Reaktion auf Übergriffe in Köln: Wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen

Nach den Vorfällen in der Silvesternacht in Köln, reagieren Politik und Medien wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen. Tatsächlich ist es allerdings nicht ungewöhnlich, dass es im Rahmen von Großveranstaltungen wie Karneval, Silvester, großen Partys oder Musikfestivals zu einer Häufung von strafbaren Handlungen kommt, vom Taschendiebstahl bis zu sexuellen Übergriffen. Dazu trägt unter anderem bei, dass Alkohol oder Drogen die Hemmschwelle zu einer Straftat senken können, aber auch eine Alkoholisierung der Opfer solche Taten begünstigen kann. Selbst wenn es also in Köln eine neue Ausprägung dieses Phänomens gibt, so ist es doch nicht neu. Entsprechend wirken auch die sich überschlagenden Medienmeldungen zu dem Thema eher wie der Versuch, neben Sommerlochthemen nun auch Winterlochthemen zu etablieren.

Wer ist der Innenhahn?

Bezeichnend ist allerdings auch das Verhalten der zuständigen Innenminister. Als aus Köln immer wieder der Verweis auf den Hauptbahnhof und die dortige Zuständigkeit der Bundespolizei kam, sah sich Bundesinnenminister de Maizière zur Reaktion genötigt, um nach Kritik an seiner Person im Rahmen der Flüchtlingskrise nicht erneut ins Kreuzfeuer zu geraten. So bemängelte er seinerseits das Vorgehen der Polizei auf dem Bahnhofsvorplatz, der nicht mehr in die Zuständigkeit der Bundespolizei, sondern in die der Landespolizei NRW fällt. Damit allerdings rief er den dortigen Innenminister Jäger auf den Plan, der diese Kritik prompt zurückwies [1] und auch der Vorsitzende der Polzeigewerkschaft GdP warf de Maizière schlechten Stil vor [2]. Zwar hilft dieses laute Krähen der beiden Innenhähne in keiner Weise weiter, es zeigt allerdings, wie blank die Nerven in der deutschen Innenpolitik mittlerweile liegen.

Armlängen-Tipp der Kölner Oberbürgermeisterin:

Genauso durch den Wind scheint jedoch auch die Netzgemeinde zu sein. Auf den durchaus sinnigen Hinweis der Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker, bei solchen Menschenansammlungen zu versuchen, eine gewisse Distanz zu wahren, brach ein regelrechter Shitstorm herein, der von den Medien auch noch zusätzlich befeuert wurde [3].

Dabei hat Reker in besagter Pressekonferenz nichts anderes gemacht wie ein Polizeibeamter, der Tipps zum Schutz vor Einbrüchen gibt. Es geht also keinesfalls darum, Frauen Verhaltensregeln aufzuerlegen, sondern darum, die berechtigte Frage der Bürgerinnen und Bürger zu beantworten, wie diese sich aus eigener Initiative heraus zusätzlich schützen können. Insofern ist meines Erachtens nicht Rekers Tipp, sondern der oftmals auch anonym geäußerte Vorwurf, Reker würde so den Opfern eine Mitschuld geben, unredlich.

Vermischung mit Flüchtlingsdebatte:

Die Vermischung ist ziemlich sinnbefreit. Straftäter sind Straftäter und alle anderen sind keine Straftäter. An den hundertrausenden Flüchtlingen, die hier nach Deutschland kommen und keine Straftaten begehen, ändert sich ja nichts, je nachdem ob außerdem noch zehn, tausend oder hunderttausend kommen, die straffällig werden. Wir führen nach Hoeneß ja auch keine Diskussion über die Steuerehrlichkeit von Bayern-Fans.

Mein Ratschlag:

Nehmen Sie nach Möglichkeit nichts Wertvolles zu Großveranstaltungen mit. Die Rolex vorher ausziehen, Schlüssel in die Innentaschen, ein kleiner Geldbeutel mit dem Nötigsten und wenn man dann noch auf ein teures Handy verzichten kann, sollte der Schaden bei einem Diebstahl zumindest erheblich reduziert sein.
Ein weiterer Tipp ist, Großveranstaltungen in Gruppen zu besuchen. Zwar kann auch das nie einen absoluten Schutz bieten, aber zumindest werden Täter von Gruppen tendenziell abgeschreckt, vor allem wenn es um sichtbare Taten geht, zum Beispiel Belästigungen oder Übergriffe.


Ähnliche Artikel:
Rechter Terror in Deutschland: Brennende Flüchtlingsheime und tatenlose Innenminister (www.mister-ede.de – 19.07.2015)


[1] Artikel des Spiegel zur Reaktion der Innenminister vom 6.1.2016 (Link zum Artikel auf www.spiegel.de)

[2] Artikel auf tagesschau.de zur Erwiderung der Polizeigewerkschaft vom 6.1.2016 (Link zum Artikel auf www.tagesschau.de)

[3] Interview auf tagesschau.de zu Rekers Pressekonferenz vom 6.1.2016 (Link zum Interview auf www.tagesschau.de)

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