Mögliche Gestaltung eines Bankensicherungsfonds

Der Eurokrise liegen viele Ursachen zu Grunde. Neben der wirtschaftlichen Situation der Euro-Staaten und der krisenverstärkenden Wirkung des Euros, ist die Bankenkrise als Auslöser auch ein Grund für die aktuelle Problematik in der Eurozone.

Eine Ursachenanalyse der Eurokrise (www.mister-ede.de – 20.06.2012)

Hätte das Land Bayern nach der Pleite der HRE (Sitz: München) für diese einstehen müssen, wäre der Schuldenstand pro Einwohner schnell auf Rekordniveau gestiegen. Auch wenn den Verbindlichkeiten der HRE von über 200 Mrd. Euro gewisse Vermögenswerte gegenüberstanden, wäre die Pro-Kopf Verschuldung in Bayern um gut 20.000 Euro pro Einwohner gestiegen. Ähnlich kann man sich auch das Problem in Irland vorstellen, das gerade mal halb so viele Einwohner hat wie Bayern. Um die Bankenkrise im eigenen Land zu bewältigen hatte sich Irland 2009 massiv verschulden müssen und ist so selbst in eine Krise gerutscht. Daher erscheint mir der Gedanke eines einheitlichen Instruments um Banken gemeinsam in der Eurozone und nicht durch die Nationalstaaten zu unterstützen sinnvoll.

Auch die europäische Kommission formulierte deshalb jüngst, dass es notwendig sei “den Teufelskraus aus Bankanleihen und Staatsanleihen“ zu durchbrechen. Ein solches Instrument könnte in Form eines Bankensicherungsfonds ausgestaltet werden. Diesem Bankensicherungsfonds kämen dann heute zwei Aufgaben zu. Zum einen die Lösung der aktuellen Krisenproblematik bei den Banken, zum anderen das Verhindern einer erneuten Bankenkrise in diesem Ausmaß.

Aus meiner Sicht muss aber ein solcher Sicherungsfonds dann in ein gesamtes Regelwerk eingebunden werden, um dauerhaft die Sicherheit des Finanzwesens zu gewährleisten, aber gleichzeitig keine Fehlanreize zu setzen. Außerdem muss der Fonds so ausgestaltet sein, dass die Banken die eigene Risikovorsorge auch selbst tragen, und nicht Hilfsgelder aus der Staatskasse hierfür benötigen.

Einheitliche Vorschriften für die Banklizenz:

Als Grundlage für einen Bankensicherungsfonds muss eine gemeinsame Basis des Finanzwesens vorhanden sein. Innerhalb der Eurozone müssen die Vorschriften für Banken einheitlich und verbindlich sein und die Überwachung gemeinsam stattfinden. Ein solches Projekt unter der Federführung der EZB ist sehr zu begrüßen.
Die Bankenvorschriften sollten zwar zukünftig auch strenger sein, bzw. krisenmildernd wirken, aber eine solche Gestaltung kann dann später jederzeit nachgeholt werden. Im Moment ist es wesentlicher die gemeinsame Kontrolle der Regeln, sowie Durchgriffsrechte bei Verstößen umzusetzen. Hierbei müssen die Nationalstaaten Souveränität nach Brüssel abgeben, um zukünftig eine funktionierende Bankenaufsicht europaweit zu gewährleisten. Wie schwierig das aber ist zeigt die Diskussion um die deutschen Sparkassen und wie die verschiedenen Formen von Eigenkapital und Einlagen zu bewerten sind.

Mehrstufiges Insolvenzverfahren:

Als wichtigsten Bestandteil eines Regelwerkes für einen Bankensicherungsfonds sehe ich eine Art Insolvenzverfahren für Banken, die Hilfe beantragen. Ein solcher Fonds verfolgt das politische Ziel, systemrelevante Banken nicht in die Pleite gehen zu lassen. Um Fehlanreize zu verhindern, müssen deshalb Verfahren entwickelt werden, die diesen üblichen marktwirtschaftlichen Vorgang einer Unternehmenspleite ersetzen.
Die Verstaatlichung der HRE oder die Teilverstaatlichung der Commerzbank waren richtige Wege. Ähnlich sollte dies bei einem Bankensicherungsfonds für die europäische Finanzwirtschaft gehandhabt werden. Nur wenn wir Regeln mit einführen, welche die Eigentümer belasten, ist es möglich Fehlanreize zu verhindern. Ansonsten könnten sogar gerade hierdurch riskante Spekulationen das Ergebnis sein. Das würde natürlich den politischen Zielen einer Stabilisierung zuwiderlaufen.

Es sind nun verschiedene Wege denkbar, aber aus meiner Sicht ist hier ein mehrstufiges Verfahren sinnvoll, um je nach Situation unterschiedliche Maßnahmen ergreifen zu können. Außerdem könnten dann Gegenmaßnahmen schon eingeleitet werden, sobald ernsthafte Risiken erkennbar sind und nicht erst wenn es zu spät ist. Sobald Banken nicht mehr in der Lage sind, auf Grund zu niedriger Liquidität oder zu geringem Eigenkapital, die Bankenvorschriften einzuhalten, sollen die Maßnahmen einsetzen. Hierbei sieht man schon, dass es zuerst gemeinsamer Regeln und Kontrolle für Banken bedarf um dies dann so umzusetzen.

In einer ersten Stufe muss es dann darum gehen, die Bereitstellung von Liquidität und Eigenkapital zu sichern. Bei der Erhöhung des Eigenkapitals sollen die Banken zuerst private Investoren suchen, und nur wenn diese nicht gefunden werden, sollte der Bankenfonds durch die Bereitstellung von Eigenkapital helfen.
Wichtig ist, dass hierbei die Anteilseigner schon in einer ersten Stufe zum Teil den Einfluss auf die Bank verlieren und durch die Erhöhung des Eigenkapitals einen eigenen Beitrag leisten müssen. Weiter Beschränkungen, wie bei Mangergehältern oder ähnliches sollten aber nicht auferlegt werden, wohingegen eine Begrenzung solcher Beteiligungen z.B. auf 10% notwendig erscheint, um den Sicherungsfonds nicht über Gebühr zu belasten. Wenn es der Bank zu einem späteren Zeitpunkt besser geht, kann der Fonds die Eigenkapitalanteile ohne Auflagen einfach wieder veräußern.

Wenn eine Bank trotz dieser Hilfsmaßnahmen erneut in eine Situation kommt, in der sie die notwendigen Anforderungen nicht mehr erfüllen kann, tritt die zweite Stufe in Kraft. Neben weiteren eigenkapitalstärkenden Maßnahmen sind dann auch zusätzliche Beschränkungen wie Dividendenverbot und ähnliches sinnvoll. Bis zu diesem Zeitpunkt sollten aber keine weitgehenden Garantien für die Gläubiger übernommen werden, um Zinseffekte nicht falsch zu gestalten. Allerdings ist auch hier eine Beschränkung der Eigenkapitalbeteiligung auf z.B. 30% sinnvoll.

Kann eine Bank auch jetzt nicht die Vorschriften einhalten, die für eine Banklizenz notwendig sind, muss man feststellen, dass die Bank nicht mehr in der Lage ist, den Geschäftsbetrieb fortzuführen. Aus meiner Sicht wäre es zweckmäßig an den Beginn der dritten Stufe die Erklärung der jeweiligen Bank zu stellen, dass das Geschäftsmodell nicht mehr aufrecht erhalten werden kann.
Hierdurch sollte unmissverständlich klar sein, dass die Eigentümer nicht in der Lage sind, Ihrer Verantwortung im Finanzwesen nachzukommen, und die notwendigen Sicherungen vorzunehmen. Ein Übergang der Eigentumsrechte auf den Sicherungsfonds ist in diesem Fall dann auch geboten, selbst wenn theoretisch noch Eigenkapital vorhanden ist, dies nur nicht mehr ausreicht um die Bankenvorschriften einzuhalten. Im Gegenzug sollen den Gläubigern dann weitgehende Garantien (z.B. 75%) ausgesprochen werden um eine Kettenreaktion zu verhindern. Damit aber z.B. eine Gläubigerbeteiligung erreicht werden kann, dürfen keine vollumfänglichen Garantien übernommen werden, weil es ansonsten keinen Anreiz für die Gläubiger geben würde, auf ihre Forderungen zum Teil zu verzichten. Außerdem sollte die Höhe der Garantien je nach Einzelfall gestaltet werden, um nicht schon vorher Fehlanreize zu erzeugen.

Im Anschluss soll der Fonds versuchen, ähnlich einem Insolvenzverwalter, entweder Einzelteile zu veräußern und die Bank langsam aufzulösen, oder die Bank zu erhalten und z.B. durch Beteiligung der Gläubiger wieder marktfähig zu machen.

Kapitalausstattung:

Ein weiterer Bestandteil einer solchen Regelung muss sich mit der Frage der Kapitalausstattung befassen. Grundsätzlich sollte sich die hinterlegte Summe proportional zu den Bilanzsummen der Banken im Euroraum entwickeln.
Es wäre also sinnvoll z.B. 1% oder 2% der Bilanzsumme der Banken im Euroraum zu hinterlegen. Für die „Deutsche Bank“ würde dies bedeuten, dass eine Summe von rund 20 Mrd. bzw. 40 Mrd. Euro zu hinterlegen wäre. Das sind gewaltige Summen, die wohl jede europäische Bank überfordern würden.
Daher kann ich mir auch vorstellen, die Hinterlegung zu Beginn mit Garantien zu gestalten, die dann durch jährliche Zahlungen langsam abgelöst werden. Auf diese Art sollte das Instrument relativ schnell zu einer gewissen Stärke kommen, ohne die Banken in der jetzigen Situation zu überfordern.

Im Moment würde ich eine Hinterlegung von 0,25% der Bilanzsumme veranschlagen um eine Basis zu erhalten. Ferner würde ich 0,75% der Bilanzsummen als Garantien von den Banken einfordern. Von diesen 0,75% sollte dann jährlich 0,05% durch eine tatsächliche Hinterlegung abgelöst werden. Bis dieses Eigenkapital in 15 Jahren wirklich hinterlegt ist, sollte die EZB diese Geldsumme zur Verfügung stellen.

Somit hätte der Fonds ein Eigenkapital in Höhe von 1% der Bilanzsumme aller Eurobanken. Allerdings müssen dann bei einem solchen Sicherungsfonds höhere Anforderungen an das Eigenkapital gestellt werden, als dies bei Geschäftsbanken üblich ist. Dies erscheint mir sinnvoll um in Krisenzeiten das notwendige Vertrauen in dieses Instrument zu haben. Trotzdem sollte es mit Hilfe dieses Eigenkapitals dann möglich sein, die Bilanzsumme des Sicherungsfonds noch zu verfünffachen. Das ist so eine gewaltige Summe, dass hiervon vermutlich ohne größere Beeinträchtigungen einzelne Banken abgewickelt werden können, falls dies erforderlich wird.

Finanzierung:

Der dritte Bestandteil eines solchen Regelungskomplexes muss klären, wie die Verluste verteilt bzw. ausgeglichen werden. Aus meiner Sicht sind es die Banken selbst, die für diesen Fonds über Pflichtzahlungen und Einlangen aufkommen sollten.
In einem anderen Artikel beschreibe ich wie mit Zinsaufschlägen für gutbewertete Banken mögliche Fehlentwicklungen gebremst werden können.

Maßnahmen zur Bekämpfung der Eurokrise – Teil 1 (www.mister-ede.de – 20.06.2012)

Diese Zinsaufschläge könnten beispielsweise direkt in einen solchen Fonds gelangen, würden also den Banken selbst wieder zur Verfügung stehen. Ferner könnten Banken einen gewissen Prozentsatz der Bilanzsumme als eine Art Versicherungsbeitrag entrichten. Dies könnten z.B. 0,05% der durchschnittlichen Bilanzsumme eines Jahres als Beitrag sein.
So würde der Fonds eigenständig in ruhigen Zeiten einen Gewinn erwirtschaften, der neben den Garantien oder Einlagen der einzelnen Geschäftsbanken, ebenfalls die Kapitalausstattung erhöht. Mit diesen Gewinnen können dann auch die Verluste bei einer Bankenpleite ausgeglichen werden, ohne dass dies zu Lasten der hinterlegenden Banken geht.

Zusammenfassung:

Für mich ist der Vorschlag zu einer gemeinschaftlichen Kontrolle und Absicherung des Finanzwesens lange überfällig. Wahrscheinlich hätten wir diese Probleme nicht, oder nicht in diesem Maße in Europa, wenn wir eine solche Vereinheitlichung schon vor 15 Jahren erreicht hätten. Allerdings muss die Ausgestaltung genau geprüft werden, um nicht ein weiteres Mal den Steuerzahler für die Verluste von Aktionären haften zu lassen.

Schon kleine Detailänderungen können hier eine komplett unterschiedliche Haftungsverteilung oder Finanzierung auslösen. Daher kann das Vorhaben, egal wie es ausgestaltet wird, nur in einer offenen Diskussion und durch eine breite Aufklärung die Akzeptanz in der Bevölkerung finden. Auch ich lehne ein solches Instrument ab, solange die Details in den Hinterzimmern bleiben, oder die Steuerzahler für Kapitalanleger haften, wie dies bei einer Finanzierung über den ESM stattfinden würde.

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