Der europäische Machtausgleich

Nach dem zweiten Weltkrieg wollte die USA, ähnlich wie Russland, unter allen Umständen ihr Gesellschaftssystem in Europa etablieren. Zum einen sollte das Herrschaftssystem aus Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, zum anderen das Wirtschaftsystem der Marktwirtschaft in Westeuropa umgesetzt werden. Das Gegenkonzept zur Marktwirtschaft war der Sozialismus, das Gegenkonzept zum Herrschaftssystem der Demokratie war die Diktatur. Sowohl in den sozialistischen Staaten, wie Russland, als auch den kapitalistischen Ländern, wie in Spanien, gab es solche Diktaturen. Außerdem war in Europa noch der Schrecken des Naziregimes allgegenwärtig.

Um das System der Demokratie und der Marktwirtschaft zu sichern, war eine Politik notwendig, welche auf eine möglichst breite Verteilung von Macht und Wohlstand achtete. Während in der Vorkriegszeit die Großindustriellen fast unkontrolliert ihre Macht ausbreiten konnten, gab es nach 1945 eine wesentlich stärkere Mitbestimmung. Betriebsräte und Gewerkschaften wurden gefördert, Kartelle zerschlagen.
Aber nicht nur die Verteilung der Macht im Arbeitsleben, sondern auch die Verteilung von Wohlstand durch eine gerechte Besteuerung und eine Fürsorgepflicht des Sozialstaates, haben zu einer wesentlichen Akzeptanz des westlichen Staats- und Gesellschaftssystems geführt. Ferner wurde durch eine gemeinsame europäische Wirtschaftspolitik die Zusammenarbeit vorangetrieben und der Wohlstand gefördert. So war die Montanunion ein wichtiges Zugpferd beim Wirtschaftsaufschwung in Europa und damit ein wesentliches Projekt für die Sicherung des Friedens und die Akzeptanz von Demokratie und Marktwirtschaft. Nicht zuletzt hierdurch lösten sich auch die Diktaturen, die in Westeuropa noch nach 1945 bestand hatten, auf.

Zwar hat sich heute das Gewaltmonopol unserer Staaten durchgesetzt, so dass niemand über dem Gesetz steht, dennoch reicht das nicht um automatisch zu einer Gleichverteilung von Macht und Wohlstand zu kommen. Innerhalb der gesetzlichen Rahmenbedingungen, die der Staat vorgibt, entsteht ein Machtgefüge, welches nach marktwirtschaftlichen Regeln funktioniert. Uns bleibt also immer nur die Möglichkeit den Rahmen so zu setzen, dass neben dem individuellen Vorteil auch das Gemeinwohl seinen Platz hat.
Besonders durch die Eurokrise stellt sich nun mehr denn je die Frage, ob unserer Rahmensetzung tatsächlich einen Ausgleich zwischen reich und arm, bzw. mächtig und machtlos schafft. Zwar hat der Staat ein Gewaltmonopol, aber bisweilen kann auch bezweifelt werden, dass dieser es auch nutzt. Maßnahmen, wie eine Anhebung der Spitzensteuer oder eine Finanzmarktsteuer, könnten zu einer besseren Verteilung des Wohlstands führen, sind aber von der Regierung nicht geplant oder werden von ihr blockiert.


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