Dublin-Abkommen erzwingt neuen Eisernen Vorhang für Flüchtlinge

Genau an der Stelle, an der vor rund 25 Jahren die Ära des Eisernen Vorhangs zu Ende ging, an der ungarisch-österreichischen Grenze, zwingt nun das Dublin-Abkommen Ungarn zur Errichtung eines neuen Eisernen Vorhangs. Nur wer einen Passierschein in Form gültiger Papiere für die EU hat, darf noch die Grenze überqueren, während allen anderen Menschen die Ausreise nach Österreich verwehrt werden muss.
Wie stellen sich Merkel und Juncker das denn eigentlich vor, wenn sie von Ungarn verlangen, gemäß dem Abkommen die syrischen Flüchtlinge zu registrieren und für diese dort ein Asylverfahren durchzuführen? Soll an der Grenze demnächst wieder ein Schießbefehl gelten, damit die Flüchtlinge auch ja in Ungarn bleiben und nicht nach Österreich oder Deutschland weiterreisen?

Gerade jene, die paradoxerweise den Grenzzaun zu Serbien kritisieren, müssten doch spätestens jetzt erkennen, dass es ohne ein EU-weit einheitliches Asylverfahren unter Aufsicht der EU nicht funktionieren wird. Hätte man ein solches Verfahren, dann würde es für syrische Flüchtlinge keinen Unterschied mehr machen, in welches EU-Auffanglager sie kommen bzw. ob sie nun in Griechenland, Italien, Ungarn oder Deutschland EU-Asyl beantragen. Solange es das aber nicht gibt, werden z.B. Syrer verständlicherweise alles daran setzen, nicht in Ungarn Asyl beantragen zu müssen.

Nachdem über die letzten Monate nur zugeschaut wurde, gibt es in der akuten Situation wohl nur zwei Möglichkeiten: Entweder die nordeuropäischen Länder müssen mit Ungarn multilateral die Übernahme von Flüchtlingen regeln oder Ungarn wird gezwungen sein, unter dem massiven Protest tausender Flüchtlinge deren Weiterreise entsprechend den Dublin-Regeln zu verhindern.


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Diskussion:

Ein Gedanke zu “Dublin-Abkommen erzwingt neuen Eisernen Vorhang für Flüchtlinge

  1. Nachtrag: Am gestrigen Spätabend haben sich die Regierungen von Deutschland, Österreich und Ungarn multilateral auf die Übernahme von Flüchtlingen geeinigt. Zumindest für diese Personen ist damit das Dublin-Abkommen offiziell außer Kraft gesetzt.

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