ACTA kontrolliert die Falschen

Schutz des geistigen Eigentums in der realen Welt:

Wir erlauben die Einschränkung des Briefgeheimnisses, weil der Zoll bei grenzüberschreitenden Sendungen (stichprobenartig) kontrollieren darf. Im Internet gibt es eine solche Regelung nicht. Wenn jemand ein Buch nachdruckt, obwohl jemand anderes die Rechte dafür hat, macht sich in Deutschland strafbar. Damit dieses Buch nicht in einem anderen Land einfach nachgedruckt wird, bestehen Abkommen zum Schutz des geistigen Eigentums (Inhalt des Buchs). Um das Kopieren von T-Shirt Designs zu verhindern gibt es analog Regeln gegen Produktpiraterie. Zur Kontrolle werden gelegentliche Einfuhren durch den Zoll geprüft. Allerdings führt schon der aktuelle Schutz des geistigen Eigentums (Patente) zu Problemen:

1. Medikamente für Afrika, können wegen Patentrechten nicht nachproduziert werden
2. Schlechte Durchsetzung der WTO-Regeln in China. Teilweise erst nach langwierigen Klagen möglich.
3. Auch in Deutschland kann man gewisse Ideen (geistiges Eigentum) nicht schützen. Z.B. Fernsehformate (Telefonquiz, Gerichtsshows) dürfen einfach nachgemacht werden.

Zusätzliche Probleme im globalen Netz:

Im Internet tauchen nun neue Probleme auf, Musik oder Videos, Bücher, Doktorarbeiten, alles kann leicht kopiert werden. Teilweise ist eine Durchsetzung der Rechte in anderen Ländern nicht möglich. Die Lösung kann aber im Internet genauso wenig wie im echten Leben sein, dass jedes (Daten-)Paket aufgerissen wird um nachzuschauen.

Man sollte die Produzenten kontrollieren, nicht die Konsumenten:

Meines Erachtens muss genauso wie bei Produktfälschungen auf den Produzenten, also den Anbieter geschaut werden. Man darf auch nicht vergessen, dass der Käufer oder Empfänger der Daten es wesentlich schwieriger hat, zu prüfen ob die Waren rechtmäßig sind. Der Käufer kann nicht sagen, ob der Verkäufer die MwSt. abführt oder die Umweltgesetze einhält, genauso kann der Downloader oder Streamer nicht sagen, ob die Rechte vorhanden sind. Daher muss im Netz geschaut werden von welcher IP die Kopie kommt, genauso wie die entscheidende Frage bei Produktpiraterie ist, wer die Ware herstellt.

Anbieterkontrolle viel leichter:

Was die Kontrolle anbelangt gibt es aber zwei Unterschiede zwischen Netz und realer Welt:

1. Während normalerweise die Kontrolle von Paketen leichter ist, als das Aufspüren von Warenfälschung und Warenfälschern ist in der Netzwelt das anfordern der Pakete leichter. Dies hängt damit zusammen, dass ein deutscher Beamter ohne Weiteres eine Internetanfrage an einen beispielsweise russischen Server schicken kann, aber nicht einfach auf den Markt an der polnischen Grenze gehen kann.
2. Umgekehrt ist es aber im Netz deutlich schwieriger eine Kontrolle der Pakete durchzuführen. Zumal gerade hier, durch die Struktur des Netzes, z.B. ein aufteilen der Daten in verschiedene Pakete möglich ist. Sowas würde bei einem gefälschten T-Shirt oder einer CD nicht funktionieren, das kann man nicht verschlüsseln und splitten.
Ich stelle mir vor, dass zu Bundesligazeiten, nicht nur tausende Polizeibeamte am Spieltag für die Einhaltung der Gesetze am und ums Stadion sorgen, sondern auch ein paar Beamte Urheberrechtsverstöße verfolgen. Meines Erachtens ist es aber die Anbieterseite, welche kontrolliert werden muss, nicht der Konsument. Der kann nicht sagen wie die Übertragungsrechte einer Sportveranstaltung (DFB-Pokal, ausländische Sportereignisse [NBA, Serie A]) verteilt sind. Genauso kann der Konsument schwer beurteilen, ob nun ein Internetvideo eine lizenzierte Musikversion beinhaltet, oder eben nicht.

Ein Handelsabkommen wird keine Menschenrechtskonvention:

ACTA darf auf keinen Fall dazu führen, dass deutsche Gesetze verschärft und der Datenschutz zurückgedrängt wird. Den ACTA Gegnern aber muss man sagen, dass ACTA ein Handelsabkommen ist. Der Schutz der Bürgerrechte ist aber eine nationale Angelegenheit. Auch in Europa gibt es unterschiedliche Vorstellungen von Datenschutz (Schweden, Österreich, Deutschland, GB), das kann ACTA nicht vereinheitlichen. Ein Handelsabkommen wie ACTA wird niemals eine Menschenrechtskonvention sein. Ich bin daher gegen die Vermischung von verschiedenen Argumenten, denn die Freiheit des Internets kann durch ACTA auch nicht erzwungen werden.

Datenschutz beibehalten, Anbieterkontrollen verstärken:

Aus meiner Sicht, muss ganz klar sein, dass ACTA zum Schutz des Eigentums nur die Anbieterseite ins Visier nimmt. Genauso wie die ausländische Polizei verpflichtet ist gegen die Hersteller von Warenfälschungen vorzugehen, muss sie verpflichtet werden gegen das Anbieten von geschützten Inhalten vorzugehen.
Da das ACTA Abkommen anscheinend aber zum Paketaufreißen tendiert, darf das die deutsche Politik, weder rechts noch links, unterstützen. Ich sehe aber dennoch die Notwendigkeit, im Rahmen der WTO, die Mitgliedsstaaten zu der Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen zu zwingen. Ein Land, das die Anbieter von Raubkopien nicht verfolgt, sollte genauso wenig in der WTO sein, wie ein Land, das Produktpiraterie schützt. ACTA hat aber auch hier das Problem, dass gar nicht alle WTO-Mitglieder dabei sind. Und genau hier will die Industrie einfach den Konsumenten überwachen, aber es darf nicht einfach auf Kosten der Netznutzer gehen, dass einige Länder nur ungerne gegen die Anbieter von Fälschungen und Kopien vorgehen.

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