Flüchtlingspolitik: Der europäische und der nationale Ansatz

Nachdem die Fluchtroute von der Türkei über Griechenland und den Balkan bis nach Österreich, Deutschland oder Schweden die mit Abstand meistgenutzte auf dem Weg nach Europa ist, sind die europäischen Länder in der Flüchtlingspolitik zurzeit bestrebt, die Flüchtlingsbewegung auf dieser Route zu ordnen und irreguläre Migration zu stoppen. Neben dem europäischen Ansatz, der unter anderem von der Bundesregierung seit dem Sommer 2015 kontinuierlich verfolgt wird und z.B. in Verhandlungen mit der Türkei seinen Ausdruck findet, gibt es mit Maßnahmen auf nationaler Ebene, wie sie z.B. von Österreich getroffen wurden, einen zweiten Ansatz.

Der europäische Ansatz:

Geht es nach denjenigen, die einen europäischen Ansatz verfolgen, soll vor allem an der Ägäis-Route bzw. allgemein an der Außengrenze der EU angesetzt werden. Um den Grenzschutz zu verbessern soll die Sicherung der Außengrenze künftig eine gesamteuropäische Aufgabe werden und hierfür eine europäische Grenzpolizei entstehen.
Weil allerdings Seegrenzen, die einen erheblichen Teil der EU-Außengrenze ausmachen, nur mit großem Aufwand kontrolliert werden können, kooperieren die EU bzw. die EU-Mitgliedsstaaten zusätzlich bereits seit längerem mit jenen Ländern, die auf der jeweils anderen Seite des Wassers liegen, also z.B. mit Marokko oder mit der Türkei. Genau diese Zusammenarbeit soll nun weiter vertieft werden und bezogen auf die Ägäis-Route ist deshalb der europäische Ansatz, eine Vereinbarung mit der Türkei zu treffen, um die Flüchtlingsbewegung zu ordnen und irreguläre Migration zu stoppen.

Der nationale Ansatz:

Im Unterschied zum gesamteuropäischen Weg, steht bei diesem Ansatz die Balkan-Route im Vordergrund. Durch die diversen nationalen Maßnahmen der europäischen Länder innerhalb und außerhalb der EU hat sich die Flüchtlingssituation auf der Balkan-Route jedoch nicht wie erhofft aufgelöst, sondern sogar verschärft. So bilden sich vor den geschlossenen Grenzen regelmäßig humanitäre Notlagen, während sich die Flüchtlingsbewegung innerhalb Europas einfach verschiebt. Glaubten die Befürworter nationaler Maßnahmen zunächst, dass der Zaunbau zwischen Ungarn und Serbien die Lage entspannen würde, sollten danach Zäune zwischen Ungarn und Slowenien bzw. zwischen Österreich und Ungarn helfen und mittlerweile ruht die Hoffnung auf der befestigten und geschlossenen Grenze zwischen Mazedonien und Griechenland.
Diese ständige Verschiebung zeigt allerdings deutlich, warum der Schengen-Raum durch solche nationalen Maßnahmen auf Dauer gesprengt wird. So werden nicht nur immer neue Grenzen abgeriegelt, sondern auch die hierfür notwendigen Ausnahmegenehmigungen werden immer weiter verlängert. Wenn aber die räumliche und zeitliche Ausnahme irgendwann zum Regelfall wird, was so manchen Nationalisten sicher freuen würde, dann war es das mit Schengen.

Ausblick:

Wenn man die Bilder von Idomeni sieht oder was von Schengen noch übrig ist, muss für den nationalen Ansatz festgestellt werden, dass dieser bereits gescheitert ist. Umgekehrt ist allerdings eine europäische Lösung, sei es ein Abkommen mit der Türkei oder sei es ein gesamteuropäischer Grenzschutz, auch noch ein weiter und schwieriger Weg. Jedoch könnte gerade das sichtbare Scheitern des nationalen Ansatzes dazu führen, dass eine europäische Lösung auf dem aktuellen EU-Gipfel ein gutes Stück näher rückt. Für die Schutzsuchenden, aber auch für die EU und ihre Mitgliedsstaaten, wäre das auf jeden Fall wünschenswert.


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