Weitere Ansätze zur Lösung des Ukraine-Konflikts
Beim Treffen der Außenminister von Russland, der Ukraine, Deutschland und Frankreich, wurde diese Woche erneut der Versuch unternommen, den Ukraine-Konflikt von der gewalttätigen Konfrontation in einen friedlichen Dialog zu überführen. Vor allem in Bezug auf die Auseinandersetzungen in der Ost-Ukraine bleibt zu hoffen, dass es in den nächsten Tagen endlich gelingt eine vorläufige Waffenruhe umzusetzen, die auch von beiden Seiten eingehalten wird.
Aus meiner Sicht gibt es allerdings durchaus weitere bislang noch nicht ausgeschöpfte Möglichkeiten, sowohl um für Russland die Zusammenarbeit interessanter zu machen als auch um den Konfliktparteien Anreize für einen Dialog zu setzen.
Die weitere Einbindung Russlands in die OSZE-Mission ist zu begrüßen, denn es erlaubt, das russische Interesse, also den Schutz der russischstämmigen Bevölkerung, gemeinsam mit den westlichen Partnern umzusetzen. Ist der Einsatz erfolgreich, könnte Putin auf seine Alleingänge verzichten, ohne dabei das legitime und verständliche russische Interesse zu vernachlässigen.
Ein Ansatz um den Konflikt um Altschulden zu lösen, wäre die teilweise Übernahme alter Forderungen von Russland. Würden sich die EU und Russland z.B. auf einen objektiv vertretbaren Preis für das an die Ukraine gelieferte Gas einigen, könnte die EU diese Forderungen aus Gasgeschäften von Russland abkaufen. Russland müsste diesem Geld nicht mehr hinterherlaufen und die EU könnte z.B. gegen Auflagen die Rückzahlungssummen reduzieren. Aus meiner Sicht würde eine solche Verringerung des Konfliktstoffes auch eine Einigung in anderen Bereichen zwischen Kiew und Moskau erleichtern.
Zusätzlich hat die EU natürlich weiterhin die Möglichkeit, durch Androhung von Sanktionen bzw. dem Angebot diese zu lockern, Russland zum Dialog und zu deeskalierenden Maßnahmen zu bewegen.
Neben einer noch stärkeren Einbindung Russlands bei der Konfliktlösung und dem Abbau von Konfliktstoff zwischen Kiew und Moskau, muss vor allem der Konflikt in der Ost-Ukraine zwischen den Separatisten und der Kiewer Regierung schnellstens gelöst werden.
Die EU könnte dabei nach dem Prinzip „Fordern und Fördern“ Poroschenko und der ukrainischen Führung auf der einen Seite Unterstützung anbieten und auf der anderen Seite auch gewisse Auflagen machen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch die politische Führung in der Ukraine bei ihren Entscheidungen den Rückhalt in der Bevölkerung braucht. Wenn die EU Zugeständnissen gegenüber den Separatisten fordert, muss Sie auch Poroschenko ermöglichen so etwas umzusetzen. Im Gegenzug zu Verhandlungen mit den Separatisten könnte die EU daher anbieten, durch gezielte Hilfslieferungen von Medikamenten und medizinischen Gerät und durch die Bereitstellung von Finanzmitteln, damit die Gehälter der Staatsbediensteten, russisches Gas, Renten und soziale Hilfsleistungen bezahlt werden können, die ukrainische Führung beim Vertrauensaufbau zu unterstützen. Auch ein Angebot, die schnelle Sanierung oder, wo es nötig ist, den Neubau von Schulgebäuden zu unterstützen, wäre eine Möglichkeit, der ukrainischen Führung zum Ausgleich für unpopuläre Entscheidung etwas zu bieten, was sie als Erfolg verbuchen kann.
Im Gegenzug zu solchen Hilfsleistungen könnte die EU dann ein Zugehen der Kiewer Regierung auf die Regionen einfordern. Ein Ansatz könnte hier sein, durch eine Verfassungsänderung den Regionen die Möglichkeit einzuräumen, z.B. durch einen 2/3 Beschluss der Regionalparlamente ein Referendum über die Zugehörigkeit zur Ukraine in der jeweiligen Region herbeiführen zu können. Damit würde der unerfüllbaren Forderung der Separatisten nach einer sofortigen Abspaltung zumindest ein wenig der Wind aus den Segeln genommen werden. Die von Poroschenko angekündigten Parlamentswahlen und sein Versprechen den Regionen mehr Freiheiten einzuräumen sind daher auch richtige Ansätze, deren erfolgreiche Umsetzung die EU dann auch entsprechend honorieren sollte.
Daneben sollte die EU im Gegenzug zu finanzieller Hilfe von der ukrainischen Führung auch ein Entgegenkommen bei der Strafverfolgung von Separatisten fordern. Amnestien, verkürzte Verjährungsfristen oder die Ermöglichung der Ausreise z.B. nach Russland könnten Angebote an die Separatisten sein, wenn diese ihrerseits die Waffen niederlegen.
Bei nicht ganz so schweren Taten könnte den Separatisten eine Amnestie zugesichert werden und bei anderen Taten zumindest eine sichere Ausreise nach Russland. In diesem Fall würden sie dann zwar weiter von der Justiz, z.B. auch in der EU, verfolgt, wären aber in Russland vor einer Auslieferung sicher. Auch wenn dies mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar wäre, so scheint es mir dennoch ein Ansatz, um die Separatisten von einem Ende der Kämpfe und dem Beginn eines Dialogs zu überzeugen. Denn gerade die Verhandlungsführer dürften wenig Interesse an einer Konfliktlösung haben, die sie zugleich aufs Schafott bringt.
Als weiteres Angebot könnte auch eine finanzielle Entschädigung für Familien, die im Zuge der Kämpfe Angehörige verloren haben, in Aussicht gestellt werden und zwar auch für die Seite der pro-russischen Aktivisten. Die OSZE könnte dabei überwachen, dass es dabei nicht zu Benachteiligungen, z.B. durch die Verzögerung von Auszahlungen, kommt.
Eine weiteres Angebot welches Russland in Aussicht gestellt werden könnte, sofern es gelingt in der Ost-Ukraine die Lage zu stabilisieren, ist die Akzeptanz des Status Quo bei den Grenzverläufen zwischen Russland und der Ukraine. Dadurch sollte auch Putin ein erhebliches Interesse daran haben, die Lage im Osten der Ukraine zu befrieden, denn immerhin könnte somit Putin seine Position, dass die Krim rechtmäßiger Teil Russlands ist, durchsetzen und entsprechend würde damit auch die Grundlage für einen großen Teil der Sanktionen gegen Russland entfallen.