie ein Staat mit einer Schuldenquote von 50%, jedoch sind die Risiken einer möglichen Zinsänderung für das Land mit einer Staatsschuldenquote von 100% erheblich höher. Zum einen, weil es bereits einen niedrigeren Durchschnittszins haben muss, um auf dieselbe Zinsbelastung zu kommen wie ein Land mit einer Schuldenquote von 50%, und zum anderen, weil sich jeder Prozentpunkt, den die Zinsen steigen, deutlich stärker auf die Zinsbelastung, bzw. die Zinslastquote, auswirkt, als dies bei einem Land mit niedrigerer Schuldenquote der Fall wäre.

Zusammenhang zur Bonität:

Neben dem allgemeinen Zinsniveau ist der Zinssatz, den ein Land für neue Kredite zu zahlen hat, im Wesentlichen von der Bonität des Landes abhängig, das den Kredit benötigt. Je größer die Risiken eines Zahlungsausfalls sind, desto höhere Risikoaufschläge muss ein Staat zahlen. Damit ist auch die Zinslastquote, die vom Durchschnittszins des jeweiligen Staates abhängt, von der Bonität des Landes abhängig. Allerdings durch die Schuldenstruktur von Staaten, mit zum Teil langjährigen Krediten, passt sich die Zinslast und damit auch die Zinslastquote bei Zinsänderung nur verlangsamt oder verzögert an.

Aussagekraft hinsichtlich des Zustands einer Volkswirtschaft:

Zwar ist die Zinslastquote die geeignetste Kennzahl um die Belastungen eines Staates durch seine Staatsschulden zu veranschaulichen, sie ist für sich alleine genommen aber wenig aussagekräftig, wenn es um die Beurteilung einer Volkswirtschaft im Gesamten geht. Zwar lässt sich durch die Zinslastquote ermitteln, inwieweit ein Staat durch seinen Schuldendienst finanzielle Spielräume verliert, aber weitere Rückschlüsse, z.B. auf den Anteil der Auslandsverschuldung oder sonstige Wirtschaftsparameter, wie Wirtschaftsleistung, Arbeitslosigkeit oder Ähnliches, können hieraus nicht gezogen werden.

Aktuelle Zahlen:

2013 hatte Deutschland eine Zinslast von 56,3 Mrd. Euro, was einer Zinslastquote von 2,0 % entspricht. Frankreich lag 2013 bei einer Zinslastquote von 2,3% (47,7 Mrd.) und Italien bei 4,8% (78,2 Mrd.). Damit musste jeder zwanzigste in Italien erwirtschaftete Euro 2013 für die Zinslast des italienischen Staates aufgewendet werden.

Zinslastquoten in der EU in Prozent des BIP:

Zinslast in der EU in absoluten Zahlen (Euro):

Quellenangabe: Eurostat-Tabelle „gov_10_dd_edpt1“
Link zu den Datensätzen bei Eurostat


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