Das Auseinanderlaufen der Zinssätze in der Eurozone und die Folgen

Im Rahmen der Eurokrise, welche 2010 die Eurozone erfasste, entwickelten sich die Zinsanforderungen an die Staaten der Währungsgemeinschaft erheblich auseinander. Durch diese Divergenz gerieten jene Euro-Staaten unter Druck, die deutlich steigende Zinsen zu entrichten hatten, während jene Länder, die als „sichere Häfen“ galten, von niedrigeren Zinsforderungen profitierten. Mit Hilfe von Euro-Rettungsschirmen konnten in dieser Situation zwar kleinere Krisenländer teilweise von den Märkten entkoppelt werden und durch eine expansive Geldpolitik sowie zahlreiche weitere Maßnahmen der EZB konnte das Zinsniveau für Staatsanleihen insgesamt abgesenkt werden, an der grundsätzlichen Problematik unterschiedlicher Zinsanforderungen hat sich seitdem jedoch nichts geändert.

Nachdem durch die Schuldenschnitte in Griechenland und Zypern deutlich wurde, dass es je nach Euro-Land unterschiedliche Risiken bei der Kreditvergabe an Banken und Staaten gibt, wird dies durch Zinsaufschläge mittlerweile berücksichtigt. Konnten sich Banken und Staaten aus der Eurozone vor der Krise zu ähnlichen Konditionen refinanzieren, müssen Banken aus Krisenländer und die Krisenstaaten selbst bei der Kreditaufnahme heute zum Teil erhebliche Aufschläge gegenüber Deutschland oder Frankreich zahlen.
Grundsätzlich ist dies auch der Sinn von Zinsunterschieden, allerdings wird dieser Effekt durch die Gemeinschaftswährung zusätzlich verstärkt. Während normalerweise der Abfluss von Geldern aus Ländern, die sich in einer Krise befinden, zu positiven Wechselkurseffekten führt und durch die nationalen Zentralbanken auf Währungs- und Zinsentwicklungen und damit auch auf die Stabilität des heimischen Finanzplatzes Einfluss genommen werden kann, ist dies in einer Währungsunion nur eingeschränkt möglich. Dies führt dazu, dass die Risiken von Zahlungsausfällen bei Banken und Staaten im Falle einer Krise erhöht sind und diese Risiken müssen dann die Kreditnehmer durch höhere Zinsen tragen. Ferner gibt es für Kreditgeber in einer Währungsunion mehr Investitionsalternativen, wodurch ebenfalls eine höhere Schwankungsbreite bei den Zinsen möglich ist.

Ein großes Problem bestand darin, dass die Eurozone bis 2010 kaum Zinsunterschiede kannte und somit die Eurogruppe als Ganzes und die Ländern im Einzelnen dem Auseinanderlaufen der Zinsen unvorbereitet gegenüberstanden. Ein weiteres Problem war und ist, dass die Zinsunterschiede krisenverstärkend wirken, weil die Zinsaufschläge immer zu Lasten der kriselnden Länder gehen. Hierdurch werden die vorhandenen Ungleichgewichte verstärkt und die Haushalte der Krisenländer durch eine relativ steigende Zinslast belastet. Daneben haben die jetzt vorhanden Zinsunterschiede aber noch einen zusätzlichen negativen Effekt. Denn durch diese stehen sich im Wettbewerb um Finanzmittel Gewinner und Verlierer der Eurozone gegenüber. Eine Währungsunion, bei der sich aber die Vorteile auf absehbare Zeit vermehrt bei Ländern wie Deutschland sammeln, verliert für die schwächeren Mitgliedsländer an Attraktivität und verstärkt die bereits jetzt vorhandene Spannungen innerhalb der Eurogruppe.


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