Das Ziel von Sanktionen gegen Russland

In den vergangenen Wochen hat die EU im ukrainischen Konflikt verschiedene Sanktionen gegen Russland beschlossen. Unter anderem soll damit auf die Aktionen Russlands auf der Krim geantwortet werden.
Allerdings glaube ich, dass mit dieser Ausrichtung der Sanktionen zum Teil die falschen Akzente gesetzt werden. Bereits in einem anderen Artikel zur Entwicklung des Ukraine-Konflikts und möglichen Auswegen und einem weiteren Artikel, in dem ich versucht habe die Schuldfrage aus meiner Perspektive zu beantworten, komme ich zu dem Schluss, dass Russland nicht die alleinige und auch nicht unbedingt die Hauptverantwortung für die krisenhafte Entwicklung trägt.
Meines Erachtens sollte es deshalb bei den Sanktionen viel weniger darum gehen, Russland für das Vorgehen auf der Krim zu bestrafen, als darum, Druck für eine Zusammenarbeit in der restlichen Ukraine aufzubauen. Ich würde es deshalb begrüßen, wenn der Westen das Referendum auf der Krim anerkennt und die Sanktionen entsprechend aussetzt, vorausgesetzt, dass Russland im Gegenzug folgende drei Bedingungen akzeptiert:

1.) Gewaltfreiheit und Kooperation auf der Krim:

Russland muss beim Anschluss der Krim auf Gewalt verzichten. Repressalien gegen diejenigen in der Bevölkerung, die sich der Ukraine zugehörige fühlen, hat unter allen Umständen zu unterbleiben. Für den Austausch von Waren und Personen müssen schnellstmöglich Lösungen gefunden werden, damit die Bevölkerung auf der Krim und in den ukrainischen Nachbarregionen nicht durch den neuen Grenzverlauf noch weiter beeinträchtigt wird. Grenzübertritte und grenzüberschreitender Handel sollten daher so schnell als möglich in beiderseitigem Interesse geregelt werden.

2.) Keine einseitigen Interventionen in der Ukraine:

Es scheint mir durchaus nötig, dass der Prozess der Neuwahl in der Ukraine von außen begleitet wird. Das Ziel von Sanktionen muss es aus meiner Sicht allerdings sein, hierbei einseitiges Handeln zu verhindern. Ich halte es deshalb auch für erfreulich, dass Russland mit der Akzeptanz der OSZE-Beobachtermission einen deutlichen Schritt in Richtung Kooperation gemacht hat.
Aus meiner Sicht muss das aber dann auch bedeuten, dass im Zweifel die EU an der Seite Russlands interveniert, sollte die Situation das erfordern. Wird die Russland zugewandte Bevölkerung in der Ost-Ukraine tatsächlich repressiven Maßnahmen seitens ukrainischer Kräfte z.B. der Swoboda-Anhänger ausgesetzt und gelingt es der ukrainischen Führung nicht, dies zu unterbinden, dann wäre eine solche Situation gegeben, die ein Eingreifen notwendig macht. Und wenn es keine einseitigen Interventionen Russlands in der Ukraine geben soll, dann muss eben auch die EU in diesem Fall ihren Teil zur Befriedung der Lage beitragen.

3.) Gemeinsame Verhandlungen über die Zukunft der Ukraine:

Ein drittes und generelles Ziel von Sanktionen muss es sein, die Gespräche mit Russland wiederzubeleben. Nachdem eine Stabilisierung der Ukraine gegen den Willen Russlands aus meiner Sicht äußerst schwer wäre, muss von Russland die Rückkehr an den Verhandlungstisch eingefordert werden. Im Vordergrund solcher Verhandlungen muss dann die Frage nach der Zukunft der Ukraine, sowohl im politischen als auch wirtschaftlichen Bereich, stehen.

Würde Russland diese drei Forderungen akzeptieren und die EU dafür die Sanktionen gegen Russland aufheben, sowie das Referendum auf der Krim anerkennen, so wäre dies meines Erachtens ein deutlicher Schritt zur Deeskalation zumindest der geopolitischen Krise.
In Gesprächen mit Russland sollte dann wieder die Krise innerhalb der Ukraine in der Vordergrund rücken und die Frage, wie eine politische und wirtschaftliche Zukunft der Ukraine aussehen kann. Dabei muss es zum Beispiel um den Schutz der Bevölkerung gehen oder um die Sicherung einer freien Wahl. Aber auch die Beziehungen zwischen der Krim und der Ukraine müssen dann gestaltet werden und auch über die wirtschaftliche Situation sollten sich die EU und Russland als Haupthandelspartner der Ukraine Gedanken machen.

Bezogen auf die drei genannten Bedingungen, halte ich die aktuelle Ausrichtung der Sanktionen allerdings für hinderlich. Soll Russland wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren bzw. weitere Interventionen unterlassen, dann müssen auch die Sanktionen darauf ausgerichtet sein.
Das heißt, sofern Russland die Bedingungen akzeptiert, müssen entsprechend auch die Sanktionen aufgehoben werden. Dafür müsste allerdings die EU das bisherige Ziel der Sanktionen, also Russland für die Annexion der Krim zu bestrafen, aufgeben. Deshalb sollte in diesem Zusammenhang auch eine grundsätzliche Anerkennung des Krim-Referendums als Möglichkeit in Betracht kommen, um auch in diesem Streitpunkt dann eine Gesprächsbasis zu erhalten.

Ob es der West-Diplomatie allerdings gelingt den aktuellen Weg zu verlassen oder ob sie aus Angst vor einem Gesichtsverlust weiterhin an der bisherigen Sanktionspolitik festhält, bleibt abzuwarten. Denn immerhin wäre ein solcher Kurswechsel auch das Eingeständnis, dass in Berlin, Brüssel und Washington umsonst gebellt wurde.


Ähnliche Artikel:
Der Konflikt in der Ukraine (www.mister-ede.de – 20.03.2014)

Die Schuldfrage in der Ukraine-Krise (www.mister-ede.de – 22.03.2014)

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